ÖVP-U-Ausschuss: Justizsektionschefin wird befragt

Im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss steht heute einmal mehr die Justiz im Fokus. Erörtert werden soll das Umfeld von Ressortchefin Alma Zadic (Grüne), derzeit steht Justizsektionschefin Barbara Göth-Flemmich Rede und Antwort. Sie wurde von der ÖVP geladen.

Die ÖVP will zentral herausarbeiten, dass es seitens des suspendierten Justizsektionschefs Christian Pilnacek oder der „ÖVP-Netzwerke“ zu keiner politischen Einflussnahme auf die Justiz gekommen sei.

Die Opposition ist der Ansicht, der ÖVP gehe es einzig und allein darum, „ihr Narrativ“ herauszuarbeiten. Göth-Flemmich wiederum gab dann im Zuge der Befragung an, dass es innerhalb der Justiz gar keine „politischen Haltungen“ oder gar entsprechende „Netzwerke“ geben könne, das würde das System gar nicht zulassen.

Leiterin der Sektion Einzelstrafsachen

Göth-Flemmich ist seit 1997 im Justizministerium tätig, seit 2004 war sie für internationales Strafrecht zuständig. Nach 16 Jahren in dieser Position wurde sie im August 2020 Leiterin der für die Prüfung staatsanwaltschaftlicher Vorhabensberichte zuständigen Sektion Einzelstrafsachen – als Zadic die Strafrechtssektion nach anhaltender Kritik am damaligen Sektionschef Christian Pilnacek teilte (in Einzelstrafsachen und Legistik). Er wurde später in seiner Leitungsfunktion in der Legistiksektion suspendiert.

Barbara Göth-Flemmich im U-Ausschuss, ÖVP Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz

„Innere Gewaltenteilung“ wiederhergestellt

Mit der Teilung der Sektionen habe Zadic die „innere Gewaltteilung“ wiederhergestellt. So sei gewährleistet worden, dass es zu keinen Interessenskonflikten mehr komme. Die Leitung der Sektion Legistik sei mit Kontakt zu Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft verbunden. Durch die Trennung dieses Bereichs von der Fach- und Dienstaufsicht über die Staatsanwaltschaften sei die „Gewaltenteilung“ gewährleistet.

Vor ihrem Gang in die Sektion Einzelstrafsachen war Göth-Flemmich auch als Vertretung von Pilnacek tätig. Von Konflikten Pilnaceks mit Zadic könne sie nichts berichten, dazu habe sie keine Wahrnehmung, wie sie sagte. Auch gefragt wurde nach dem Verhältnis zwischen Justizministerium, Staatsanwaltschaft Wien und der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA). Hierzu sagte die Auskunftsperson kaum etwas – nur so viel: Ihr sei bekannt, dass die Dienst- und Fachaufsicht zur Causa „Ibiza“ nicht von der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien ausgeübt werde.

„Keine Wahrnehmung“ zu „System Pilnacek“

„Gibt es ein System Pilnacek in der Justiz?“, wollte ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger wissen. Sie habe diesbezüglich „keine Wahrnehmung“, so Göth-Flemmich. Ob sie Wahrnehmungen zu „schwarzen oder türkisen Netzwerken“, habe, fragte Hanger zudem. Wiederum „keine Wahrnehmung“. Und, so Göth-Flemmich: In der Justiz habe kein Standing, wer sich politisch exponiere. Hanger hatte im Vorfeld der Befragung davon gesprochen, seitens „Pilnacek oder durch ÖVP-Netzwerke“ sei keine Beeinflussung ausgeübt worden, sondern „direkt durch Ministerin Zadic“.

Hanger machte auch das Verfahren gegen Pilnacek und Fuchs in Innsbruck zum Thema. Das wird ja ebendort geführt, um den Anschein einer strukturellen Befangenheit zu vermeiden. Aus Hangers Sicht ist nicht verständlich, dass dort ein Staatsanwalt aus Wien dienstzugeteilt sei. Dazu könne sie aber nichts sagen, so Göth-Flemmich.

