US-Präsident Joe Biden in Japan
APA/AFP/Saul Loeb
Bei Angriff Chinas

Biden: Stehen Taiwan militärisch bei

US-Präsident Joe Biden hat China mit ungewohnt klaren Worten vor einem Angriff auf Taiwan gewarnt. Die USA würden in diesem Fall Taiwan auch militärisch verteidigen, sagte Biden am Montag in Tokio. China habe kein Recht, sich Taiwan mit Gewalt einzuverleiben, so Biden. Pekings Reaktion auf die Äußerungen folgte prompt und scharf.

Auf die Frage, ob die USA Taiwan im Angriffsfall auch militärisch verteidigen würden, sagte Biden in einer Pressekonferenz mit dem japanischen Regierungschef Fumio Kishida: „Ja.“ Auf Nachfrage unterstrich er: „Das ist eine Verpflichtung, die wir eingegangen sind.“ Eine solche Beistandszusage würde eine Abkehr der bisherigen US-Politik andeuten, in der sich die USA aus strategischen Gründen nicht eindeutig festlegen.

Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg sagte Biden, eine gewaltsame Einnahme Taiwans würde die ganze Region destabilisieren und dem ähneln, was in der Ukraine passiert sei. Auch als Signal an China sei es „wichtig, dass (Russlands Präsident Wladimir, Anm.) Putin einen Preis für seine Barbarei in der Ukraine zahlt“, sagte Biden. Es gehe „nicht nur um die Ukraine“, denn China beobachte, ob der westliche Druck auf Russland nachlasse.

Joe Biden und Fumio Kishida
Reuters/Jonathan Ernst
Biden machte seine Äußerungen auf einer Pressekonferenz mit dem japanischen Regierungschef Fumio Kishida in Tokio

„Wir halten daran fest, den Frieden und die Stabilität um die Taiwanstraße zu unterstützen und sicherzustellen, dass es keine einseitige Veränderung des Status quo gibt“, sagte der US-Präsident in Bezug auf die Meerenge zwischen dem chinesischen Festland und Taiwan. Chinas Verhalten, darunter Militärmanöver und Flüge nahe der Insel, „flirtet mit der Gefahr“, sagte er. Er gehe aber nicht davon aus, dass China tatsächlich versuchen werde, Taiwan anzugreifen.

Biden-Mitarbeiter rudert zurück

Bidens Berater schienen während Bidens Äußerungen unruhig zu werden. Einige von ihnen blickten zu Boden, als sich der Präsident scheinbar eindeutig äußerte. Anschließend sagte ein Mitarbeiter des Weißen Hauses, es gebe keine Änderung der US-Politik. Biden hatte sich schon im Oktober ähnlich zur Verteidigung Taiwans geäußert. Auch damals hatte ein Regierungssprecher gesagt, Biden habe damit keine Änderung der US-Politik angekündigt. Ein Experte hatte Bidens Äußerung damals als „Fauxpas“ bezeichnet.

Biden: Würden Taiwan verteidigen

US-Präsident Joe Biden hat bei einer Pressekonferenz mit Japans Premierminister Fumio Kishida betont, dass die Vereinigten Staaten Taiwan bei einem Angriff militärisch verteidigen würden. Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg würde eine gewaltsame Einnahme Taiwans die ganze Region destabilisieren und dem ähneln, was in der Ukraine passiert sei, sagte Biden.

Die USA haben sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet – was bisher vor allem Waffenlieferungen bedeutete. Die Frage nach einem militärischen Beistand im Angriffsfall wurde bewusst offengelassen, weil es von Peking als Verstoß gegen die „Ein-China-Doktrin“ gesehen würde. Mit dieser „strategischen Mehrdeutigkeit“ sollte Peking unsicher bleiben, was die USA im Kriegsfall tun würden. Eine formelle militärische Beistandserklärung haben die USA in Asien bisher den engen Verbündeten Japan und Südkorea vorbehalten. Dort haben die US-Streitkräfte auch jeweils eine Militärpräsenz.

