Barbara Göth-Flemmich im U-Ausschuss, ÖVP Untersuchungsausschuss
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ÖVP-U-Ausschuss

Pilnaceks Nachfolgerin sieht keine „Netzwerke“

Am Dienstag geht der ÖVP-U-Ausschuss mit Auskunftspersonen aus der Justiz in eine neue Befragungsrunde. Auf Verlangen der ÖVP war zunächst Sektionschefin Barbara Göth-Flemmich geladen, die Nachfolgerin von Christian Pilnacek. Der ÖVP ging es vor allem darum zu zeigen, dass eventuelle Einflussnahmen auf die Justiz nicht durch ÖVP-Kreise erfolgten, sondern durch Ministerin Alma Zadic (Grüne).

Eigentlich hätte am Dienstag Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) auf dem Sessel der Auskunftsperson Platz nehmen sollen – statt wie üblich auf jenem des Ausschussvorsitzenden. Sobotka aber „musste leider ganz dringend nach Großbritannien reisen, um Prinz Charles selbst gezogene Rosen zu schenken“, so die FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst zu Beginn des Ausschusstages.

Sobotka war also durch eine Dienstreise verhindert, statt seiner erschien am Dienstag Göth-Flemmich. Über sie hatte einst Ex-Justizsektionschef Pilnacek in einem Chat geschrieben, sie sei „seine Erfindung“ gewesen. Pilnacek hatte die damalige Abteilungsleiterin ins Ministerium geholt und sie zu seiner Stellvertreterin gemacht. 2020 übernahm Göth-Flemmich von Pilnacek die Aufsicht über die Sektion für Einzelstrafsachen, nachdem Zadic die mächtige Strafrechtssektion nach anhaltender Kritik zweiteilte.

ÖVP: Drei Beispiele für Zadics Einflussnahme

Die Ladung Göth-Flemmichs erfolgte auf ÖVP-Verlangen. Ihre Befragung solle zeigen, dass es tatsächlich Einflussnahmen der Politik auf die Justiz gegeben habe, so ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger. Nicht jedoch, wie die Opposition meint, vonseiten der ÖVP, sondern von Zadic selbst, so Hanger.

So habe Zadic Oberstaatsanwalt Johann Fuchs per Weisung suspendiert, nachdem das von der Opposition gefordert wurde. Diese Suspendierung wurde später vom Obersten Gerichtshof (OGH) wieder aufgehoben. Auch ein Strafantrag gegen Fuchs sei dem Weisungsrat nach dessen Kritik nicht erneut vorgelegt worden, ebenfalls auf Weisung Zadics. Zudem habe die Ministerin per Weisung verhindert, dass ein Verfahren gegen Pilnacek eingestellt wird, so Hanger.

Opposition mit „völlig anderer Wahrnehmung“

Die Opposition teilte diese Ansicht freilich nicht. SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer sprach in Hinblick auf die Ladungen durch die ÖVP von einem „interessanten Experiment“. Die ÖVP wolle zeigen, dass Pilnacek und Fuchs „alles richtig gemacht“ hätten. Das sehe man seitens der SPÖ grundlegend anders. Auch NEOS-Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper verwies auf eine „völlig andere Wahrnehmung der ÖVP“. An Göth-Flemmich werde man nicht viele Fragen haben.

Andreas Hanger (ÖVP)
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Hanger befragte Göth-Flemmich zur Bedeutung von Zadics Weisungen

Göth-Flemmich zeigte sich ohnehin wortkarg, was die Konflikte zwischen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien unter Fuchs und dem Ministerium betrifft. Vieles habe sie nur durch Gespräche erfahren, eigene Wahrnehmungen zu den Spannungen, die in Österreich so schwere Konsequenzen hatten, habe sie nicht. Auch von einem „System Pilnacek“, also dem von der Opposition georteten „schwarzen Netzwerk“ in der Justiz, wisse sie nichts. Jemand, der in einer Behörde „strukturell befangen“ sei, habe „kein Standing“, so Göth-Flemmich recht allgemein. Unter der Kollegenschaft würden solche Vorgänge „mit Argusaugen“ beobachtet. Hanger sah sich dadurch bestätigt und meinte, damit hätten schon zahlreiche Auskunftspersonen ein derartiges System nicht wahrgenommen.

Zuständigkeiten zwischen Wien und Innsbruck

Zum Strafantrag gegen Fuchs bestätigte Göth-Flemmich, dass dieser nicht erneut dem Weisungsrat vorgelegt wurde. Zadics Kabinett habe keine Notwendigkeit der nochmaligen Befassung durch das Gremium gesehen. Seiner Kritik an dem Antrag sei „zum Teil“ bereits Rechnung getragen worden, zudem habe der Weisungsrat selbst nicht gewünscht, dass der Strafantrag noch einmal behandelt werde.

Man lege dem Weisungsrat bestimmte Angelegenheiten vor, dieser äußere „sehr selten“ Bedenken so wie im Fall des Strafantrags. Der Rat sei ein beratendes Gremium, darum entscheide auch die Ministerin, wann sie diesen herbeizieht. Zudem seien die Weisungen aus dem Ministerium gut dokumentiert und daher auch transparent.

Hanger machte auch das Verfahren gegen Pilnacek und Fuchs in Innsbruck zum Thema. Das wird ja von der dortigen Oberstaatsanwaltschaft geführt, um den Anschein einer Befangenheit zu vermeiden. Daher sei es nicht verständlich, dass dort ein Staatsanwalt aus Wien dienstzugeteilt sei. Doch auch hierzu könne sie nichts sagen, so Göth-Flemmich.

Keine „Couloir-Gespräche“

Die SPÖ legte Mails von Pilnacek und Fuchs vor, etwa jenes, in dem Fuchs Pilnacek mitteilte, dass dieser angezeigt worden sei. Im Gesetz sei das nicht vorgesehen, ob solche Informationsflüsse üblich seien, das sei eine Frage der Wahrnehmung. Auch Chatnachrichten der beiden, in denen Staatsanwälte beleidigt wurden, kamen auf den Tisch. Auch davon wisse sie nichts, so Göth-Flemmich: „Ich bin nicht jemand, der solche Couloir-Gespräche besonders schätzt.“

Dass es einen großen Vertrauensverlust zwischen WKStA und Fuchs’ Oberstaatsanwaltschaft gegeben hat, sei ihr erst später bewusst geworden. Sie habe die Konflikte zwischen den Behörden eher als Konflikte zwischen einzelnen Personen wahrgenommen, sagte die Sektionschefin. Was Pilnacek gemeint haben könnte, als er schrieb, Göth-Flemmich sei „seine Erfindung“ gewesen, könne sie nicht sagen. Private Treffen habe es nicht gegeben, auch von Pilnaceks sonstigen Zusammenkünften mit anderen wisse sie nichts. Ebenso habe sie zu Fuchs ein sehr professionelles Verhältnis gehabt.

Sie bedauere es, dass die Justiz wegen Vorkommnissen der Vergangenheit, Konflikten zwischen Einzelnen, „so lange im Kreuzfeuer der Öffentlichkeit gehalten wird“, so Göth-Flemmich abschließend. Sie arbeite mit allen Bereichen sehr gut zusammen, auch das Gros der Justiz arbeite professionell und effektiv.

Am Nachmittag ist Abteilungsleiter Gerhard Nogratnig in den U-Ausschuss geladen, der auch zur Disziplinarbehörde gehört und somit etwa über Pilnaceks Suspendierung Auskunft geben soll.