Irische Regierung warnt Johnson vor Bruch des Brexit-Abkommens

Die Regierung in Dublin hat London in ungewöhnlich deutlichen Worten vor einer Eskalation im Streit um den Brexit-Status Nordirlands gewarnt. Irlands Außenminister Simon Coveney warf der britischen Regierung gestern „Säbelrasseln und Effekthascherei“ vor. Hintergrund sind Drohungen der Briten, die als Nordirland-Protokoll bezeichnete Vereinbarung aus dem Brexit-Abkommen durch nationale Gesetzgebung auszuhebeln.

Die EU sieht darin einen Bruch von internationalem Recht und hat für diesen Fall Konsequenzen angekündigt. Das Nordirland-Protokoll soll Kontrollen an der Grenze zwischen dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland und der EU-Mitglied Republik Irland vermeiden. Damit soll verhindert werden, dass der gewaltsame Konflikt zwischen Befürwortern und Gegnern der irischen Einheit wieder aufflammt. Stattdessen ist nun aber eine Zollgrenze zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs entstanden. Anhänger der Union befürchten deshalb eine Entfremdung von London.

Streit über Protokoll

Derzeit sorgt der Streit über das Protokoll für politische Lähmung in Nordirland. Die protestantisch-unionistische Partei DUP weigert sich, einen Parlamentspräsidenten zu wählen. Auch einer Einheitsregierung mit der katholisch-republikanischen Sinn Fein will die Protestantenpartei nicht beitreten, solange der Streit nicht gelöst ist.

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson reist heute zu Gesprächen mit den verschiedenen Parteien in die frühere Unruheprovinz. Er werde die Politiker dort aufrufen, die Blockade zu überwinden, hieß es laut der Nachrichtenagentur PA gestern aus Regierungskreisen. Das Protokoll loszuwerden sei nie seine Absicht gewesen, er setzte sich lediglich für Reformen ein, behalte sich aber einseitige Schritte dennoch vor, berichtete die PA weiter.