Zwei Kinder sitzen an einem halb ausgetrockneten See
Reuters/Ahmad Masood
„Erwarte das Unerwartete“

Forscher sehen neues Zeitalter der Krisen

Die Expertinnen und Experten des Stockholmer Friedensforschungsinstituts (SIPRI) sehen die Menschen in eine unsichere Zukunft gehen. In ihrem neuen Bericht ist von einer „neuen Ära komplexer und oft unvorhersehbarer Risiken“ die Rede. Die Entscheidungsträger seien darauf nicht ausreichend vorbereitet, so das Fazit.

Das Institut, das für seine regelmäßigen Berichte über Rüstungsentwicklungen bekannt ist, zeigt in der neuen Publikation eine gefährliche Mischung aus Umwelt- und Sicherheitskrisen auf. Sie berge komplexe Risiken für den Frieden auf der Welt. Auf dieses „neue Zeitalter der Risiken“ seien Entscheidungsträger nicht vorbereitet, so die Forschenden, die auf bessere internationale Zusammenarbeit pochen.

Schwedens frühere Außenministerin und EU-Umweltkommissarin Margot Wallström schrieb im Vorwort des Berichts: „Die Mischung ist giftig, tiefgreifend und schädlich. Und Institutionen mit der Macht, Lösungen zu finden, wachen viel zu langsam auf.“

Dürre zieht Kettenreaktion nach sich

Der Zusammenhang zwischen den beiden Herausforderungen sei hinlänglich bekannt, der Bericht „Umwelt des Friedens“ mache aber dessen Komplexität und Umfang deutlich, erklärte SIPRI-Direktor Dan Smith. Die Menschheit beginne gerade erst zu verstehen, welche Auswirkungen die „sich verdunkelnde“ Sicherheitslage in Kombination mit der Klimakrise auf den weltweiten Frieden habe.

Als Beispiele werden etwa die anhaltende Dürre und andere klimatische Veränderungen in Somalia genannt, die – in Verbindung mit Armut, fehlender Notfallvorsorge und schwacher Regierungsführung – die Bevölkerung direkt in die Arme der islamistischen Terrorgruppe al-Schabab getrieben hätten. Auch in der Sahelzone führe Trockenheit zu vermehrt gewaltsamen Konflikten über Ackerland und Wasser. In Zentralamerika würden die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ernte zu größeren Flüchtlingsbewegungen Richtung USA führen.

Ökologisch bedrohte Länder am meisten gefährdet

Statistisch gesehen seien jene Staaten am meisten gefährdet, in denen auch die ökologische Bedrohung am größten ist, konstatiert der Bericht, der im Zuge des neunten Stockholmer Forums über Frieden und Entwicklung präsentiert wird. Sie müssten deshalb besonders unterstützt werden. „Finanzieren Sie Frieden und nicht Risiken“ wie etwa die Subventionierung fossiler Brennstoffe oder Waldrodung, lautet eine Empfehlung.

Zudem sei eine bessere internationale Kooperation essenziell, um die Risiken der aktuell „toxischen geopolitischen Landschaft“ besser zu managen. „Inmitten der eskalierenden globalen Krisen kann keine Regierung das Wohlergehen seiner Bürger ohne internationale Zusammenarbeit sicherstellen“, so Helen Clark, Ex-Regierungschefin Neuseelands und Mitglied des Beratergremiums für den SIPRI-Bericht.

Vorbereiten auf Unerwartetes

„Erwarte das Unerwartete“ empfiehlt das Stockholmer Friedensinstitut weiters. Die Pandemie habe gezeigt, dass Vorbereitung auf neue, unerwartete Krisen wichtig sei und Schaden begrenzen könne. Als Beispiel diene Südkorea, das wegen seiner früheren Erfahrungen mit Epidemien in der Coronavirus-Krise besser davongekommen sei. Vorausschauende Politik sei ebenso wichtig wie kurzfristige Handlungen.

„Viele Umweltexperten argumentieren, dass wir gerade an einem entscheidenden Punkt stehen: Wir können die Umweltkrise ihren Lauf nehmen lassen oder das Problem jetzt erkennen und etwas dagegen tun“, so Smith. „Die schlechte Nachricht ist, dass dieser extrem wichtige Moment in eine Zeit fällt, in der die internationale Politik in einem furchtbaren Zustand ist.“