Franz Lang beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Peter Pfeiffer
ÖVP-U-Ausschuss

Ex-BK-Chef über „neutralisierte Maulwürfe“

Der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss hat sich am Dienstag zum Auftakt den „Ibiza“-Ermittlungen gewidmet. Befragt wurde Franz Lang, ehemals Leiter des Bundeskriminalamts (BK). Im Fokus stand die Entstehung der dort angesiedelten „SoKo Tape“ und deren Verhältnis zur Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA). Es ging um Bestellungsvorgänge, angebliche Leaks und die Begeisterung über „neutralisierte Maulwürfe“.

Die Opposition sieht Lang als Verbündeten eines Netzwerks in der Justiz um den suspendierten Ex-Justizsektionschef Christian Pilnacek. Sie ordnet ihn der „Hallein-Connection“ um Ex-„SoKo Tape“-Leiter Andreas Holzer (den Nachfolger Langs als BK-Chef) sowie Franz Ruf, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, zu – vermutet wird ein schwarzes Netzwerk. Hintergrund: Alle Spitzenpolizisten waren in der Frühzeit ihres Werdegangs in Hallein tätig. Mit dem Begriff „Hallein Connection“ räumte Lang gleich eingangs auf („Unterstellung“, „Humbug“).

Die Befragungen fokussierten sich dann bald auf Konflikte der SoKo mit der WKStA. Seit Bekanntwerden diverser Chats steht ja der Vorwurf im Raum, der WKStA sollte von vornherein keine tragende Rolle bei den „Ibiza“-Ermittlungen zukommen. Er habe die WKStA jedoch nicht versucht auszuschließen. Aber: „Es war unser Wunsch, dass man die Ermittlungen auf eine Staatsanwaltschaft konzentrieren soll“, mit zwei Staatsanwaltschaften habe man historisch „sehr schlechte Erfahrungen“.

Franz Lang beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am 10.05.2022
ORF.at/Peter Pfeiffer
Lang (r.) bei der Ankunft vor dem U-Ausschuss-Lokal

Man habe explizit keinen bestimmten Staatsanwalt gewünscht, gab Lang an. Dass zwei Staatsanwaltschaften eingesetzt waren, sei „sehr bedauerlich gewesen“. Zu Beginn habe man ja auch annehmen müssen, dass es da um Erpressung der involvierten Politiker gehe und dass Geheimdienste involviert seien. Vonseiten der Justiz habe man klären müssen, welche strafrechtlichen Schlüsse man aus der „alkoholisierten Besprechung auf einer Partyinsel“ ziehen müsse.

„Ich stelle mir Observation vor“

Thema waren freilich Chats: Lang tauchte nämlich auch in einer Konversation auf, bei der Pilnacek eine Observation eines WKStA-Staatsanwalts überlegte. Pilnacek und der Leiter der Oberstaatsanwalt (OStA) Wien, Johann Fuchs, vermuteten ja – wie aus den Chats herauszulesen ist –, dass die WKStA Details an Medien weitergegeben habe. So schrieb Pilnacek an Fuchs: „So arg; das kann man sich nicht gefallen lassen; ich spreche morgen mit Lang; ich stelle mir Observation vor; hG“. Details dazu konnte Lang nicht angeben. Wieso Fuchs konkret einen WKStA-Staatsanwalt verdächtigt habe, dazu habe er keine Wahrnehmung, so Lang.

David Stögmüller (Grüne)
ORF.at/Peter Pfeiffer
Grünen-Mandatar David Stögmüller wollte mit Lang das Verhältnis zwischen SoKo und WKStA aufarbeiten

„Stall reinhalten“

„Es ist in Österreich ein Dauerzustand, dass irgendwelche Aktenteile rausgehen“, schilderte Lang generell – er habe stets versucht, „den Stall reinzuhalten“. Man habe „immer wieder Maulwürfe“ gehabt und es auch immer wieder geschafft, diese zu „neutralisieren“. Pilnacek habe sich öfter erkundigt, wie man denn „sogenannte Innentäter entschärft“, ihn und Fuchs habe das beeindruckt – Details zur „Entschärfung“ wollte Lang medienöffentlich aber nicht nennen.

