Kämpfe in Tripolis: Libysche Parallelregierung zieht sich zurück

In Libyen sind die Spannungen zwischen den rivalisierenden Fraktionen in Gewalt umgeschlagen. In Tripolis kam es heute zu Kämpfen, als der vom Parlament ernannte Ministerpräsident Fathi Baschagha in der Nacht in die Hauptstadt vordrang und die Regierungsgeschäfte übernehmen wollte. Schüsse waren zu hören. Das Fernsehen zeigte Videoclips, auf denen Kämpfe im Zentrum und im Hafen der Stadt zu sehen sein sollen.

Schulen wurden geschlossen. Baschagha habe die Stadt inzwischen wieder verlassen, erklärte sein Büro.

In den vergangenen Monaten war in Libyen die Furcht vor einem Wiederaufflammen des 2020 mit einem Waffenstillstand gestoppten Bürgerkrieges gewachsen. Die Ernennung Baschaghas Anfang des Jahres führte zu einem Stillstand der Friedensbemühungen des in eine östliche und westliche Fraktion gespaltenen Landes.

Dbeibah will Posten nicht Räumen

Der vom Parlament abgesetzte Ministerpräsident Abdelhamid Dbeibah will seinen Posten nicht räumen, das könne nur nach einer Wahl geschehen und nicht nach einer Parlamentsabstimmung. Baschagha hatte mehrfach versucht, in die Hauptstadt zu gelangen, wurde aber aufgehalten. Vergangene Woche erklärte er, von Sirte aus arbeiten zu wollen.

Eigentlich waren als Teil des von den UNO beaufsichtigten Friedensprozesses für vergangenen Dezember Wahlen vorgesehen. Allerdings zerstritten sich die rivalisierenden Fraktionen über die Wahlregeln, bisher ist es zu keiner Abstimmung gekommen.

Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 herrscht Chaos in dem ölreichen nordafrikanischen Land. 2014 spaltete es sich in eine östliche und eine westliche Kriegspartei. Der Kommandant der östlichen Bürgerkriegspartei, Chalifa Haftar, ist für viele Bürgerinnen und Bürger im Westen des Landes ein rotes Tuch, seit er 2019/20 versuchte, Tripolis zu erobern, und dabei Teile der Hauptstadt in Schutt und Asche legte.