Libanon-Wahl: Verluste für Hisbollah-Lager

Bei der Parlamentswahl im Libanon hat das politische Lager um die schiitische Hisbollah laut vorläufigen Ergebnissen Verluste verzeichnet. Die Hisbollah konnte zwar alle ihre Mandate behalten, die verbündete christliche Partei von Präsident Michel Aoun, die Freie Patriotische Bewegung (FPM), erlitt jedoch Einbußen, wie aus den heute veröffentlichen ersten Ergebnissen hervorging. Das Reformlager ging hingegen gestärkt aus der Wahl gestern hervor.

Die Partei Libanesische Kräfte (LF) gewann mehrere Sitze hinzu und dürfte damit zur größten christlichen Partei avancieren. In mehreren Landesteilen schnitten zudem neue Oppositionsparteien stark ab. Mit den neu hinzugewonnenen Sitzen könnte das Reformlager einen noch nie da gewesenen Einfluss auf die Politik des Landes gewinnen.

Die offiziellen Ergebnisse wurden im Laufe des Tages erwartet. Dann wird sich zeigen, ob die Hisbollah und ihre Verbündeten weiterhin eine handlungsfähige Mehrheit im Parlament haben. Die Wahlbeteiligung lag bei lediglich 41 Prozent. Bei der vorherigen Parlamentswahl 2018 hatte die Wahlbeteiligung immerhin noch acht Prozentpunkte darüber gelegen.

Gewaltsame Zwischenfälle bei Wahl

Aus den Hochburgen der Hisbollah waren während der Wahl mehrere gewaltsame Zwischenfälle gemeldet worden. Die NGO Vereinigung für demokratische Wahlen teilte mit, mehrere ihrer Mitglieder seien in Wahllokalen angegriffen worden. Auch die christliche Partei Libanesische Kräfte erklärte, mehrere ihrer Vertreter seien geschlagen und aus Wahllokalen geworfen worden.

Das politische System des Libanon hat die Macht seit langer Zeit unter den Religionsgemeinschaften aufgeteilt und eine herrschende Elite gefestigt. Der Präsident ist traditionell ein maronitischer Christ, der Regierungschef ein sunnitischer Muslim und der Parlamentspräsident ein Schiit. Dieses System schmälert die Wahlchancen für nicht religiöse Parteien und Vertreter der Zivilgesellschaft. Im derzeitigen Parlament sind die Hisbollah und ihre Verbündeten in der Mehrheit.

Die Wahl fand vor dem Hintergrund der schlimmsten wirtschaftlichen und sozialen Krise des Landes seit dem 1990 beendeten Bürgerkrieg statt. Die UNO stuft inzwischen mehr als 80 Prozent der Bevölkerung als arm ein.