US-Präsident Joe Biden
AP/Susan Walsh
Biden in Asien

Nordkorea als große Unbekannte

Als erste Station seiner Asienreise ist US-Präsident Joe Biden am Freitag in Südkorea eingetroffen. Er wird zwar nicht nach Nordkorea reisen, doch ob und wie Machthaber Kim Jong Un auf Bidens Besuch in Südkorea antwortet, darüber wird spekuliert. Auch ein Atom- bzw. ein Raketentest scheint möglich. Für Kim eine gute Gelegenheit, von den Krisen im Land, darunter etwa einer stark wachsenden CoV-Welle, abzulenken und internationale Aufmerksamkeit zu bekommen.

Biden wird am Freitag in Südkorea erwartet. Am Sonntag wird der US-Präsident nach Japan weiterfliegen. Bei den Besuchen in den beiden Ländern soll das Thema Nordkorea im Mittelpunkt stehen, wie die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, im Vorfeld der Reise sagte.

In Südkorea trifft Biden mit dem neuen, im März gewählten südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol zusammen. Und dieser hat auch große wirtschaftliche Ambitionen in Richtung Nordkorea. Die demilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea werde Biden nicht besichtigen, hieß es im Vorfeld aus dem Weißen Haus.

Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un
APA/AFP/KCNA VIA KNS
Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un

Vorbereitung auf Atomtest soll bereits abgeschlossen sein

Nordkorea hat einem südkoreanischen Parlamentsabgeordneten zufolge unterdessen die Vorbereitungen auf einen Atomtest bereits abgeschlossen. „Sie suchen nur noch nach dem richtigen Zeitpunkt“, sagte Ha Tae Keung am Donnerstag vor Reportern. Er berief sich auf Informationen des südkoreanischen Geheimdienstes.

Zuvor hatte bereits die US-Regierung vor einem nordkoreanischen Atomwaffentest während der ersten Asienreise von Biden gewarnt. Das sei nach Einschätzung der US-Geheimdienste eine „echte Möglichkeit“, sagte Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan bereits am Mittwoch. Gleiches gelte für einen möglichen nordkoreanischen Raketentest. Die US-Streitkräfte seien aber vorbereitet, „kurz- und längerfristige Anpassungen“ vorzunehmen.

Nordkoreanischer Raketentest
APA/AFP/KCNA VIA KNS
Ein nordkoreanischer Raketentest auf einem im April offiziell freigegebenen Bild – wann es entstanden ist, ist unklar

Letzter Test mit Atomwaffe 2017

Die USA warnen schon seit Wochen, Nordkorea könne in nächster Zeit erstmals seit 2017 wieder einen Atomwaffentest vornehmen – das war damals der sechste solche Test. Das international weitgehend isolierte und mit harten Sanktionen belegte Land hatte in den vergangenen Monaten eine Reihe von Raketentests vorgenommen, darunter auch mit einer Interkontinentalrakete. Derzeit kämpft es allerdings mit einem heftigen CoV-Ausbruch.

Zuletzt hatte Nordkorea im September 2017 eine Atomwaffe getestet. Bidens Vorgänger Donald Trump hatte mit Nordkoreas Machthaber Kim erfolglos über eine nukleare Abrüstung verhandelt. Trump und Kim trafen sich sogar persönlich.

Yoons große Ambitionen für das Nachbarland

Südkoreas neuer Präsident Yoon will einen „kühnen Plan“ für den Wiederaufbau der nordkoreanischen Wirtschaft vorlegen, sollte das Nachbarland atomar abrüsten. Yoon warf Nordkorea bei seiner Rede Mitte Mai vor, mit seinem Atomwaffenprogramm die Sicherheit in der Region und darüber hinaus zu gefährden. Trotzdem werde „die Tür zum Dialog geöffnet bleiben, sodass wir diese Bedrohung friedlich lösen können“, sagte Yoon.

