NATO-Flagge in Brüssel
AP/Geert Vanden Wijngaert
NATO-Norderweiterung

Türkei stellt Forderungen

Auf dem Weg Finnlands und Schwedens in die NATO gehen die diplomatischen Bemühungen hektisch weiter. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der den Beitrittsprozess der beiden Kandidatenländer abbremst, stellte am Samstag Forderungen, um seine Blockade zu beenden.

Erdogan rief Finnland und Schweden in Telefonaten zur Beendigung ihrer Unterstützung für „terroristische“ Gruppen auf. Die Türkei erwarte von Schweden, dass das Land „konkrete und ernsthafte Schritte unternimmt“, die zeigten, dass es Ankaras Befürchtungen bezüglich der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihrer irakischen und syrischen Ableger ernst nehme, sagte Erdogan laut der türkischen Präsidentschaft im Gespräch mit der schwedischen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson.

Damit meint er hauptsächlich die Kurdenmiliz YPG in Syrien, die Ankara als terroristische Gruppierungen betrachtet. Der NATO-Bündnispartner USA hingegen arbeitet eng mit der YPG in Syrien zusammen. Nach einer türkischen Militäroffensive gegen die YPG 2019 hatten unter anderem Schweden, Finnland und Deutschland Waffenexporte an die Türkei beschränkt. Im Gespräch behauptete Erdogan zudem erneut, dass Schweden Anhänger des islamischen Geistlichen Fethullah Gülen unterstütze. Die türkische Führung macht die Gülen-Bewegung für den Putschversuch von 2016 gegen den Präsidenten verantwortlich.

Schweden gibt sich offen

Schwedens politische und finanzielle Unterstützung sowie Waffenlieferungen für „terroristische Organisationen“ müssten enden, sagte Erdogan. Zugleich forderte er Andersson auf, für die Rüstungsindustrie geltende Restriktionen aufzuheben.

Andersson sagte anschließend dem schwedischen Sender SVT, sie habe betont, dass Schweden eine Zusammenarbeit im Kampf gegen den internationalen Terrorismus begrüße und eindeutig hinter dem Kampf gegen den Terrorismus sowie der Einstufung der verbotenen Partei PKK als Terrororganisation stehe.

In einem Telefonat mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö sagte Erdogan, es sei „unvereinbar mit dem Geist der Freundschaft und des Bündnisses“, vor „Terrororganisationen“, die eine Bedrohung für einen NATO-Verbündeten darstellten, die Augen zu verschließen.

Türkei blockiert weiter NATO-Beitritte

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg intensiviert seine Überzeugungsarbeit gegenüber der Türkei. Er hat am Samstag mit Präsident Erdogan telefoniert, der bisher den geplanten Beitritt Finnlands und Schwedens zur NATO blockiert. Dieses Vorhaben geschieht unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. Auf dem Schlachtfeld verschlimmern sich unterdessen die Kämpfe im Osten der Ukraine.

NATO diplomatisch

Erdogan telefonierte auch mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. „Solange Schweden und Finnland nicht deutlich zeigen, dass sie in grundlegenden Fragen, insbesondere im Kampf gegen den Terrorismus, solidarisch mit der Türkei sind, werden wir die NATO-Mitgliedschaft dieser Länder nicht positiv betrachten“, sagte Erdogan laut Angaben seines Büros. Stoltenberg teilte auf Twitter mit, er habe mit Erdogan über die Bedeutung der „offenen Tür der NATO“ gesprochen.

Grafik zu NATO-Mitgliedern
Grafik: APA/ORF.at

„Wir sind uns einig, dass die Sicherheitsbedenken aller Verbündeten berücksichtigt werden müssen und die Gespräche fortgesetzt werden müssen, um eine Lösung zu finden“, erklärte Stoltenberg.

Finnland und Schweden hatten am Mittwoch gemeinsam ihre Mitgliedsanträge bei der NATO eingereicht. Die beiden nordischen Länder wollen dem westlichen Militärbündnis unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine beitreten. Ursprünglich hatte die NATO gehofft, die Botschafter der 30 Mitgliedsländer könnten die Einladung an Finnland und Schweden nach dem Beitrittsantrag sehr schnell aussprechen. Erdogan jedoch verzögert den Prozess. Doch auch Kroatien liebäugelt mit einer Blockade.

Russland stoppte Gaslieferung an Finnland

Finnland spürt indes bereits die Reaktion Russlands auf seine NATO-Bewerbung. Die russischen Gaslieferungen nach Finnland wurden eingestellt. Der russische Staatskonzern Gasprom machte damit am Samstag seine Ankündigung vom Vortag wahr. Offiziell war der Grund, dass Finnland sich weigere, die Lieferungen in Rubel zu bezahlen. Da Finnland nicht sehr stark von russischem Gas abhängig ist, ist die Versorgung nicht wesentlich beeinträchtigt.