Vizekanzler Werner Kogler, Bundeskanzler Karl Nehammer, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Arbeitsminister Martin Kocher, Sts. Susanne Kraus-Winkler und  Sts. Florian Tursky im Rahmen der Angelobung neuer Regierungsmitglieder
APA/Roland Schlager
Ohne Totschnig

Neues ÖVP-Team in Hofburg angelobt

Einen Tag nach der Vorstellung des neuen ÖVP-Regierungsteams hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Mittwoch Digitalstaatssekretär Florian Tursky und Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (beide ÖVP) angelobt sowie ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher mit den Wirtschaftsagenden betraut. Der designierte neue Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) konnte wegen eines positiven CoV-Tests nicht angelobt werden.

Damit wurde die zurückgetretene Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) vorläufig nicht ihres Amtes enthoben. Ursprünglich hätte sie gleich nach der Angelobung ihr Ministerium übergeben wollen. Die Vertraute von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) war genauso wie Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) am Montag zurückgetreten und hatte die Rochaden notwendig gemacht. Mit dem Personalwechsel wenige Tage vor dem ÖVP-Parteitag am Samstag werden auch die Aufgaben innerhalb der ÖVP-Ministerien neu verteilt.

In seiner Rede forderte der in Angelobungen bereits routinierte Bundespräsident auf, „unsere Werte und die liberale Demokratie hochzuhalten und zu verteidigen“. Dazu müsse auch jeder Einzelne beitragen. Scherze wie bei früheren Angelobungen gab es angesichts der ernsten Situation diesmal nicht: „Die Zeiten sind unruhig, um es milde auszudrücken.“ Der Krieg in der Ukraine habe die dunkelsten Zeiten nach Europa zurückgebracht.

Neue Staatssekretäre angelobt

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am Mittwoch in der Wiener Hofburg neue ÖVP-Staatssekretäre angelobt. Martin Kocher wurde zum Wirtschaftsminister ernannt, der künftige Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig konnte wegen eines positiven CoV-Tests noch nicht angelobt werden.

„Wir müssen Klartext miteinander reden“

Van der Bellen: „Alle sind wir von diesem Krieg betroffen und wir kommen nur gemeinsam raus.“ Österreich und Europa befänden sich angesichts des Ukraine-Krieges und der hohen Inflation und steigenden Energiepreise in einer schwierigen Situation. Das sei auch der „wichtigste Auftrag“ an das neue Team, diese großen Herausforderungen zu lösen. Das erwarte sich die Bevölkerung. Zudem forderte Van der Bellen einen respektvollen Umgang miteinander ein: „Wir müssen miteinander Klartext reden“, sagte er mit Verweis darauf, auch unangenehme Dinge anzusprechen.

Die Angelobung selbst dauerte nur wenige Minuten. Van der Bellens Terminkalender ist dicht getaktet, auf die Angelobung folgte ein Treffen mit UNO-Generalsekretär Antonio Guterres. Die neu angelobten Staatssekretäre und Kocher gingen direkt von der Angelobung in das Bundeskanzleramt zur ersten Ministerratssitzung.

Wirtschaftsressort wird eingespart

Das Landwirtschaftsressort verliert die Telekomagenden an das Finanzministerium, den Tourismus an das Wirtschaftsministerium und den Zivildienst an das Jugendstaatssekretariat. Das Wirtschaftsministerium gibt den Digitalbereich an das Finanzministerium ab, die Reste werden mit dem Arbeitsressort fusioniert.

Florian Tursky (Staatssekretär Digitalisierung) , Susanne Kraus-Winkler (Staatssekretärin Tourismus) und Bundesminister Martin Kocher (Arbeit und Wirtschaft) im Rahmen der Angelobung der neuen Regierungsmitglieder durch den Bundespräsidenten
APA/Roland Schlager
Zwei Neue im ÖVP-Team: Kraus-Winkler (M.) und Tursky (l.), der dritte Neue, Totschnig, fehlte wegen einer CoV-Infektion

Damit wird das Wirtschaftsministerium als eigenständiges Ressort eingespart. Mehr Arbeit bekommt die schon mit Bundeskanzler Karl Nehammers (ÖVP) Antritt im Kanzleramt installierte Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm: Sie wird sich künftig auch um die Zivildienstagenden kümmern.