Wie genau der Plan der neuen Regierung für ihr abgeschottetes Nachbarland aussehen soll, ließ Yoon in seiner Rede vor dem Parlament zum Amtsantritt zunächst offen. Der Plan solle mit der internationalen Gemeinschaft ausgearbeitet werden und zum Ziel haben, die Lebensverhältnisse der Nordkoreaner und Nordkoreanerinnen zu verbessern. Pjöngjang müsse aber den Prozess zur kompletten Denuklearisierung beginnen, sagte Yoon.

Angelobung des südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-yeol
Reuters/Jeon Heon-Kyun
Der südkoreanische Präsidenten Yoon Suk Yeol bei seiner Angelobung

Unter Denuklearisierung verstehen die USA und ihre Verbündeten die Abrüstung des nordkoreanischen Atomprogramms. Schon frühere südkoreanische Regierungen hatten Pjöngjang mit der Aussicht auf größere Wirtschaftshilfen zum Einlenken im Atomstreit bewegen wollen. Die kommunistische Führung ging jedoch nicht darauf ein.

KCNA: Über zwei Millionen CoV-Ansteckungen

Derzeit hat Nordkorea offenbar mit einer großen CoV-Welle zu kämpfen. Die UNO hatte vor „verheerenden“ Folgen für die knapp 26 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des Landes gewarnt. Wie die Menschen bei einer Ausgangssperre versorgt werden, ist unklar. Zuvor war bereits von Panikkäufen berichtet worden.

Laut Meldung der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA vom Freitag wurden innerhalb von 24 Stunden mindestens 263.370 neue Fälle von Fieber gemeldet. Damit steigt die Zahl der Ansteckungen offiziellen Angaben zufolge auf 2,24 Millionen.

Seit Bekanntwerden der Pandemie in Nordkorea wurden laut KCNA insgesamt 63 Todesfälle gemeldet. Es gibt aber keine offizielle Bestätigung, ob die Erkrankten mit dem Coronavirus infiziert sind, da das Land nur über sehr geringe Testkapazitäten verfügt.

Nordkorea zentrales Thema bei Biden-Reise

US-Präsident Joe Biden wird bei seiner ersten Asienreise als US-Präsident zunächst in Südkorea und anschließend in Japan erwartet. Während seiner Reise wird Nordkorea ein zentrales Thema sein. Die US-Regierung hatte bereits vor einem nordkoreanischen Atomwaffentest während Bidens Asienaufenthalt gewarnt. Das sei nach Einschätzung der US-Geheimdienste eine „echte Möglichkeit“, so Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan vor Medienvertretern.

Auch gurgeln mit Salzwasser empfohlen

Das Land fährt die Produktion von Medikamenten und medizinischen Hilfsmitteln wie Sterilisatoren und Thermometern hoch, um den CoV-Ausbruch zu bekämpfen. Auch die Produktion traditioneller koreanischer Medikamente zur Linderung von Fieber und Schmerzen soll erhöht werden, wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA am Donnerstag meldete. Sie seien „wirksam zur Vorbeugung und Heilung der bösartigen Krankheit“.

In Ermangelung von Covid-19-Impfstoffen und -Medikamenten riefen die staatlichen Medien dazu auf, Schmerzmittel und Antibiotika zu verwenden sowie zu Hausmitteln zu greifen wie dem Gurgeln mit Salzwasser und dem Trinken von Weidenblättertee. „Tausende Tonnen Salz wurden schnellstens nach Pjöngjang transportiert, um eine antiseptische Lösung herzustellen“, meldete KCNA.

Südkorea und die USA haben Nordkorea ihre Hilfe angeboten, aber nach Angaben des stellvertretenden nationalen Sicherheitsberaters in Seoul keine Antwort erhalten. Angesichts einer offenbar rasanten Ausbreitung hatte Kim den staatlichen Medien zufolge die Reaktion seiner eigenen Behörden als mangelhaft kritisiert.