Lagerarbeiter
Getty Images/Westend61
Bis 2026

Ukraine-Krieg trifft Wirtschaft auf Raten

Wie der Konflikt in der Ukraine weitergeht, ist unklar. Eines zeichnet sich jedoch schon jetzt ab: Er wird länger Folgen auch für die österreichische Wirtschaft haben, und die kommen quasi auf Raten. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) geht davon aus, dass der Krieg die Konjunktur in den nächsten Jahren nach und nach bremst. Es gibt allerdings auch positive Aussichten.

Die Erwartungen für die globale und die österreichische Wirtschaft hätten sich seit der letzten mittelfristigen Prognose vom Oktober und dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine „deutlich verschlechtert“, heißt es in einem Update dazu von Donnerstag.

Von diesem Jahr bis 2026 werde das Wirtschaftswachstum im Schnitt um einen halben Prozentpunkt pro Jahr gebremst. Statt wie ursprünglich angenommen um 2,6 Prozent werde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) realistisch um 2,1 Prozent wachsen. Ein positiver Ausblick unter anderen: Der Arbeitsmarkt dürfte sich nach der Coronavirus-Pandemie rascher erholen.

Prognosen nach unten revidiert

Heuer, heißt es in dem WIFO-Bericht unter dem Titel „Ukraine-Krieg trübt die mittelfristigen Wirtschaftsaussichten“, werde die österreichische Wirtschaft – trotz des Konflikts – um 3,9 Prozent wachsen und damit noch einmal „kräftig expandieren“.

Grafik zur Wifo-Mittelfristprognose
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: WIFO

Der Grund ist wie global auch der schnelle Aufschwung nach der Pandemie. Bis 2026, so weit reicht der aktuelle Prognosehorizont, dürfte allerdings eine kontinuierliche Abschwächung auf nur noch 1,4 Prozent erfolgen. Schon die Prognose für das laufende Jahr wurde um ein Prozent nach unten revidiert.

Arbeitslosenzahl sollte sinken

Trotz gebremster Wachstumsaussichten soll laut aktueller Prognose aber etwa die Arbeitslosenrate, bedingt vor allem durch den zunehmenden Arbeitskräftemangel, merklich zurückgehen und bereits heuer mit 6,7 Prozent auf Jahressicht das Niveau vor der CoV-Krise erreichen und bis 2026 weiter auf 6,0 Prozent sinken.

Während der Pandemie wurde im Schnitt weniger Geld ausgegeben bzw. während der Lockdowns in den vergangenen beiden Jahren mehr gespart, der Effekt laut WIFO: Der Privatkonsum dürfte davon profitieren und im Jahresschnitt um 2,3 Prozent steigen, heuer noch um 3,9 Prozent.

Steigende Energiepreise als Dämpfer

Generell erhöhe der militärische Konflikt in der Ukraine die wirtschaftliche Unsicherheit und lasse vor allem die Energiepreise steigen, insbesondere in Österreich. „Aufgrund der stärkeren Abhängigkeit Österreichs von russischem Erdgas“ werde das heimische BIP bis 2026 um durchschnittlich 0,1 Prozentpunkt pro Jahr schwächer wachsen als im Euro-Raum, heißt es in dem WIFO-Update von Donnerstag. In der Euro-Zone soll die Wirtschaftsleistung heuer real um nur noch 3,2 Prozent zunehmen, weniger als in Österreich und deutlich unter der letzten Prognose von 4,7 Prozent.

Der kräftige Preisauftrieb auf dem Weltmarkt, der bereits 2021 eingesetzt hat, wird 2022 durch die CoV-Welle in China und den Ukraine-Krieg noch verstärkt und verlängert. Getragen wird der Preisauftrieb vor allem vom starken Anstieg der Energiepreise. Die ab 1. Juli wirksame CO2-Bepreisung wird laut WIFO etwa 0,1 Prozentpunkte zur Inflation in Österreich beitragen.

Wie geht es mit der Inflation weiter?

Da die Energiepreisanstiege im europäischen Großhandel erst verzögert an die Privathaushalte weitergegeben werden, wird der Bereich Haushaltsenergie auch 2023 zur Teuerung beitragen. Für 2022 erwartet das WIFO einen durchschnittlichen Erdölpreis (je Barrel der Sorte Brent) von 110 Dollar (Stand Donnerstag: knapp 106 Dollar), bis 2026 soll er laut aktuellen Annahmen auf 82,5 Dollar sinken.

Die Inflationsrate wird für heuer in Österreich bei 5,8 Prozent im Jahresschnitt erwartet, im Vorjahr waren es 2,8 Prozent, und auch für 2023 werden über das Jahr noch 3,2 Prozent prognostiziert. Das dürfte auch die Lohn- und Gehaltssumme antreiben: heuer um 5,8 Prozent nach 5,5 Prozent im Vorjahr – nächstes Jahr um 6,1 Prozent. Pro Kopf dürften die Einkommen heuer aufgrund der hohen Inflation real dennoch um 2,3 Prozent sinken.

Einige Unsicherheitsfaktoren

Zur Entwicklung der Preise für Erdöl und Erdgas lautet die Prämisse weiterhin, dass es zu keinen großen Ausfällen oder im äußersten Fall einem Lieferstopp kommt bzw. die EU keinen Importstopp beschließt. Wegen der in Österreich hohen Abhängigkeit von russischem Erdgas wird für den Fall eines Lieferstopps betreffend die heimische Industrie und die Stromerzeugung mit einem stärkeren wirtschaftlichen Einbruch gerechnet als in Deutschland. Für Deutschland würden für ein Szenario eines Gaslieferstopps bzw. eines Embargos aktuelle Schätzungen von einem BIP-Rückgang zwischen 3,0 und 6,0 Prozent ausgehen, so das WIFO.

Grundsätzlich heißt es: Der Krieg in der Ukraine und der weitere Verlauf der Pandemie stellten die bedeutendsten Abwärtsrisiken für die Prognose dar – mitsamt möglichen negativen Folgen für die Exportwirtschaft, das Wirtschaftswachstum generell, die Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung und schließlich die Staatsausgaben.