Anthony Albanese, Chef der Labor Party in Australien
Reuters/Jaimi Joy
Wende in Australien

Labor gewinnt Parlamentswahl

Australiens konservativer Premierminister Scott Morrison ist am Samstag abgewählt worden. Nun kehrt die sozialdemokratische Labor Party unter ihrem Vorsitzenden Anthony Albanese nach fast zehn Jahren zurück an die Regierungsspitze. Albanese kündigte einen entschlosseneren Kampf gegen Klimakrise und Inflation an.

Morrison räumte seine Niederlage bereits ein, nachdem klar war, dass Labor mindestens eine Minderheitsregierung bilden kann. Möglicherweise reicht es laut Berechnungen des TV-Senders ABC aber auch für eine Mehrheitsregierung.

„Dies ist eine schwere Nacht für die Liberalen“, sagte Morrison, der seit 2018 im Amt war. Er gratulierte Albanese per Telefon zum Sieg und kündigte selbst seinen Rücktritt vom Parteivorsitz an. Es sei ein Privileg gewesen, „diese großartige Nation zu führen“, so Morrison.

Nach aktuellen Berechnungen hat Labor 72 Sitze im Unterhaus sicher. Die Mehrheit liegt bei 76 Sitzen. Morrisons Koalition aus Liberalen und Nationalen kommt nach diesen Zahlen nur auf 55 Mandate und kann keine Mehrheit mehr bekommen. Elf Sitze entfallen auf die Grünen und unabhängige Bewerber.

Australier wählen Regierung ab

Nach der Parlamentswahl in Australien zeichnet sich ein Machtwechsel ab: Nach ersten Ergebnissen ist das national-liberale Bündnis von Premier Scott Morrison abgewählt worden.

Bei seiner Stimmabgabe hatte Albanese im Vorort Marrickville von Sydney gesagt, er sei angetreten, „um das Land zu verändern“. Er kündigte neben dem Kampf gegen den Klimawandel und die Inflation auch an, als Premier ein Referendum über die verbesserte Beteiligung indigener Gruppen an politischen Entscheidungsprozessen abhalten zu lassen.

Eine Krise jagte die nächste

Viele Australierinnen und Australier machen Morrison für die vergangenen drei schweren Krisenjahre verantwortlich. Diese begannen 2019 kurz nach seiner Amtsübernahme mit riesigen Feuern im Osten des Landes, durch die ein Gebiet der Größe Finnlands verbrannte.

Der abgewählte australische Premierminister Scott Morrison
Reuters/Loren Elliott
„Schwere Nacht“: Morrison räumte seine Niederlage ein

Kaum waren die Brände gelöscht, begann die Pandemie. Starke Verzögerungen beim Impfen führten zu verlängerten Lockdowns in den großen Städten des Landes und einer zwei Jahre andauernden Grenzschließung, die Familienmitglieder voneinander trennte und Australien den Ruf eines Einsiedlerstaates einbrachte. Auch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind für viele spürbar, die Arbeitslosenrate ist so hoch wie seit 48 Jahren nicht mehr.

Im Februar richteten Überschwemmungen schwere Schäden an Australiens Ostküste an. Die Regierung sah sich mit Vorwürfen konfrontiert, den Katastrophenopfern zu spät und nicht ausreichend geholfen zu haben.

Klima als wichtigstes Wahlkampfthema

Außerdem geriet angesichts der häufiger und heftiger werdenden Naturkatastrophen Morrisons Regierung wegen unzureichender Klimaschutzmaßnahmen in die Kritik. So wollte die konservative Regierung den Kohleexport so lange wie möglich fortsetzen. Umfragen zeigten aber wiederholt, dass die Bevölkerung mehrheitlich verstärkte Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels wünschen würde.

Morrison jedoch galt als Förderer der Kohleindustrie, aus der das Land rund 40 Prozent seiner Energie bezieht. Kritikern und Kritikerinnen des Kohleabbaus warf er vor, Hunderttausende Menschen zur Arbeitslosigkeit verdammen zu wollen. Viele Mitglieder der Liberalen gelten zudem als Leugner des menschengemachten Klimawandels.

Albanese, der seit 1996 im Repräsentantenhaus sitzt, versprach hingegen, den Kampf gegen den Klimawandel zu einem zentralen Punkt seiner Amtszeit zu machen, sollte er gewählt werden. Die Position seiner Labor-Partei allerdings unterschied sich bisher allerdings nicht wesentlich von jener Morrisons; Albanese erklärte im Wahlkampf auch, dass die Partei neue Minen unterstützen würde, wenn sie sich „ökologisch und dann auch wirtschaftlich rechnen“.

Stete Probleme mit Peking

Neben dem Umweltthema nahm vor allem China eine große Rolle im Wahlkampf ein – aus guten Gründen: Die Beziehungen beider Länder haben sich in den vergangenen Jahren im Ringen um die Vormachtstellung im Indopazifik stetig verschlechtert. Der Tiefschlag erfolgte ausgerechnet zu Beginn des Wahlkampfs: China schloss ein Sicherheitsbündnis mit den Salomonen, was es Peking ermöglichen würde, Militärbasen auf den Inseln nordöstlich von Australien zu errichten – auch wenn die Salomonen und Peking bestreiten, solche Pläne zu haben.

Das Thema ist so heikel, dass in den ersten Wahlkampfwochen die Erwähnung Chinas in den australischen Medien jene der Klimakrise übertraf, wie das Medienintelligenzunternehmen Isentia festhielt. Labor nutzte das Abkommen, um Stimmung gegen die Koalition zu machen, und bezeichnete es als „massives außenpolitisches Versagen“, in das die Regierung sehenden Auges geschlittert sei.