Personen bei einem Vortrag
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Weiterbildung

Betriebe zahlten weniger, Beschäftigte mehr

Der Anteil der Firmen an den Kosten für die betriebliche Weiterbildung der Beschäftigten ist laut einer Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) gesunken, die Arbeitskräfte haben dafür selbst tiefer in die Tasche gegriffen. Kritik daran kam am Montag von der Arbeiterkammer, die einen „massiven Investitionsrückstau“ ortet.

Unternehmen in Österreich seien „immer weniger bereit, in die Qualifikation ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu investieren“, sagte AK-Wien-Bildungsbereichsleiterin Ilkim Erdost. „Der chronische Fachkräftemangel, den manche Branchen regelmäßig beklagen, ist oft hausgemacht“, so Erdost weiter. Sie verwies auf eine Studie zur Finanzierung von Erwachsenen- und Weiterbildung des IHS von Juni 2021. Die Ausgaben für Erwachsenen- und Weiterbildung stiegen in Österreich laut IHS-Bericht nur leicht von 2,18 Mrd. Euro (2009) auf 2,26 Mrd. Euro (2018).

Der Anteil der Unternehmen an der Finanzierung der Weiterbildung ging aber von 41 auf 31 Prozent stark zurück, der Anteil des Arbeitsmarktservice (AMS) sank von 20 auf 14 Prozent. Der Staatsanteil (Bund, Länder und Gemeinden) stieg leicht von zehn auf zwölf Prozent.

Ausgabenanteil der Beschäftigten stieg

Die Arbeitskräfte greifen für Weiterbildung zunehmend in die eigene Tasche. Der Ausgabenanteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schnellte von 29 auf 42 Prozent hinauf. Zum Vergleich: In Deutschland lag der Anteil der Unternehmen bei der Weiterbildungsfinanzierung im Jahr 2018 bei 44 Prozent, in Schweden bei 39 Prozent und in Finnland bei 37 Prozent.

Die Arbeiterkammer fordert höhere Weiterbildungsausgaben von Unternehmen und der öffentlichen Hand, und es soll ein Weiterbildungsfonds eingerichtet werden, in den die Firmen einzahlen. Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen außerdem das Recht auf eine Woche Weiterbildung pro Jahr in der bezahlten Arbeitszeit bekommen.

AK plädiert für Finanzierungsgeld

Weiters plädiert die AK für ein Qualifizierungsgeld von monatlich 1.500 Euro für drei Jahre Aus- und Weiterbildung. „Überfällig ist eine gezielte Steuerung durch den Arbeits- und Wirtschaftsminister“, sagte die AK-Vertreterin. Der Investitionsrückstau der Unternehmen bei der Weiterbildungsfinanzierung habe sich in der CoV-Krise noch erhöht, warnte Erdost.

Die AK hofft, dass aufgrund des Arbeitskräftemangels künftig mehr Betriebe bereit sind, in Weiterbildung zu investieren. „Wer gut qualifiziertes und motiviertes Personal will, muss auch bereit sein, etwas dafür zu tun und in Aus- und Fortbildung ebenso wie in bessere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen zu investieren“, so AK-Vertreterin Erdost.

Arbeitskräftemangel in Gastronomie und Tourismus

Besonders betroffen vom Personalmangel sind aktuell die Gastronomie und der Tourismus. Laut AMS hat sich die Personallücke in diesen Branchen seit 2018 verdoppelt, die Folge sind mehr Ruhetage, kleinere Gastgärten und ein reduziertes Angebot. Nach den aktuellen AMS-Zahlen vom April fehlen derzeit 15.555 Beschäftigte.

Die Zahl der unselbstständig in der Branche Beschäftigten blieb mit gut 185.000 bzw. nun gut 188.000 Menschen nahezu gleich. Die Pandemie hat den Arbeitskräftemangel noch verschärft. Im April vor drei Jahren fehlten in Gastronomie und Tourismus mit 8.600 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen nur halb so viele wie jetzt. Laut Branche fehlen derzeit sogar 35.000 Personen, die in Gastronomie und Tourismus eingesetzt werden können.

„Die Knappheit an Arbeitskräften wird die Branche wohl noch auf längere Zeit begleiten“, so die Einschätzung von AMS-Chef Johannes Kopf. „Betrieben kann nur geraten werden, sich diesen Tatsachen zu stellen und an Konzepten zu arbeiten, wie sie ihre Arbeitgeberattraktivität erhöhen können“ – mehr dazu in oesterreich.ORF.at.