Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck in einem Video
APA/Hans Klaus Techt
Per Videobotschaft

Nach Köstinger tritt auch Schramböck zurück

Am Montag hat sich ein mittleres Politbeben ereignet. Nach Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger legte auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (beide ÖVP) ihr Amt nieder. Die Tirolerin verkündete ihren Abgang per Videobotschaft. Beide Ministerinnen galten als Ablösekandidatinnen – und das nur wenige Tage vor dem ÖVP-Parteitag am Samstag.

Am Nachmittag befand sich Schramböck beim ÖVP-Landesparteivorstand in Tirol. Während dieser Stunden hatten sich die Spekulationen über ihren Rücktritt stark verdichtet. Schramböck sagte in dem Video, sie sei stolz auf die Ergebnisse ihres Ressorts, und nannte als Beispiele die Chip- und Pharmaproduktion sowie das Bestehen der heimischen Betriebe in der CoV-Krise. Sie dankte wie bereits Köstinger bei ihrem Rücktritt am Montag Ex-Kanzler Sebastian Kurz sowie Kanzler Karl Nehammer (beide ÖVP). „Es war mir eine Ehre, für Österreich zu arbeiten, und ich danke für das Vertrauen“, so Schramböck.

Nach fast fünf Jahren in der Politik lege sie das Amt als Wirtschafts- und Digitalministerin zurück, so Schramböck in diversen sozialen Netzwerken. Sie zählte noch einmal ihre durchgesetzten Vorhaben auf und resümierte: „Ich habe diesen Schritt nie bereut.“ Österreich sei ein solider Wirtschaftsstandort, so Schramböck, die sich auch bei Regierungskollegen, Sozialpartnern und Landeshauptleuten bedankte.

Nehammer dankt Schramböck

Bundeskanzler Nehammer dankte Schramböck für „ihre Arbeit für den Wirtschaftsstandort Österreich und den erfolgreichen Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie“ und wünschte ihr für ihre persönliche Zukunft alles Gute. Nach den Rücktritten stehe der Bundesregierung nun eine Umbildung bevor, die nötigen Entscheidungen sollten in den kommenden Tagen fallen, bekräftigte Nehammer.

„Im Namen der Industrie“ bedankte sich der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, bei Schramböck für ihren Einsatz. Sie habe stets ein offenes Ohr für die Anliegen der österreichischen Betriebe gehabt. Das gelte insbesondere im Bereich der Lehrlingsausbildung, Schramböck habe auch während der Pandemie „umsichtig und mit Verständnis für die heimische Wirtschaft und den Standort Österreich“ agiert. Knill forderte, Schramböcks und Köstingers Posten rasch nachzubesetzen.

Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und der ÖVP-Teilorganisation Wirtschaftsbund, verwies darauf, dass Schramböck während der Pandemie „eine wichtige Unterstützerin der vielfältigen Hilfsmaßnahmen für heimische Betriebe“ gewesen sei. Sie habe sich auch der Weiterentwicklung und Modernisierung der dualen Ausbildung angenommen.

Gerüchte machten die Runde

Schon im Vorfeld des Parteitags mehrten sich zuletzt die Gerüchte über mögliche Abgänge in der ÖVP. Mehrfach wurde neben ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner auch Schramböck als Ablösekandidatin genannt. Über sie gab es aber schon in den vergangenen Jahren Gerüchte, spätestens seit der Vorstellung des gefloppten „Kaufhauses Österreich“ im November 2020. Noch am 3. Mai hatte die ÖVP solche Spekulationen allerdings zurückgewiesen. Diese seien „absurd und völlig aus der Luft gegriffen“, so Sachslehner.

Hans Bürger (ORF) analysiert Rücktritte

ZIB-Innenpolitikchef Hans Bürger analysiert die Rücktritte der beiden ÖVP-Ministerinnen Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck.

Köstinger geht nach „Übergangsphase“

Köstinger kündigte bereits am Vormittag in einer Pressekonferenz ihren Rücktritt an. Mit dem Rückzug von Ex-Kanzler Kurz sei auch bei ihr die Entscheidung für eine Abkehr aus der Politik gefallen, so Köstinger. Die 43-Jährige galt als enge Vertraute von Kurz.

Köstinger sagte, sie sei für eine „Übergangsphase“ in der Regierung unter Nehammer geblieben, wichtige Projekte seien noch nicht fertig gewesen. In ihrer Rücktrittsrede verwies sie auf ihre 13-jährige Politikkarriere und strich die wichtigsten Projekte der letzten Jahre hervor, darunter die Gemeinsame Agrarpolitik, den Breitbandausbau und die Pandemiebewältigung. Sie nannte auch die verpflichtende Lebensmittelkennzeichnung.

