Ferdinand Marcos Jr.
Reuters/Eloisa Lopez
Philippinen-Wahl

Sohn von Ex-Diktator wird neuer Präsident

Bei der Präsidentschaftswahl auf den Philippinen zeichnet sich ein deutlicher Sieg von Ferdinand Marcos Jr. ab. „Bongbong“, wie der Sohn des gleichnamigen Ex-Diktators genannt wird, profitierte von gezielten Falschinformationen auf Social Media und dem aufpolierten Image seines umstrittenen Familienclans. Die Wahl am Montag wurde überschattet von gewaltsamen Attacken mit Toten und Verletzten.

Nach Auszählung von rund 90 Prozent der Stimmen lag der 64-Jährige uneinholbar vor seiner Hauptrivalin, der amtierenden Vizepräsidentin Leni Robredo. Marcos Jr. kam auf fast 30 Millionen Stimmen. Er hatte im Wahlkampf versprochen, die Philippinen zu einen, Arbeitsplätze zu schaffen und etwas gegen die steigenden Preise im Land zu tun. Einigkeit sei „der erste Schritt, um aus dieser Krise herauszukommen“, sagte Marcos Jr. beim Start seiner Kampagne im Februar.

Insgesamt standen zehn Kandidaten zur Wahl, doch nur Marcos Jr. und der ehemaligen Vizepräsidentin Leni Robredo, gegen die er 2016 knapp verlor, wurden realistische Chancen attestiert. Sein Vorgänger Rodrigo Duterte, der wegen seines harten Kampfs gegen Drogenkriminalität sehr umstritten ist, durfte laut Verfassung nicht für eine zweite Amtszeit antreten. Politische Beobachterinnen und Beobachter warnen, dass der südostasiatische Inselstaat unter der Führung des 64-jährigen Marcos Jr. in eine noch autoritärere Richtung steuern könnte.

Ferdinand Marcos Jr.
Reuters/Eloisia Lopez
Marcos Jr.: Befürchtet wird, dass er die Philippinen auf einen noch autoritäreren Kurs lenkt

Marcos-Regime für Menschenrechtsverletzungen bekannt

Das Regime unter Ex-Diktator Ferdinand Marcos und seiner exzentrischen Frau Imelda machte einst mit Mord, Folter und dem spurlosen Verschwinden politischer Gegner von sich reden. Noch während der Diktatur seines Vaters wurde Marcos Jr. Gouverneur seiner Heimatprovinz Ilocos Norte.

Vor 36 Jahren floh die Marcos-Familie vor einem Volksaufstand ins US-Exil, wo Ferdinand Marcos 1989 starb. Die Familie kehrte auf die Philippinen zurück, Marcos Jr. wurde unter anderem Mitglied des philippinischen Repräsentantenhauses und des Senats. Mit dem Sieg von Marcos Jr. darf die Familie nach ihrer Vertreibung in den Malacanang-Palast in Manila zurückkehren.

Sein Comeback verdankt der Marcos-Clan auch der Ernüchterung über die weiter bestehende Kluft zwischen Arm und Reich sowie Bestechungsvorwürfen, die alle Regierungen nach Ende der Diktatur begleitet haben. Profitiert hat Marcos Jr. auch von einem Bündnis mit der Tochter des scheidenden Präsidenten, Sara Duterte, die für das Amt der Vizepräsidentin kandidierte. Zudem wird der Diktatorensohn von mächtigen Familien unterstützt, die in der feudalen und korrupten philippischen Politik über enormen Einfluss verfügen.

Wahlkampf voller Falschinformationen

Gegnerinnen und Gegner hatten vergeblich versucht, Marcos Jr. wegen seiner Vorstrafen wegen Steuerhinterziehung von der Präsidentenwahl ausschließen zu lassen. Sie werfen ihm außerdem vor, seine akademischen Qualifikationen frisiert zu haben. Die Verbindung zu seinem Vater hat den 64-Jährigen zu einem der umstrittensten Politiker des Landes gemacht. Doch Marco Jr. profitierte im Wahlkampf von einer Flut falscher und irreführender Nachrichten in den Onlinenetzwerken, gerichtet an junge Philippiner, die keine Erinnerungen an die Korruption, Tötungen und Misshandlungen während der Marcos-Jahre haben.

Facebook und YouTube zählen zu den beliebtesten Informationsquellen des Landes, wobei diese kaum reguliert und zu einem großen Teil von Trollen beherrscht werden. Mehr als zehn Stunden am Tag würden Philippiner und Philippinerinnen am Tag auf Facebook verbringen, „mehr als jede andere Nation der Welt“, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“). Marcos Jr. weiß das für sich zu nutzen, warnte jüngst auf Facebook vor „Wahlmanipulation“ und rief seine Anhängerinnen und Anhänger dazu auf, einen „erneuten Diebstahl der Wahl“ zu verhindern und ihre Stimme für ihn abzugeben.

