Kinderschutz: Rechtslage kann potenzielle Täter begünstigen

Vor Kurzem ist ein Sporttrainer am Landesgericht Wiener Neustadt (Niederösterreich) wegen Vergewaltigung und schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden.

Dass es die aktuelle Rechtslage in diese Richtung vorbelasteten Männern manchmal recht einfach macht, sich ein Gelegenheitsverhältnis zu schaffen, zeigen Recherchen der APA. Wer als Einzelunternehmer Sport- und Freizeitaktivitäten anbietet, wird praktisch nicht kontrolliert.

Verurteilter Täter als Kletterlehrer für Kinder

So bewirbt etwa ein eigenen Angaben zufolge zertifizierter Outdoor-Guide und Kletterlehrer seine Feriencamps und Workshops für Kinder. „Wir übernehmen die Aufsichtspflicht“, wird im Internet versprochen. Nicht erwähnt wird, dass der Mann 2010 wegen geschlechtlicher Nötigung, sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses verurteilt wurde. Die Vorstrafe ist mittlerweile getilgt.

Im Vorjahr wurde gegen ihn allerdings wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen ermittelt – dieses Verfahren wurde im November 2021 eingestellt, „weil das Opfer, um das es gegangen ist, ihn nicht wiedererkannt hat“, wie die zuständige Staatsanwaltschaft im Gespräch mit der APA sagte.

Obwohl der Mann bereits die Justiz wegen erwiesenen bzw. vermuteten übergriffigen Verhaltens gegenüber Kindern und Jugendlichen beschäftigt hat, betreibt er seit 2019 ein Einzelunternehmen für „Sport- und Freizeitunterricht“, wie es im Firmenbucheintrag heißt.

In den kommenden Sommerferien bietet er mehrtägige Camps für Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren an. Sämtliche Termine sind ausgebucht. Man kann sich nur noch auf eine Warteliste setzen lassen.

Überprüfung kaum möglich

Spricht man Kinder- und Jugendschutzeinrichtungen und auf Opferrechte spezialisierte Juristinnen und Juristen darauf an, äußern sich diese besorgt bis alarmiert. Um dann darauf zu verweisen, dass bei einem Einzelunternehmer, der ein freies Gewerbe betreibt und Freizeit- oder Sportkurse für Kinder anbietet, praktisch nicht überprüfbar ist, ob er überhaupt die dafür erforderlichen pädagogischen Fähigkeiten mitbringt und – was den unmittelbaren Umgang mit Kindern betrifft – in strafrechtlicher Hinsicht unbedenklich ist.

Fälle, dass ein früher in Richtung Kindesmissbrauch in Erscheinung Getretener bzw. Verdächtiger als Coach oder Outdoor-Guide auftritt und dann wieder straffällig wird, „kommen vor“, heißt es etwa seitens der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft (KJA). „Wir hatten solche Fälle schon“, sagte KJA-Sprecherin Sonja Benyes.

Das Kinderschutzzentrum Möwe empfiehlt in diesem Zusammenhang Eltern und Erziehungsberechtigten, bei Freizeit- und Feriencamp-Angeboten darauf zu achten, ob diese ein Kinderschutzkonzept enthalten, zu dem sich die Anbieter auch verpflichtet fühlen. Wünschenswert wäre aus Sicht der Möwe in diesem Kontext die Einführung eines „Gütesiegels“, mit Hilfe dessen sich seriöse, das Kindeswohl garantierende Anbieter erkennen lassen.