Wechsel in Privatwirtschaft

Laut Zeit im Bild wird Köstinger im Sommer in die Privatwirtschaft wechseln. Laut „Krone“ sieht Köstinger ihre wichtigsten Projekte in der Politik als abgearbeitet an. Am Wochenende sei endgültig der Entschluss zum Rückzug gefallen. Die vergangenen fünf Jahre seien die kräfteraubendsten und schwierigsten, aber auch die lohnendsten gewesen. Die gebürtige Kärntnerin war EU-Abgeordnete, ÖVP-Generalsekretärin, 2017 Kurzzeit-Nationalratspräsidentin und übernahm dann das Landwirtschaftsministerium.

Nachfolge: Erste Namen kursieren

Wer den beiden Ministerinnen nachfolgt, ist offen. Nehammer will Köstingers Nachfolge in den „kommenden Tagen“ klären, wie er in einem Statement gegenüber der APA wissen ließ. Spekulationen, wonach Verteidigungsministerin Klaudia Tanner Köstinger nachfolgen könnte, wurden zurückgewiesen. „Das ist nie Thema gewesen.“ Tanner bleibe Verteidigungsministerin, hieß es aus dem Umfeld der Ministerin auf Anfrage der APA. Als Kandidatin gilt auch die steirische Europaabgeordnete Simone Schmiedtbauer (ÖVP) – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Die scheidende Landwirtschaftsministerin habe ihn Montagfrüh über ihren Rückzug aus der Politik informiert, sagte der Kanzler. Er respektiere diesen Wunsch, so Nehammer, der Köstinger als „kompetente Landwirtschaftspolitikerin“ bezeichnete. Ihren Rücktritt nannte er einen „großen Verlust“. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bezeichnete Köstinger als „harte, kompetente Verhandlerin und echte Kämpferin“.

Köstinger verabschiedet sich aus Politik

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat in einer Pressekonferenz die Beweggründe ihres Rücktritts bekanntgegeben. Mit dem Rückzug von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sei auch bei ihr die Entscheidung für eine Abkehr aus der Politik gefallen, so die ÖVP-Politikerin.

Nach Schramböcks Rücktritt dürfte die Tiroler Landespartei um Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) weiter auf ein Regierungsmitglied aus dem westlichen Bundesland pochen, ob nun für das Wirtschafts- oder das Landwirtschaftsministerium. Gehandelt werden Namen wie Landwirtschaftskammerpräsident Josef Hechenberger und die EU-Abgeordnete Barbara Thaler. Letztere soll aber eher dazu tendieren, vorerst in Brüssel zu bleiben. Allzu groß dürfte die Personalauswahl nicht mehr sein.

Platter drängt auf rasche Nachfolgeregelung

Platter (ÖVP) drängte gegenüber der APA auf eine möglichst schnelle Nachfolgeregelung: „Angesichts der dramatischen Teuerung, die auch Österreichs Betriebe massiv trifft, ist es wichtig, dass die Personalentscheidungen rasch getroffen werden und die Arbeit in der Bundesregierung fortgesetzt wird.“ Platter dankte Schramböck „für ihren Einsatz für den Wirtschaftsstandort und ihre Bereitschaft, sich, gerade in den schwierigen vergangenen Jahren, in den Dienst der Republik Österreich zu stellen“.

Opposition sieht Regierung am Ende

Nach den Rücktritten der beiden ÖVP-Ministerinnen Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck sieht die Opposition die türkis-grüne Regierung am Ende. Die 14. Umbildung zeige die „endgültige Handlungsunfähigkeit“ der Regierung eindeutig auf, so der freiheitliche Generalsekretär Michael Schnedlitz. Geht es nach SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, heißt es überhaupt „Game Over für Türkis-Grün“. Bereits nach Köstingers Rückzug hatten SPÖ und FPÖ Neuwahlen verlangt.

FPÖ-Obmann Herbert Kickl forderte Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf, für Stabilität zu sorgen. Als einen „Hort von Chaos, Instabilität, Planlosigkeit und schweren Fehlern“ bezeichnete SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried die Bundesregierung – und das „mitten in einer der schwersten wirtschaftspolitischen Krisen“. Kanzler Nehammer und sein Vize, Grünen-Chef Werner Kogler, sollten Österreich Monate mit einer strauchelnden Regierung ersparen und gleich den Weg freimachen für Neuwahlen, so Leichtfried.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger hatte nach Bekanntwerden des Rückzugs von Köstinger eine größere Regierungsumbildung und ein Ende der „Showpolitik, die an Ernsthaftigkeit und Tiefgang so einiges vermissen lässt“, verlangt. Die NEOS-Chefin verwies etwa auf Schramböck, die von NEOS wiederholt zum Rücktritt aufgefordert worden war und deren Rücktritt dann auch am Nachmittag folgte. Auch bei den Ressortzuständigkeiten schwebten der Partei Änderungen vor.