Plenum des Nationalrats
APA/Hans Punz
Nationalrat

Neues Regierungsteam und Neuwahlantrag

Am Mittwoch und Donnerstag kommt der Nationalrat zusammen. Geprägt ist die Plenarwoche von der Präsentation des neuen Regierungsteams. Weiters auf der Tagesordnung stehen Regelungen mit Ukraine-Bezug und zur Energieunabhängigkeit sowie die Verlängerung einiger CoV-Maßnahmen. Geplant sind auch Lockerungen bei der Sozialhilfe, höhere Studienbeihilfen und generell eine Budgeterhöhung. Die SPÖ wird einen Neuwahlantrag einbringen.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) stellen am Mittwoch die neuen Gesichter in ihrem Team vor. Mit dabei ist Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP). Wegen einer CoV-Infektion konnte der Osttiroler vergangene Woche nicht vom Bundespräsidenten angelobt werden. Das wurde Mittwochfrüh von Alexander Van der Bellen in der Hofburg nachgeholt.

Dem Nationalrat präsentiert wurden auch ÖVP-Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler, die im Arbeitsressort angesiedelt ist, und Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP). Letzterer soll dem Finanzministerium zugeordnet werden, sofern das juristisch machbar ist – Fachleute wie der Medien- und Kommunikationsrechtsexperte Hans Peter Lehofer haben Zweifel angemeldet. ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher wird berichten, wie er die ihm zugefallenen Wirtschaftsagenden in sein Ressort integrieren möchte.

Schramböck verzichtet auf Mandat

Die zurückgetretene Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) wird auf ihr Nationalratsmandat verzichten. Wie Abgeordnete Alexandra Tanda (ÖVP) am Dienstag gegenüber ORF.at mitteilte, wird sie weiterhin dem Nationalrat angehören. Tanda sitzt auf dem Tiroler Mandat von Schramböck. Bis zuletzt war offen, ob die Tirolerin Tanda den Platz für Schramböck räumen muss. Die Landes-ÖVP in Tirol bestätigte den Verzicht durch Schramböck – mehr dazu in tirol.ORF.at. Die ebenfalls abgetretene Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) stellte im Gegensatz zu Schramböck gleich klar, dass sie die Politik gänzlich verlassen will.

Karl Nehammer (ÖVP)
APA/Roland Schlager
Kanzler Nehammer präsentiert sein neues Personal

SPÖ bringt Neuwahlantrag ein

Die SPÖ bringt einen Neuwahlantrag ein. Diese Entscheidung habe man „nicht leichtfertig“ getroffen, sagte Vizeklubchef Jörg Leichtfried am Dienstag: „Aber irgendwann ist es so weit zu sagen, es geht nicht mehr weiter, sie bringen es nicht zusammen.“

Jörg Leichtfried (SPÖ)
APA/Georg Hochmuth
SPÖ-Vizeklubchef Leichtfried in Richtung Türkis-Grün: „Es geht nicht mehr weiter, sie bringen es nicht zusammen“

Weder bei den aktuell drängenden Problemen wie etwa die sich stark auswirkende Teuerung oder die Pandemie, „die bei Weitem noch nicht vorbei ist“, noch bei den Zukunftsaufgaben wie Pflegereform und Energiewandel bringe die türkis-grüne Regierung etwas weiter. Statt die Krisen zu lösen, verstärke sie Türkis-Grün noch. „Wir haben die höchste Teuerung seit 41 Jahren“, so Leichtfried. Ein Drittel der Menschen müsse sich bereits deswegen beim Kauf von Lebensmitteln einschränken.

Kickl: „Neuwahlen einzig vernünftige Zugangsweise“

Ein Neuwahlantrag der FPÖ liegt schon länger vor, die FPÖ wird einen Fristsetzungsantrag einbringen, sodass der Neuwahlantrag im Plenum behandelt werden muss. Außerdem wird die FPÖ einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung einbringen. „Neuwahlen sind die einzig vernünftige Zugangsweise“, kommentierte Klubobmann Herbert Kickl die Anträge. Die derzeitige Regierungsmannschaft der ÖVP sei „das letzte Aufgebot von Parteisoldaten“ und würde Klientelpolitik betreiben, anstatt Verantwortung zu übernehmen.

Herbert Kickl (FPÖ)
APA/Roland Schlager
Die jetzige ÖVP-Regierungsmannschaft sei „das letzte Aufgebot“, so FPÖ-Klubchef Kickl

Einer erneuten „Auslieferung“ durch den Nationalrat ist Kickl indes entgangen. Der Immunitätsausschuss stimmte am Mittwoch einstimmig dagegen. Der Wiener Magistrat wollte gegen Kickl nach einer Empfehlung für ein Medikament zur Behandlung von CoV vorgehen.

Scherak: „Regierung mental schon im Sommerurlaub“

NEOS hat sich noch nicht auf eine Unterstützung des Neuwahlantrags festgelegt. Er würde aktuell nicht über Gebühr über Neuwahlen sprechen, so NEOS-Mandatar Nikolaus Scherak. Vielmehr sei die Bundesregierung aufgefordert, arbeiten zu beginnen. Gefühlt sei diese „mental schon im Sommerurlaub“. Zwar würden am Mittwoch wieder einmal neue Regierungsmitglieder vorgestellt und wohl die nächsten Ankündigungen gemacht, bloß werde dann wieder wenig bis gar nichts umgesetzt.

