FPÖ-Chef Herbert Kickl in der Pressestunde
ORF
„Nicht zu Ende gedacht“

Kickl gegen Ölembargo

FPÖ-Chef Herbert Kickl hat die Bundesregierung, aber auch die EU generell für ihren Umgang mit Russland im Ukraine-Krieg kritisiert. Gerade ein neutrales Land müsse aus der derzeitigen Eskalationsspirale aussteigen, so Kickl in der ORF-„Pressestunde“. Vom geplanten Ölembargo hält Kickl nichts. Das sei „nicht zu Ende gedacht“, kritisierte er insbesondere die Regierung. Seine CoV-Politik verteidigte Kickl erneut und er sieht seine Partei völlig geeint hinter ihm stehen.

Als neutrales Land müsse Österreich Friedenspolitik betreiben. Und Friedenspolitik sei immer „Realpolitik“, warb Kickl dafür, dass man auch ein Verständnis für die Interessen und Positionen Russlands im Ukraine-Krieg entwickelt. Nur so sei künftig ein Ausstieg aus dem Krieg in eine „gedeihliche Zukunft“ zu finden, gab sich Kickl überzeugt.

Wenn man weiter an der Eskalationsspirale drehe, steige die Gefahr, „dass möglicherweise ganz Europa in den Krieg hineingezogen wird“. Kickl sprach sich daher klar gegen die Lieferung schwerer Waffen durch den Westen aus. Er warf der Regierung vor, dass Österreich über einen EU-Topf, die sogenannte Friedensfazilität, die Bewaffnung mitfinanziere. Und wenn es nur der Treibstoff für schwere Geräte wie Panzer sei. Kickl warnte vor dem Szenario, dass eine „in die Enge getriebene Großmacht“ letztlich auch die Atomwaffen einsetzen könnte.

Haltung zu Sanktionen gegenüber Russland im Ukraine-Krieg

Kickl: Es braucht „gesichtswahrende“ Lösung

Man könne sich viel wünschen, aber wer glaube wirklich, dass Moskau die Krim jemals wieder zurückgeben werde, so Kickls rhetorische Frage. Es gehe darum, eine Lösung zu finden, mit der auch Russland „einigermaßen gesichtswahrend“ aus dem Konflikt herauskomme. Der FPÖ-Klubchef verwies darauf, dass die Ukraine vor wenigen Wochen noch Bereitschaft signalisiert habe, sich für neutral zu erklären. Davon sei nun keine Rede mehr – und auch der Westen spreche nur noch von einer „Entscheidung auf dem Schlachtfeld“.

Kickl sieht eine Einseitigkeit der Sichtweise: Nicht nur Russland nicht, auch kein anderes Land habe in der Vergangenheit einen Angriffskrieg als solchen deklariert. Und er verwies auf die USA etwa im Irak, aber auch Nazi-Deutschland. Das angreifende Land habe es immer als „Befreiungskrieg“ dargestellt. An die ÖVP-Grünen-Koalition appellierte Kickl, „herauszusteigen aus der Eskalationsspirale“.

Für Kickl Embargo „naiv“

Die Regierung kritisierte Kickl in dem Zusammenhang aber vor allem auch für die Unterstützung der EU-Sanktionen: Das Ölembargo sei „nicht zu Ende gedacht“. Es sei ein „naiver Zugang“, denn Russland werde das Öl an andere Länder verkaufen, stellt sich für Kickl die Lage ganz eindeutig dar. Auf den Umstand, dass dies aus vielen anderen Gründen – etwa einer fehlenden Versicherung von Öltankern – nicht so einfach und mit deutlich geringeren Einnahmen verbunden sein könnte, ging Kickl nicht ein.

Als Beweis dafür, dass solche Sanktionen nicht funktionierten, nannte Kickl den Iran. Und das Ölembargo sei nur „eine Vorstufe zum Gas“. Dann komme man in eine Situation, wo man richtigerweise von einem „Knieschuss“ spreche: Und da werde es „nicht beim Frieren bleiben“, sondern die gesamte europäische Wirtschaft werde dann um Jahrzehnte zurückkatapultiert, behauptete Kickl. Nicht wenige Fachleute hatten zuletzt betont, ein rascher Ausstieg aus russischem Öl und Gas sei grundsätzlich möglich, wenn auch mit hohen Kosten verbunden.

Maßnahmen zur Eindämmung der Preissteigerungen

Wirft Regierung bei Inflation Untätigkeit vor

Mit der aktuellen Politik würden die Preise jedenfalls weiter steigen, prophezeite Kickl, der von einem „Desaster“ sprach. Kickl formulierte, erste Aufgabe der Regierung sei es, dafür zu sorgen, „dass die eigene Bevölkerung nicht unter die Räder kommt“. Zu dem strategischen Dilemma, dass ein Erfolg Russlands mit seinem Angriffskrieg für Europa sicherheits- und wirtschaftspolitisch wohl nachhaltige negative Folgen hätte, wurde Kickl nicht gefragt.

Der Regierung warf er bewusste Untätigkeit im Kampf gegen die Teuerung vor. Es gebe viele Möglichkeiten, etwas zu tun, aber die Regierung beobachte stattdessen nur. Als Grund sieht Kickl, dass der Finanzminister der „größte Profiteur“ sei und die Mehreinnahmen brauche, um eine aus Kickls Sicht unverantwortliche Pandemiepolitik, etwa Lockdowns, nachträglich zu finanzieren.

Für „Österreich-Konto“

Gefragt, was er konkret vorschlage, meinte Kickl, man könne in bestimmten Bereichen die Steuern einfach streichen – ohne zu sagen, wo genau. Und für den „restlichen Teil“ plädierte er für Einmalzahlungen, die aber sofort – nicht wie der beschlossene Energiegutschein erst verzögert – erfolgen sollten. Kickl schlug vor, ein „Österreich-Konto“ für alle einzurichten, auf dass der Staat die Direkthilfe überweisen soll.

Kickl: Evidenz gibt „Schwurblern“ recht

Seine scharfe Kritik an der Pandemiebekämpfungspolitik der Regierung rechtfertigte Kickl erneut. Es gehe um Freiheit und Gesundheit zugleich. Und Kickl ging so weit, zu sagen, dass „die Evidenz“ nach zwei Jahren Pandemie „den Schwurblern“ recht gebe.

NS-verharmlosende Vorkommnisse bei den Demos (Tragen von Judensternen, Parolen wie „Impfen macht frei“) wollte Kickl nicht verurteilen. Er meinte, man müsse „mit diesen Leuten selber reden, was ihre Motivlage ist“. Vorwürfe der NS-Verharmlosung gegen ihn nannte er „absoluten Blödsinn“.

Kickl sieht sich unumstritten

Dass die FPÖ in Umfragen derzeit deutlich hinter der SPÖ liegt, beunruhigt Kickl nach eigenen Angaben nicht. Er habe seinen ersten Teil, die Partei nach dem „Ibiza“-bedingten Absturz zur 20-Prozent-Marke zurückzuführen, erreicht. Nun wolle er die FPÖ ins Rennen um Platz eins bringen. Parteiintern sieht sich Kickl unumstritten, gegenteilige mediale Berichte qualifizierte Kickl als reines Wunschdenken.

Noch vor dem Sommer sollen die von ihm – eigentlich für Ende 2020 – angekündigten parteiinternen Compliance-Regeln im nächsten Gremium abgesegnet werden. Sie müssten zuletzt von einem Parteitag beschlossen werden, so Kickl, der dafür aber kein Datum nannte.