„Wie Spionageroman“: Pussy-Riot-Aktivistin floh aus Russland

Der Aktivistin der kremlkritischen Punkband Pussy Riot, Maria Aljochina, ist trotz polizeilicher Überwachung die Flucht aus Russland gelungen. Mit Hilfe von Freunden gelangte die 33-Jährige über Belarus nach Litauen, wie die Künstlerin der „New York Times“ in der litauischen Hauptstadt Vilnius sagte.

Um ihren Überwachern in Moskau zu entkommen, habe sie sich als Essenslieferantin verkleidet. Das Blatt veröffentlichte Bilder von Aljochina in grüner Kurieruniform. Zur Ablenkung und um nicht geortet zu werden, habe sie zudem ihr Handy zurückgelassen, berichtete die 33-Jährige.

„Ich verstehe immer noch nicht ganz, was ich getan habe“, sagte die Künstlerin der Zeitung in einem Interview. Sie sei aber froh, dass sie es geschafft habe. „Wenn dein Herz frei ist, spielt es keine Rolle, wo du bist“, betonte sie in dem Gespräch. Vergangene Woche sei „viel Magie“ passiert. „Es klingt wie ein Spionageroman.“

Pass nach Belarus geschmuggelt

Sie sei von einem Bekannten mit einem Auto an die Grenze zu Belarus gebracht worden und habe dann nach etwa einer Woche Litauen erreicht, schilderte sie. Zweimal sei sie von belarussischen Grenzschützern abgewiesen worden, beim dritten Mal habe es geklappt.

Ein befreundeter Künstler aus Island habe ein nicht genanntes europäisches Land dazu gebracht, der 33-Jährigen – deren Pass von Russland beschlagnahmt worden sei – ein Reisedokument auszustellen, das ihr einen ähnlichen Status wie eine EU-Bürgerin verliehen habe. Der Pass sei dann nach Belarus geschmuggelt worden.

„Die rechte Hand weiß nicht, was die linke tut“

Dass ihr die Flucht gelungen sei, zeige auch das Chaos der russischen Strafverfolgungsbehörden, sagte die Künstlerin der „New York Times“. „Von hier aus sieht es aus wie ein riesiger Dämon, aber von innen betrachtet ist es sehr unorganisiert. Die rechte Hand weiß nicht, was die linke Hand tut.“ Sie hoffe trotz allem, irgendwann nach Russland zurückkehren zu können.

Aljochina war 2012 mit ihrer Bandkollegin Nadeschda Tolokonnikowa zu zwei Jahren Straflager verurteilt worden. Sie hatte in einer Moskauer Kirche gegen Präsident Wladimir Putin protestiert. Ende 2013 wurden sie begnadigt und kamen frei. Zuletzt geriet Aljochina mit der russischen Justiz in Konflikt, etwa im Zusammenhang mit Aufrufen zu Demonstrationen für den inhaftierten Kreml-Gegner Alexej Nawalny.