Sozialhilfereform und CoV-Regeln

Auf dem Programm der Abgeordneten steht unter anderem die Reform der Sozialhilfe. Konkret geht es um eine Härtefallklausel, über die Länder den Kreis der Bezieherinnen und Bezieher ausweiten können. Dabei handelt es sich beispielsweise um Menschen mit humanitärem Bleiberecht, die ihre Arbeit verloren haben. Kulanter wird man bei betreuten Wohneinrichtungen wie Frauenhäusern und Obdachloseneinrichtungen. Pflegegeld soll nicht mehr berücksichtigt werden, und zwar nicht nur wie bisher bei der bezugsberechtigten Person, sondern auch bei pflegenden Angehörigen im gemeinsamen Haushalt.

Verlängert werden einige der CoV-Regeln, und auch die Regelungen im Epidemiengesetz bleiben bis Ende Juni kommenden Jahres aufrecht. Dabei geht es beispielsweise um die Verhängung von Ausreisebeschränkungen aus lokalen Epidemiegebieten und die Registrierung von nach Österreich einreisenden Personen. Im Bedarfsfall wird es weiter möglich sein, Gastronomiebetriebe und Veranstalter zur Erhebung von Kontaktdaten ihrer Gäste zu verpflichten.

Bis Jahresende verlängert wird jene Regel, wonach Beschäftigte mit bestimmten Vorerkrankungen – unter voller Entgeltfortzahlung – neuerlich vom Dienst freigestellt werden können, sollte sich die Pandemielage wieder zuspitzen und weder Homeoffice noch ein besonders geschützter Arbeitsplatz möglich sein. Auch im Justizbereich werden CoV-Regeln verlängert, hier bis Jahresende. Damit entsteht für weitere sechs Monate die Möglichkeit, bestimmte Anhörungen, mündliche Verhandlungen und Beweisaufnahmen unter Verwendung geeigneter Kommunikationsmittel zur Wort- oder Bildübertragung durchzuführen.

Budget wird erhöht

Vor allem die russische Invasion in der Ukraine und deren Folgen machen budgetäre Anpassungen notwendig. Ungeplante Ausgaben sind etwa für die Sicherstellung einer nationalen strategischen Gasreserve, das Energieentlastungspaket sowie für die Hilfsmaßnahmen für vertriebene Ukrainerinnen und Ukrainer notwendig.

Zusätzliche Mittel sieht die Regierungsvorlage darüber hinaus für die Hospiz- und Palliativversorgung, die Gesundheitsförderung und die Suizidprävention vor. Auch im Zusammenhang mit CoV werden weitere Budgetmittel benötigt. Gleichzeitig wird aufgrund des niedrigeren Wirtschaftswachstums ein Rückgang bei den Einnahmen erwartet.

In Zahlen bedeutet das, dass das Defizit um 6,5 Milliarden auf 19,1 Milliarden Euro steigt. Die Novelle sieht gegenüber der bisherigen Budgetplanung einen Anstieg der Auszahlungen um 4,9 Milliarden auf 104 Milliarden Euro und einen Rückgang der Einzahlungen um 1,6 Milliarden auf 84,8 Milliarden Euro vor.

Änderung bei Gaswirtschaftsgesetz

Am Donnerstag ist eine Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes Thema. Sie soll ein weiteres Sicherheitsnetz für die Gasversorgung bringen, indem der Staat Versorger mit der Vorhaltung und Speicherung von Gas beauftragen kann. Eine Novelle des Energielenkungsgesetzes wiederum bringt Sicherheiten für Industriebetriebe, die Gas einspeichern. Voraussetzung für Teile des Gesetzes ist eine Verfassungsmehrheit.

Das Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk Timelkam
ORF.at/Roland Winkler
Thema im Nationalrat ist auch die Energieunabhängigkeit Österreichs und wie diese verstärkt werden kann

Etabliert werden die gesetzlichen Grundlagen zur Gewährung der EU-Fördermittel im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik. Nationale Fördermaßnahmen samt Zielwerten sind dabei in einem Strategieplan definiert, mit dem die von der EU festgelegten allgemeinen Parameter umgesetzt werden sollen.

Behandelt wird das Volksbegehren „Impfpflicht: Striktes NEIN“, das von gut 269.000 Österreicherinnen und Österreichern unterzeichnet wurde und damit historisch gesehen im Mittelfeld aller Initiativen liegt. Die Hürde von 100.000 Unterschriften zur parlamentarischen Behandlung wurde klar genommen. Besprochen wird weiters der Bericht zur Konferenz zur Zukunft Europas mit dem Titel „Conference on the Future of Europe – National Best Practices on Communication“.

Integrationsangebote für Vertriebene aus Ukraine

Vertriebene aus der Ukraine werden in den Geltungsbereich des Integrationsgesetzes aufgenommen. Damit einher geht für sie, dass Deutschkurse angeboten werden müssen und dass ihnen Integrationsangebote sowie Orientierungskurse offeriert werden können. Darüber hinaus wird mit einer Adaptierung des Anerkennungs- und Bewertungsgesetzes die Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen oder Berufsqualifikationen von Ukrainerinnen und Ukrainern im Falle des Fehlens von Unterlagen erleichtert.