Experten sehen parteiinterne Logik

Für Fachleute spiegelt sich in der Auswahl des neuen Teams die parteiinterne Logik wider. So sei etwa „klar, dass der Bauernbund eine ‚Erbpacht‘ auf das Landwirtschaftsministerium“ habe, meinte der Politikexperte Thomas Hofer gegenüber ORF.at. Zugleich wurden bei der Umbildung auch zweifach die Interessen Tirols bedient.

Der neue Landwirtschaftsminister Totschnig war bisher Bauernbund-Direktor in Tirol, Digialstaatssekretär Tursky bisher Büroleiter des Tiroler Landeshauptmanns Günther Platter (ÖVP). Die Bestellung der neuen Tourismusstaatssekretärin Kraus-Winkler sieht Hofer als Signal an den ÖVP-Wirtschaftsbund.

Nehammer: Qualifikation ausschlaggebend

Im Interview mit dem Ö1-Morgenjournal weist Nehammer diese Auswahlkriterien zurück. Es brauche ein Miteinander aller: „Wir gehören zusammen.“ Nicht Verpflichtungen gegenüber Ländern und Bünden seien für die Bestellungen ausschlaggebend gewesen, sondern allein die Qualifikation und die Bereitschaft der Betreffenden. Nehammer betonte zudem, dass Kocher nicht Teil der ÖVP sei.

Nehammer musste rasch auf die Rücktritte reagieren. Er sei darauf vorbereitet gewesen, sagte er im Interview. Die zurückgetretenen Ministerinnen sollten die Wahlfreiheit für den Termin des Rücktritts haben, nachdem bereits zuvor darüber gesprochen worden sei: „Das ist menschliches Gebot.“ Inzwischen sei die Zeit genutzt worden, die Neuaufstellung vorzubereiten. Der Veränderung bei den Kompetenzverschiebungen müssen die Grünen zustimmen, da die Gesetze dafür geändert werden müssen.

Kocher sucht Interessenausgleich im Ministerium

Der neue Arbeits- und Wirtschaftsminister Kocher wird angesichts der Größe seines Ressorts als „Superminister“ bezeichnet, es wird künftig Ministerium für Arbeit und Wirtschaft heißen. „Ich verbürge mich, dass Arbeitnehmer eine große Rolle spielen werden“, sagte Kocher vor seiner Angelobung in der ZIB2. Es gehe nun darum, im Ressort einen Interessenausgleich zu schaffen. Beide Themen in einem Ministerium zu haben, sieht Kocher auch als „Chance“.

Minister Kocher zum Regierungsumbau

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) baut sein Regierungsteam um. ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher überträgt er die Wirtschaft und wertet ihn damit auf. Und er holt drei Neue ins Team. Kocher nimmt dazu Stellung

Auch hält Kocher den Begriff „Superministerium“ für „unangebracht“, da es auch andere große Ministerien mit viel Verantwortung gebe und auch früher schon ähnlich große Ministerien gegeben habe. „Deshalb glaube ich, ist das übertrieben.“

Christoph Neumayr, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, steht der Fusion der beiden Agenden positiv gegenüber. Die bisherigen Kompetenzen des Wirtschaftsministeriums seien sehr eingeschränkt gewesen, sagte er gegenüber Ö1. Der Gewerkschaftsbund und die Arbeiterkammer zeigten sich eher skeptisch über die Zusammenlegung der beiden Agenden und befürchten, dass die Interessen der Arbeitnehmer weniger gehört werden.