Australischer Wahlsieger Anthony Albanese (sozialdemokratische Labor Party)
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Neuer Premier Albanese

Australien vor radikaler Wende in Klimapolitik

Nach der Abwahl der konservativen Regierungskoalition steht Australien vor einer markanten politischen Wende in der Klimapolitik. Der neue designierte Premierminister Anthony Albanese von der Labor Party, der schon am Montag angelobt werden soll, kündigte am Wochenende einen radikalen Kurswechsel an.

Während sich sein abgewählter Vorgänger Scott Morrison von der Liberal Party der Kohleindustrie verpflichtet sah, wolle er Australien zu einer „Supermacht der erneuerbaren Energie machen“, sagte Albanese. Die Klimapolitik war zentrales Wahlkampfthema von Labor, nachdem Australien seit Jahren von Bränden und Überschwemmungen heimgesucht wurde.

In seiner Siegesrede kündigte „Albo“, so der Spitzname des 59-jährigen Labor-Chefs, den Kurswechsel an. „Gemeinsam können wir die Klimakriege beenden“, sagte er vor jubelnden Anhängerinnen und Anhängern. „Gemeinsam können wir die Chance nutzen, Australien zu einer Supermacht für erneuerbare Energien zu machen.“

Großinvestitionen angekündigt

Großinvestitionen in „grüne“ Energie hatte er schon im Wahlkampf versprochen. „Ja, aber wie will er das alles bezahlen?“, fragte der renommierte „Sydney Morning Herald“ am Sonntag nach der Wahl. Albanese habe von Morrison schließlich nicht nur ein großes Haushaltsdefizit, sondern auch eine enorme Staatsverschuldung „geerbt“.

Für den abgewählten Liberalen Morrison sei die Parlamentswahl zu einem Referendum über ihn geworden, hieß es in Pressekommentaren, etwa im „Sunday Telegraph“. Das Ergebnis sei zu einem „Blutbad“ für seine Koalition mit der National Party geworden.

Morrison geht auch als Parteichef

Morrison kündigte nach Bekanntwerden seiner Niederlage auch den Rücktritt als Parteichef der Liberalen an. „Dies ist eine schwere Nacht für die Liberalen“, sagte Morrison, der seit 2018 im Amt war. Er gratulierte Albanese per Telefon zu dessen Sieg. Es sei ein Privileg gewesen, „diese großartige Nation zu führen“.

Der abgewählte australische Premierminister Scott Morrison
Reuters/Loren Elliott
„Schwere Nacht“: Morrison räumte seine Niederlage ein

Ein Endergebnis für die Wahl vom Samstag lag am Sonntag noch nicht vor, es wurden immer noch Stimmen ausgezählt und es war auch nicht klar, ob Albaneses Labor die 76 für eine Mehrheit im Unterhaus des Parlaments mit seinen 151 Sitzen notwendigen Mandate erreichen werden.

Neuer Premier wird schon am Montag vereidigt

Ein endgültiges Resultat könnte erst in ein paar Tagen vorliegen, hieß es am Sonntag. Es müssten noch drei Millionen Briefwahlstimmen ausgezählt werden. Trotzdem soll Albanese schon am Montag als neuer Regierungschef vereidigt werden.

Nach aktuellen Berechnungen hat Labor 72 Sitze im Unterhaus sicher. Morrisons Koalition aus Liberalen und Nationalen kommt nach diesen Zahlen nur auf 55 Mandate und kann keine Mehrheit mehr bekommen. Elf Sitze entfallen auf die Grünen und unabhängige Bewerber.

Eine Krise jagte die nächste

Viele Australierinnen und Australier machten Morrison für die vergangenen drei schweren Krisenjahre verantwortlich. Diese begannen 2019 kurz nach seiner Amtsübernahme mit riesigen Bränden im Osten des Landes, durch die ein Gebiet der Größe Finnlands verbrannte.

Feuerwehrmann vor einem Buschfeuer in Australien
APA/AFP/Western Australia Department Of Fire And Emergency Services/Sean Blocksidge
In Australien wüteten in den letzten Jahren mehrfach riesige Buschbrände

Kaum waren die Brände gelöscht, begann die Pandemie. Starke Verzögerungen beim Impfen führten zu verlängerten Lockdowns in den großen Städten des Landes und einer zwei Jahre andauernden Grenzschließung, die Familienmitglieder voneinander trennte und Australien den Ruf eines Einsiedlerstaates einbrachte. Auch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind für viele spürbar, die Arbeitslosenrate ist so hoch wie seit 48 Jahren nicht mehr. Im Februar richteten Überschwemmungen schwere Schäden an Australiens Ostküste an. Die Regierung sah sich mit Vorwürfen konfrontiert, den Katastrophenopfern zu spät und nicht ausreichend geholfen zu haben.

Klima als wichtigstes Wahlkampfthema

Außerdem geriet angesichts der häufiger und heftiger werdenden Naturkatastrophen Morrisons Regierung wegen unzureichender Klimaschutzmaßnahmen in die Kritik. So wollte die konservative Regierung den Kohleexport so lange wie möglich fortsetzen. Umfragen zeigten aber wiederholt, dass die Bevölkerung mehrheitlich verstärkte Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels wünschen würde.

Morrison jedoch galt als Förderer der Kohleindustrie, aus der das Land rund 40 Prozent seiner Energie bezieht. Kritikern und Kritikerinnen des Kohleabbaus warf er vor, Hunderttausende Menschen zur Arbeitslosigkeit verdammen zu wollen. Viele Mitglieder der Liberalen gelten zudem als Leugner des menschengemachten Klimawandels.

Albanese, der seit 1996 im Repräsentantenhaus sitzt, versprach hingegen, den Kampf gegen den Klimawandel zu einem zentralen Punkt seiner Amtszeit zu machen, sollte er gewählt werden. Die Position seiner Labor-Partei unterschied sich bisher allerdings nicht wesentlich von jener Morrisons; Albanese erklärte im Wahlkampf auch, dass die Partei neue Minen unterstützen würde, wenn sie sich „ökologisch und dann auch wirtschaftlich rechnen“.