Elon Musk
AP/John Raoux
Twitter-Übernahme

Musk provoziert Kurssturz

Tech-Milliardär Elon Musk hat versichert, dass er weiter an Twitter interessiert sei, nachdem er den Kaufdeal zuvor mit einem Tweet einseitig auf Eis gelegt hatte. Er halte an den Übernahmeplänen fest, schrieb Musk ohne weitere Details am Freitag bei Twitter. Nur wenige Stunden zuvor hatte er selbst Zweifel daran geweckt, als er den Deal – ebenfalls via Twitter – für vorläufig ausgesetzt erklärte. Der Kurs ging daraufhin auf Talfahrt. Sollte er tatsächlich bei dem Kauf bleiben, könnte Musk mit dem Kursverfall viel Geld sparen.

In seinem ersten Tweet sagte Musk, er wolle erst Berechnungen abwarten, dass Accounts, hinter denen keine echten Nutzer oder Nutzerinnen stecken, tatsächlich weniger als fünf Prozent ausmachen. Diese Zahlen gab Twitter erst Anfang dieser Woche an. Die Twitter-Aktie stürzte nach Musks Aussage ab und fiel im vorbörslichen Handel rasch um fast ein Viertel und notierte bei etwa 34,50 Dollar. Später erholte sich der Kurs etwas auf rund 37 Dollar und stieg im Handel wieder auf über 40 US-Dollar.

Das ist jedoch weit entfernt von den 54,20 Dollar je Aktie, die Musk den Aktionären in Aussicht gestellt hatte. Schon am Donnerstag war das Papier mit 45,08 Dollar aus dem Handel gegangen – ein Zeichen für eine mögliche Skepsis der Investoren, dass Musk den Deal tatsächlich durchzieht.

Abweichungen bei Nutzerzahlen gestanden

Dass es bei Twitter Fake-Accounts gibt, dürfte keine Überraschung für Musk gewesen sein. Musks entsprechender Tweet könnte als Suche nach Ausreden interpretiert werden, um aus dem rund 44 Milliarden Dollar (42 Mrd. Euro) teuren Deal auszusteigen – oder zumindest den Preis zu drücken. Denn er hatte als eines seiner Ziele für den Twitter-Kauf erklärt, er wolle Profile, die etwa zum Versenden von Spam-Nachrichten eingesetzt werden, von der Plattform verbannen.

Twitter nannte für das erste Quartal die Zahl von 229 Millionen Nutzern, die der Dienst mit seinen Anzeigen erreichen kann. Eindeutig identifizierte Fake-Accounts zählt der Dienst in den Nutzerzahlen nicht mit. Twitter hatte zuletzt aber einräumen müssen, dass wegen eines Fehlers seit 2019 leicht überhöhte Nutzerzahlen gemeldet wurden. Die Abweichungen waren mit maximal knapp zwei Millionen Nutzern allerdings eher gering.

Eine Milliarde Strafe bei Ausstieg aus Deal

Ob Musk den Vorwurf, Twitter habe ungenaue Angaben zur Zahl der gefälschten Accounts gemacht, für einen Ausstieg aus dem Deal oder eine Senkung seines Gebots nutzen könnte, ist unklar. Schließlich hatte er auf eine übliche Prüfung der Twitter-Bücher vor der Vereinbarung verzichtet.

Twitter und Musk vereinbarten zwar eine Strafe von jeweils einer Milliarde Dollar für den Fall, dass eine der beiden Seiten den Deal aufkündigen sollte. Doch Experten gingen nicht davon aus, dass das bedeutet, Musk könne sich einfach ohne Begründung umentscheiden und mit einer Milliarde Dollar aus dem Schneider sein.

Musk braucht noch Aktien

Der Chef des Elektroautoherstellers Tesla hat sich mit dem Twitter-Verwaltungsrat auf einen rund 44 Milliarden Dollar schweren Übernahmedeal geeinigt. Musk ist aber noch darauf angewiesen, dass ihm genug Aktionäre ihre Anteile abtreten wollen. Die Übernahme soll laut Plan bis Jahresende abgeschlossen sein. Musk kaufte in den vergangenen Monaten bereits einen Anteil von gut neun Prozent an Twitter an der Börse.

In den vergangenen Tagen zeichneten sich auch andere Probleme ab. Musk wollte ursprünglich für rund zwölf Milliarden Dollar des Kaufpreises Kredite aufnehmen, die mit seinen Tesla-Aktien besichert wären. Aber nachdem der Kurs der Tesla-Aktie von zuvor rund 1.000 Dollar auf zuletzt nur noch 728 Dollar abgesackt war, wurde dieser Plan zunehmend ungünstig für ihn. Der Finanzdienst Bloomberg berichtete am Donnerstag, Musk suche nach anderen Finanzierungswegen anstelle des mit Aktien besicherten Kredits.

Zwei Führungskräfte müssen gehen

Twitter selbst hat auch zu kämpfen. Zwei hochrangige Führungskräfte müssten im Zuge der Umstrukturierung des Unternehmens gehen, teilte Twitter-CEO Parag Agrawal am Donnerstag den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mit. „Wir müssen uns weiterhin Gedanken über unsere Teams, Einstellungen und Kosten machen“, so Agrawal. Die meisten Einstellungen würden derzeit pausieren, alle bestehenden Jobangebote würden zudem überprüft.

Der CEO begründete die Entscheidung damit, dass Twitter nicht in der Lage war, das Nutzerwachstum und die Wachstumsziele zu erreichen, die es sich gesetzt hatte. Das Unternehmen strebte eigentlich bis Ende 2023 einen Jahresumsatz von 7,5 Milliarden US-Dollar und 315 Millionen tägliche Nutzer an, zog diese Ziele aber in seinem jüngsten Ergebnisbericht zurück.

Musk will Trumps Twitter-Sperre aufheben

Am Dienstag ließ Musk mit dem Vorschlag aufhorchen, die Sperre des ehemeligen Us-Präsidenten Donald Trump bei Twitter wieder aufheben zu wollen. Trump wurde von Twitter verbannt, nachdem er Sympathie für seine Anhänger bekundet hatte, die am 6. Jänner 2021 das Kapitol in Washington gestürmt hatten. Der damalige Präsident hatte seine Anhänger nach seiner Wahlniederlage gegen den Demokraten Joe Biden aufgerufen, zum Kapitol zu marschieren und „auf Teufel komm raus“ zu kämpfen.

„Ich würde das dauerhafte Verbot aufheben“, sagte Musk bei einer von der „Financial Times“ organisierten Konferenz. Der Rauswurf sei eine „moralisch schlechte“ Entscheidung und ein Fehler gewesen, weil ein großer Teil der US-Bevölkerung damit nicht einverstanden gewesen sei. Und es habe auch nicht dazu geführt, dass sich der Ex-Präsident nicht mehr Gehör verschaffen konnte. Bei „illegalen oder anderweitig destruktiven“ Tweets könnte es eine Suspendierung des Nutzerkontos geben, eine „Auszeit“.

Die Onlineplattform erklärte damals zur Begründung für die dauerhafte Sperrung von Trumps Nutzerkonto, es bestehe das „Risiko einer weiteren Anstiftung zur Gewalt“. Trump sagte vor Kurzem zwar bereits, er wolle nicht zu Twitter zurück, auch wenn er es dürfte. Er versucht aktuell, eine eigene Social-Media-Plattform aufzubauen, die jedoch mit Anlaufproblemen kämpft.