Auf Debatten mit der Konkurrenz hat Marcos Jr. im Wahlkampf verzichtet, um Fragen zur Vergangenheit seiner Familie zu vermeiden. In den wenigen Interviews, die er gab, wirkte er linkisch und verkrampft. Gleichzeitig distanzierte er sich nie öffentlich vom Erbe seiner Eltern. Erst kürzlich bezeichnete er seinen Vater als „Staatsmann, ein politisches Genie“.

Der eigentliche politische Star in der Familie sei aber Mutter Imelda, die die Herzen aller gewinnen könne, „von den Marktverkäufern bis hin zur Königin von England“. Ungeniert verklärt er die Marcos-Diktatur zu einem vermeintlichen „goldenen Zeitalter“ voller Wohlstand für das Land. Gerade jüngere Wähler scheinen ihm das zu glauben.

„FAZ“: Wahl wird Außenpolitik neu bestimmen

Nicht nur wegen der Rückkehr des Marcos-Clans wird die diesjährige Präsidentschaftswahl als eine der folgenreichsten der jüngsten Geschichte gehandelt. Sie wird auch Auswirkungen auf die Außenpolitik der gesamten Region haben, so die Prognose der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“), da die ehemalige südostasiatische Kolonie „im Ringen um Einflussbereiche zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China“ eine wichtige Rolle spiele.

Der Marcos-Clan sei für seine guten Beziehungen nach China bekannt, und die 92-jährige Imelda Marcos empfange heute noch chinesische Offizielle, wenn diese auf die Philippinen reisen. Marcos Jr. kündigte im Wahlkampf an, im Austausch mit China auf „Engagement“ zu setzen.

Riesenandrang bei Wahllokalen

Neben dem Staatsoberhaupt wurden auch Tausende lokale Posten neu gewählt. Bereits vor Sonnenaufgang waren Menschen vor Volksschulen und anderen Wahllokalen auf dem Archipel Schlange gestanden, um ihre Stimme abzugeben. Rund 67 Millionen Menschen waren zu den Urnen gerufen, um den Nachfolger des umstrittenen Präsidenten Rodrigo Duterte zu wählen.

Mehr als 60.000 Sicherheitskräfte waren zum Schutz der Stimmzettel sowie der Wahlhelferinnen und Wahlhelfer im Einsatz. „Die langen Schlangen sind großartig. Die Philippiner wollten gehört werden, und zwar laut“, sagte George Garcia von der Wahlkommission.

Wegen des großen Andrangs und einiger Verzögerungen durften die Wahllokale länger geöffnet bleiben, auch gab es teilweise Probleme mit defekten Stimmenzählmaschinen und fehlenden Namen auf Wählerlisten.

Menschen stellen sich vor der Wahlkabine in Manila an
Reuters/Willy Kurniawan
Der scheidende Präsident Duterte hatte den Montag für eine hohe Wahlbeteiligung im Vorfeld zum Feiertag erklärt

Granatenangriffe und Verletzte

Polizei und Militär waren in ständiger Bereitschaft, weil Wahlen auf den Philippinen häufig von Gewalt und Betrugsvorwürfen überschattet werden. Wenige Stunden vor Beginn der Abstimmungen wurden in der Unruheprovinz Maguindanao auf Mindanao zwei Wahllokale mit Granaten angegriffen.

Anhänger von Marcos Jr. feiern

Fans von Ferdinand Marcos Jr. feiern den Sieg des Diktatorensohns bei der Präsidentschaftswahl.

Bevor Marcos Jr. in einer Volksschule in der nördlichen Stadt Batac an der Seite seiner Familie seine Stimme abgab, wurde das Gebäude von Bombenspürhunden durchkämmt. Auf Mindanao im Süden des Archipels gibt es zahlreiche bewaffnete Gruppen, die von kommunistischen Aufständischen bis hin zu militanten Islamisten reichen. Bei Wahlen kommt es regelmäßig zu tödlichen Anschlägen. Der diesjährige Wahlkampf war allerdings vergleichsweise ruhig. Nach Angaben der Polizei gab es seit dem 9. Jänner bis Sonntag nur 16 „bestätigte Vorfälle im Zusammenhang mit den Wahlen“, darunter vier Schusswaffenangriffe. Bei den Präsidentschaftswahlen 2016 waren es 133 Vorfälle.