Ob Pilnacek oder Fuchs Einfluss auf die Justiz genommen haben, dazu hatte Lang „keine Wahrnehmung“. Auch ob das Innenressort Infos über die WKStA gesammelt hat, konnte Lang mangels Wahrnehmung nicht angeben.

„Entsetzt über Misstrauen“ der WKStA

Generell habe es eine gute Zusammenarbeit gegeben mit der WKStA, die neuen Entwicklungen hätten ihn dann umso stärker überrascht – auch seine Mitarbeiter seien „entsetzt“ gewesen über das „Misstrauen“ der WKStA, wie Lang schilderte. Er habe dem leitenden Staatsanwalt gesagt, er möge das klären, so Lang. Auch Vrabl-Sanda habe er das Problem ganz offen geschildert: „Ich habe den Eindruck, ihr seid noch unter dem Eindruck des BVT-Desasters“, habe er ihr gesagt.

Bericht über Spannungen zwischen StA Wien und WKStA

Zudem gab Lang an, dass er Ende 2019 Holzer mit einem Sachstandsbericht über die Spannungen zwischen der Staatsanwaltschaft Wien und der WKStA beauftragt habe. Es sollte damals „möglichst genau“ dokumentiert werden, „welche Fragestellungen und Schwierigkeiten mit den Staatsanwaltschaften aufgetreten sind“. Gefragt, ob im Sachstandsbericht die Arbeit mit der Staatsanwaltschaft Wien als „reibungslos, vertrauensvoll“ beschrieben wurde, jene mit der WKStA als „verbesserungswürdig“, sagte Lang, dem müsse er „zustimmen“.

Corinna Scharzenberger (ÖVP)
ORF.at/Peter Pfeiffer
Corinna Scharzenberger (ÖVP) erfuhr, dass Lang eine Untersuchungskommission anregte

Holzer „erste Wahl“

Viele Fragen stellten sich eingangs zur Einsetzung der „SoKo Tape“: „Sie werden eingesetzt, wenn es besondere Herausforderungen gibt“, es sei „Routine“, so Lang. Es habe kein Zweifel bestanden, dass auch die Causa „Ibiza“ eine SoKo gebraucht habe. Nachdem der damalige neue Innenminister der Übergangsregierung – Eckart Ratz (er löste ja den geschassten blauen Herbert Kickl ab) – ihn gebeten hatte, die Geschäfte des Generaldirektors für Öffentliche Sicherheit interimistisch zu führen, habe er diesem „sowie den Ansprechpersonen in der Justiz“ gesagt, dass seiner Meinung nach eine SoKo eingesetzt werden müsse.

Den Leiter der SoKo – also Holzer – habe er bestimmt, gab Lang an („Es war mein Vorschlag“), die Mitarbeiter suche sich der Leiter dann aus, wie Lang auf Fragen von FPÖ und NEOS und angab. Von früher kenne man sich (also er und Holzer) aber nicht.

Wolfgang Zanger (FPÖ)
ORF.at/Peter Pfeiffer
FPÖ-Mandatar Wolfgang Zanger erkundigte sich, auf wen die Bestellung Holzers zurückging

Keine „Gesinnungsverhöre“

Holzer habe sich in früheren Ermittlungen „sehr bewährt“ – er sei „die erste Wahl gewesen“, so Lang. Die Befangenheitsprüfung Holzers habe er selbst übernommen, so Lang. „Man kennt die Leute seit Langem“, zusätzlich lote man aus, wer im Fall eventuell Beschuldigter bzw. Zeuge sein könne und prüfe dahingehend mögliche persönliche Verhältnisse.

Lang gab an, dass es nicht möglich sei, „Gesinnungsverhöre“ bei Beamten durchzuführen, um die vermeintliche ÖVP-Nähe von Beamten herauszufinden. „Diese an den Haaren herbeigezogenen Befangenheitsvorwürfe schmerzen mich“, sagte Lang. Und: „Schalen Beigeschmack“ bei der Einsetzung Holzers sah Lang „ganz und gar nicht“.

Dass Holzer den mutmaßlichen „Ibiza“-Drahtzieher Julian Hessenthaler von vor dem „Ibiza“-Skandal gekannt haben könnte, wollte Lang auf Fragen von NEOS „nicht ausschließen“ – er wisse es aber nicht. Holzer habe einen langen Werdegang als Ermittler hinter sich, darum wäre das laut Lang auch nicht verwunderlich.