Dieter Csefan beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am 11.05.2022
ORF.at/Peter Pfeiffer
ÖVP-U-Ausschuss

„SoKo Tape“-Leiter verteidigt Ermittlungen

Im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss ist am Mittwoch der aktuelle Leiter der „SoKo Tape“, Dieter Csefan, Rede und Antwort gestanden. Hinterfragt wurden Vorgänge nach der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ im Mai 2019 sowie die darauffolgende Bildung der SoKo. Auch der Konflikt mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wurde beleuchtet – über den Entzug der Ermittlungen durch die WKStA zeigte sich der SoKo-Leiter „schockiert“, die Arbeit der Einheit verteidigte er energisch.

In der Funktion des „SoKo Tape“-Leiters ist Csefan dem nunmehrigen Bundeskriminalamtschef Andreas Holzer gefolgt. Holzer habe er kennengelernt, als er 2012 ins Bundeskriminalamt gekommen war, so Csefan. Er sei derzeit neben der „SoKo Tape“ noch Mitglied der SoKo „AG Fama“ – sie beschäftigt sich mit mehreren Verfahren, auch war sie mit den gestohlenen Daten des Handys des langjährigen Innenministeriumskabinettschefs Michael Kloibmüller befasst.

Schon zu Beginn der „Ibiza“-Ermittlungen sei versucht worden, einen „Keil“ zwischen SoKo und WKStA zu treiben, beklagte Csefan. Ein anonymes Schreiben an die Behörde habe von angeblichen „schwarzen Netzwerken“ hinsichtlich der Zusammensetzung der SoKo berichtet – samt Namensnennung der angeblich betroffenen Ermittler. Auch die Opposition kritisierte, dass die Sondereinheit mit ÖVP-nahen Personen besetzt worden sei – die FPÖ sprach vor der Befragung gar von „schwarzen Tatortreinigern“.

„Bin kein ÖVP-Mitglied“

Im Zuge der Befragung wies Csefan – angesprochen auf das anonyme Schreiben mit den entsprechenden Vorwürfen – die Darstellungen als „falsch“ zurück, keiner der beteiligten Ermittler habe je politisch gearbeitet. Das besagte anonyme Schreiben sei später beim damaligen Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Egisto Ott gefunden worden, daher gehe man davon aus, dass dieser zumindest beteiligt gewesen sei, sagte der SoKo-Chef. Im Verlauf der Befragung wies er von sich, ÖVP-Mitglied zu sein – auf die Frage nach Verbindungen zu Parteien: „Ich helfe einem Freund, der grüner Gemeinderat ist, beim Aufbau eines Festzelts.“

Dieter Csefan beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am 11.05.2022
ORF.at/Peter Pfeiffer
Csefan bei seinem Eintreffen im Vorfeld der Befragung

Wie war der Umgang mit dem Kloibmüller-Stick?

Bemerkenswert waren die Fragen zu den Kloibmüller-Chats – Hintergrund: Insbesondere Grüne und NEOS monierten, dass bestimmte Daten auf dem entsprechenden Datenstick sehr genau gesichtet worden seien (etwa jene zum Ex-BVT-Mann Ott), andere (etwa jene zu mutmaßlicher Postenkorruption – es gilt die Unschuldsvermutung) aber nur sehr oberflächlich. Csefan versuchte zu erklären: In einem Chat habe es einen Hinweis auf einen Datenstick gegeben, dieser sei dann bei einer Hausdurchsuchung gefunden worden.

Zu diesem Zeitpunkt habe man aber noch nicht gewusst, dass es sich um Daten Kloibmüllers handle, so Csefan. Später habe der Sachbearbeiter den Stick oberflächlich gesichtet und Kloibmüller habe bei der Vernehmung in der Folge bestätigt, dass es sich um die Daten seines Handys handle (Kloibmüller hatte es nach dem Bootsunfall durchnässt einem IT-Experten des BVT zur Datenrettung übergeben, die Daten wurden daraufhin heimlich abgesaugt).

Ein „Opferstick“

Csefan sagte, der Stick sei ein Beweismittel dafür, dass die Daten gestohlen wurden – es habe sich um einen „Opferstatus“ gehandelt (Csefan sprach von einem „Opferstick“). „Für uns war das ein Beweismittel für den Diebstahl der Daten“, so Csefan. Er selbst habe den Stick „nie gesehen“, gab die Auskunftsperson an.

David Stögmüller (Grüne) und Stephanie Krisper (NEOS)
ORF.at/Peter Pfeiffer
NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper und der Grüne Stögmüller fragten Csefan zum Umgang mit dem Kloibmüller-Stick

Grünen-Mandatar David Stögmüller legte ein Dokument vor, das aus einer Akteneinsicht stammt, aber nicht in den U-Ausschussakten liegt. Laut Stögmüller erschließe sich aus diesem Anlassbericht, dass es sehr wohl zu Auswertungen von Kloibmüller-Chats gekommen sei. Csefan wiederholte daraufhin, der Stick sei ein Beweismittel und bis zur Übergabe an die Justiz aufbewahrt worden. Man habe keine Veranlassung gehabt, den Stick auszuwerten.