China warnt: "Entschlossenheit nicht unterschätzen

China drücke seine „starke Unzufriedenheit“ über die Bemerkungen der USA aus, reagierte der chinesische Außenminister Wang Yi laut dem Staatssender CCTV auf Bidens Worte. China habe „keinen Raum für Kompromisse oder Zugeständnisse“, wenn es um Kerninteressen der Souveränität und territorialen Integrität gehe. „Niemand sollte die starke Entschlossenheit, den festen Willen und die mächtigen Fähigkeiten des chinesischen Volkes unterschätzen“, warnte Wang. „Man darf sich nicht gegen 1,4 Milliarden Chinesen stellen.“ Die Taiwan-Frage sei für China eine rein interne Angelegenheit.

Taiwan begrüßt Bidens Worte

Taiwan begrüßte Bidens Aussagen indes. Man danke der US-Regierung für die Bekräftigung ihres Taiwan-Engagements, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Taiwan werde zudem seine Maßnahmen zur Verteidigung weiter verstärken und die Zusammenarbeit mit Ländern wie den USA und Japan vertiefen, um seine Sicherheit zu gewährleisten.

Der Konflikt um den Status Taiwans geht auf den Bürgerkrieg in China zurück, als die Truppen der nationalchinesischen Partei (Kuomintang) unter Chiang Kai-shek nach ihrer Niederlage gegen die Kommunisten Mao Zedongs nach Taiwan geflüchtet waren und sich von China abgespalten hatten. Seit Gründung der Volksrepublik 1949 betrachtet Peking die Insel als abtrünnigen Landesteil. In einem im Juli 2019 vorgelegten Weißbuch wiederholte Peking Drohungen, die Inselrepublik gegebenenfalls auch mit militärischer Gewalt zurückzuerobern. Die „vollständige Wiedervereinigung Taiwans mit China ist im Grundinteresse Chinas“, hieß es.

USA prüfen Abschaffung von Trumps China-Strafzöllen

Angesichts der hohen Inflation prüft die US-Regierung die Abschaffung mancher unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump eingeführten Strafzölle auf Importe aus China. „Ich erwäge das. Wir haben keinen dieser Zölle verhängt, sie wurden von der letzten Regierung verhängt“, sagte Biden am Montag in Tokio. Er werde das nach seiner Rückkehr aus Asien mit Finanzministerin Janet Yellen besprechen.

Yellen hatte bereits Ende April gesagt, die Regierung tue, was in ihrer Macht stehe, um die Teuerungsrate zu senken. Dazu gehöre auch eine „sorgfältige“ Überprüfung der Handelsstrategie gegenüber China. Dabei sei es angebracht, die Zölle zu überprüfen, weil das mit Blick auf die Inflation „einige wünschenswerte Effekte“ hätte, sagte Yellen. Es werde daher geprüft, manche der Zölle wieder abzuschaffen.

Trump verhängte 2018 erste Strafzölle auf chinesische Importe und begann damit einen Handelskrieg der zwei weltgrößten Volkswirtschaften. Er wollte das hohe US-Handelsdefizit gegenüber China senken und warf Peking unfaire Handelsmethoden vor. Schon ein Jahr später galten auf fast alle Importe aus China im Wert von damals mehr als 500 Milliarden US-Dollar (rund 470 Mrd. Euro) Strafzölle. Peking reagierte ebenfalls mit neuen Abgaben auf US-Importe.

Wirtschaftsinitiative für Indo-Pazifik-Region

Im Rahmen von Bidens Besuch in Japan riefen die USA auch eine neue Initiative zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit in der Indo-Pazifik-Region unter ihrer Führung ins Leben. Mit dem Indo-Pacific Economic Framework (IPEF) genannten Rahmenabkommen, dem auch Japan, Australien, Indien und neun weitere Staaten angehören, wollen die USA einen Gegenpol zum wachsenden Einfluss Chinas in der Region schaffen. Biden gab in Tokio den Startschuss für die Initiative.

Am Dienstag ist Bidens Teilnahme an einem Gipfeltreffen der Quad-Allianz geplant – einem regionalen Bündnis, dem neben den USA Australien, Indien und Japan angehören. Dazu reisen auch Indiens Regierungschef Narendra Modi und Australiens frisch vereidigter neuer Premier Anthony Albanese an. Zuvor hatte Biden bereits Südkorea besucht, wo er angesichts der Raketentests Nordkoreas erweiterte gemeinsame Militärmanöver in Aussicht stellte. Die USA warnen zudem seit Wochen, Nordkorea könne bald erstmals seit 2017 wieder einen Atomwaffentest vornehmen.