Auch fragte Hanger zu einer Dienstbesprechung zur Causa Eurofighter, wo sich der bekannte Pilnacek-Sager „Daschlogts es“ ereignete. Hanger erkundigte sich zu den Ermittlungen gegen einen Staatsanwalt, der die Sitzung tonaufgezeichnet habe. Man habe im disziplinären Bereich nichts dazu beanstanden gehabt, wenngleich sie nicht dafür zuständig gewesen sei und es habe auch keinen Anfangsverdacht gegeben, so Göth-Flemmich. Mit den Ermittlungen gegen Pilnacek habe sie nichts zu tun.

„Suggestivfragen der ÖVP“

Wiederholt übte die Opposition im Zuge der Befragung Kritik an den „Suggestivfragen der ÖVP“. SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer sprach in Hinblick auf Ladungen auf Wirken der ÖVP von einem „interessanten Experiment“, die ÖVP wolle zeigen, dass Pilnacek und der OStA-Leiter Fuchs „alles richtig gemacht“ hätten. Das sehe man seitens der SPÖ und generell der übrigen Opposition grundlegend anders. Das ließ sich freilich auch in den Fragen an Göth-Flemmich ablesen.

Gefragt wurde sie etwa von der FPÖ zu einem Mail zum Thema Fachaufsicht im „Ibiza“-Verfahren – darin habe sie, Göth-Flemmich, empfohlen, dass diese nicht bei Fuchs liegen solle. Sie habe mit WKStA-Leiterin Vrabl-Sanda, Fuchs und dessen Stellvertreter über das schwierige Verhältnis gesprochen. Generell habe man überlegt, wie man die Situation hinsichtlich der Konflikte zwischen OStA und WSKtA „verbessern“ könne, wenngleich ihr das Ausmaß der Friktion nicht bekannt gewesen sei, so Göth-Flemmich. Ob Fuchs einsichtig gewesen sei, dass er die Dienstaufsicht abgeben soll? Man habe gehört, dass er mit dem Vizekanzler darüber gesprochen habe, so Göth-Flemmich.

Göth-Flemmich als „Erfindung“ Pilnaceks?

Die Grünen fragten Göth-Flemmich zu Pilnacek. Zu dessen Chat, in dem er Göth-Flemmich als „seine Erfindung“ bezeichnet habe, konnte sie nichts sagen – wieso er das schrieb, könne sie sich nicht erklären, so Göth-Flemmich. Auch seien Pilnacek und Fuchs nicht an sie als Pilnaceks Stellvertreterin herangetreten, um zu erfragen, ob sie Informationen aus der WKStA habe. Sie habe Pilnacek auch nie privat getroffen. Konfrontiert mit einem Chat unterstrich Göth-Flemmich, dass es in der Justiz nicht möglich sei, dass sich die Mitarbeiter „politisch in irgendeiner Art und Weise bewegen“. Das werde von der Kollegenschaft mit Argusaugen beobachtet.

NEOS-Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper verwies auf eine „völlig andere Wahrnehmung der ÖVP“, das Narrativ sei ein „völlig anderes“ als jenes der anderen Parteien. Kritik übte Krisper am mangelnden Reformfortschritt seitens des Ministeriums. „Mittlerweile leidet das Ansehen der Justiz“, es müsse einen „Neustart“ geben. Göth-Flemmich sei noch nicht so lange in ihrer Position, sie komme in den Akten kaum vor.

FPÖ verweis auf „vereitelte Sobotka-Befragung“

Die FPÖ verwies im Vorfeld der Befragung auf den Umstand, dass eigentlich Nationalratspräsident und U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) befragt werden sollte, dieser habe das aber durch eine Reise zu Prinz Charles nach Großbritannien vereitelt, wie Mandatarin Susanne Fürst sagte. Die Auskunftspersonen seien der „ÖVP-Einladungspolitik geschuldet“.