Von Entzug durch WKStA „schockiert“

Die ÖVP befragte Csefan zum Umstand, wonach die WKStA der „SoKo Tape“ Mitte März die Ermittlungen entzogen hat. Csefan gab an, „schockiert“ gewesen zu sein, als er das entsprechende Schreiben bekommen habe – schließlich wären die Ermittlungen der SoKo vor dem Abschluss gestanden und die Zusammenarbeit mit der WKStA in der jüngeren Vergangenheit gut gelaufen.

Der Brief habe lediglich auf Darstellungen in einem „Falter“-Artikel beruht, und es seien auch falsche Behauptungen erhoben worden. Auch seien alle Vorwürfe in dem Schreiben alt, wie Csefan durchaus wortreich darstellte. Etwa, dass die SoKo herangezogen worden sei, Staatsanwälte der WKStA zu observieren. Csefan betonte, dass zu keiner Zeit Ermittlungen gegen die WKStA stattgefunden hätten – auch Thema sei das zu keiner Zeit gewesen.

„Humbug“ und „inszeniert“

„Das ist ein Humbug, es ist inszeniert, man hat das gemacht, um der SoKo die Ermittlungen zu entziehen“, so Csefan zu den Vorwürfen. Zusätzlich zu dem Schreiben habe es erneut eine anonyme Eingabe wegen Befangenheit seiner Person gegeben, erklärte er: „Es ist immer das gleiche Muster, wie versucht wird, auf die Ermittlungsbehörden loszugehen.“ Doch habe man keine Wahl gehabt, weil ja die Staatsanwaltschaft Herrin des Verfahrens sei, habe man das umgesetzt. Das Innenministerium habe ihn und Holzer zu einer Stellungnahme zu all den Vorwürfen aufgefordert, die die Dienstbehörde prüfe.

Richterin Christa Edwards und Wolfgang Sobotka (ÖVP)
ORF.at/Peter Pfeiffer
Den Ausschussvorsitz führte am Mittwoch Wolfgang Sobotka (ÖVP)

„Wir werden nicht aufgelöst“

WKStA-Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda habe vor der zuständigen Sektionschefin auch gesagt, dass gegen ihn „nichts vorliegt“, wie Csefan angab. Auch könne er nicht verstehen, wieso dieses Schreiben überhaupt nötig gewesen sei, man hätte das alles „in einem einfachen Telefonat“ besprechen können, so Csefan. Die SoKo bestehe noch aus genau drei Ermittlern, Meldungen, die SoKo werde aufgelöst, seien falsch, so Csefan. „Wir werden nicht aufgelöst, bis der Abschlussbericht erledigt ist.“

„Aus Kreuzfeuer gekommen“

Die ÖVP wollte wissen, was solche Vorwürfe bei den Polizisten in der SoKo ausgelöst hätten. Das mache schon etwas mit den Leuten, so Csefan, die Ermittler seien dann aber auch „froh gewesen, dass sie aus dem Kreuzfeuer gekommen sind“. Politische Einflussnahme habe er nicht wahrgenommen, weder auf Justiz noch auf die polizeilichen Ermittlungen, „in meiner ganzen Karriere noch nicht“, so Csefan.

Um Doppelgleisigkeiten bei den Ermittlungen zu vermeiden, habe er um ein Gespräch mit der WKStA ersucht, so Csefan: „Ich wollte die Ermittlungen abgeben, damit nur eine Polizeieinheit betraut ist.“ Das Gespräch sei aber verweigert worden. Bis Februar habe man dann noch Ermittlungsschritte für die WKStA gesetzt. Im März kam dann besagter Brief.

Nach Meinung des SoKo-Leiters wäre es auch effizienter gewesen, nach der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bei einer Behörde zu bündeln und sie nicht in die Entstehung des Videos (Staatsanwaltschaft Wien) und in Korruptionsdelikte (WKStA) aufzuspalten. Zunächst sei die Entstehung des Videos im Vordergrund gestanden, für die Korruptionsdelikte habe er dann Wirtschaftsfachleute in die Gruppe geholt.

Dann, so NEOS-Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper, wäre das „Ibiza-Video“ wohl nicht wochenlang der WKStA vorenthalten worden. Er habe, so Csefan, seinen Vorgesetzten sofort informiert. Dass die WKStA erst später von dem Fund erfuhr, sei keine böse Absicht gewesen.

Wolfgang Zanger (FPÖ)
ORF.at/Peter Pfeiffer
Auf Fragen von FPÖ-Mandatar Zanger brachte Csefan Licht ins Dunkel hinsichtlich der „AG Fama“-Namensgenese

„Fama steht für die griechische Göttin des Gerüchts“

Aufklärung konnte die Auskunftsperson auch auf die Frage des Freiheitlichen Wolfgang Zanger schaffen, wie es zum Namen „AG Fama“ gekommen sei: „Fama steht für die griechische Göttin des Gerüchts und des Ruhmes“, meinte Csefan, der sich sichtlich stolz aufgrund – wie er betonte – seiner Idee gab. Dazu inspiriert habe ihn jenes „Konvolut“, in dem Gerüchte zum BVT gestreut wurden.