Bitcoin-Illustration
Reuters/Dado Ruvic
Crash auf dem Kryptomarkt

Bitcoin steuert in unbestimmte Zukunft

Für Kryptowährungen ist es in den vergangenen Wochen katastrophal gelaufen: Der bekannteste Digitalwert Bitcoin hat seit seinem Rekordhoch Ende 2021 rund 60 Prozent an Wert verloren, anderen erging es kaum besser. Kurskapriolen auf dem Kryptomarkt sind keine Seltenheit, zum jetzigen Crash trug allerdings gerade ein Asset bei, das an sich für Stabilität sorgen sollte. Was die Zukunft von Bitcoin betrifft, gibt es gespaltene Meinungen.

Ein wesentlicher Faktor für die Einbrüche war die Kryptowährung TerraUSD – dabei handelt es sich um einen Stablecoin, der auf Kursstabilität ausgerichtet ist und eigentlich nicht schwanken sollte. Bei den gedeckten Stablecoins wird ihr Wert an eine gängige Leitwährung, meist den Dollar, im Verhältnis eins zu eins gekoppelt.

Oder aber es handelt sich, wie im Fall von TerraUSD, um einen algorithmischen Stablecoin: Bei diesen soll statt Devisen- oder Wertpapierreserven automatisiert ein komplexer Mechanismus von Handelsgeschäften mit anderen Kryptowährungen den Kurs stabil halten.

Im Fall von TerraUSD sind das Transaktionen mit der frei handelbaren Cyberdevise Luna. Durch das Erschaffen („Minten“) und Zerstören („Burnen“) der digitalen Assets sollten ein ausgewogener Wert und eine jederzeitige Eintauschbarkeit gegen den Dollar gewährleistet werden. Lag der USD-Kurs über dem angepeilten Niveau von einem Dollar, konnten Anleger Luna in USD tauschen und diese dann mit Gewinn an der jeweiligen Börse verkaufen.

Schweres Systemversagen

Mitte Mai implodierte das System aber: Das Konzept funktionierte plötzlich nicht mehr, der Kurs geriet aus dem Gleichgewicht, Stop-Loss-Order taten ihr Übriges – und die Kurse fielen ins Bodenlose. Und da die Projektbetreiber den Kurs durch den massenhaften Verkauf von Bitcoin zu stützen versuchten, stürzte dieser gleich mit ab. Anderen Kryptowährungen wie Ethereum und der von Tesla-Chef Elon Musk präferierten Dogecoin ging es ähnlich.

Wann endet der Winter?

Derzeit herrscht „Kryptowinter“, eine Talfahrt auf dem Kryptomarkt also, die länger als einen Monat anhält. Doch der Bitcoin ist in der Vergangenheit wiederholt abgestürzt, nur um dann größer als zuvor zurückzukehren. Wird es dieses Mal anders sein? Das Gros der Fachleute tendiert zu einem Nein, es gibt allerdings auch andere Stimmen.

Der Investmentchef von Guggenheim, Scott Minerd, betonte vor wenigen Tagen auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, wie wichtig ein Wert über 30.000 Dollar sei: Wenn der Bitcoin wie derzeit dauerhaft unter diese Marke falle, sei ein Rückgang auch auf 8.000 Dollar denkbar, wie die Plattform Investing.com berichtete. „Es gibt nach unten also viel mehr Spielraum, vor allem wenn die US-Notenbank die Geldpolitik verschärft“, sagte Minerd.

„Die meisten der Kryptos sind keine Währungen, sondern Schrott. Ich glaube, dass wir den letztlich dominierenden Akteur im Kryptobereich noch nicht gesehen haben“, womit er andeutete, dass der Bitcoin eines Tages von Platz eins verdrängt werden könnte.

Prominente Kryptogegner

Mit der „Schrott“-Einschätzung steht er nicht alleine dar: Starinvestor Warren Buffett etwa hat sich wiederholt skeptisch zu Kryptowährungen geäußert, im Frühjahr sagte er: „Selbst wenn Sie mir sagen würden, dass Sie alle Bitcoins der Welt besitzen und mir für 25 Dollar verkaufen würden, würde ich das ablehnen.“

Seine Argumente sind ähnlich wie die von Microsoft-Gründer Bill Gates, ebenfalls kein Freund von Bitcoin und Co.: Diese hätten keinen echten Wert, Investoren würden lediglich etwas kaufen, von dem sie hoffen, dass es in Zukunft mehr Wert haben könnte, ein Mehrwert für die Gesellschaft sei nicht gegeben. Zudem sei die Ökobilanz wegen des hohen Stromverbrauchs beim Mining verheerend.

Ein Wartungsspezialist arbeitet im Rechenzentrum eines Krypto-Mining-Unternehmens in Kasachstan
Reuters/Pavel Mikheyev
Mining-Farmen sind auf das Schürfen von Krytowährungen spezialisierte Rechenzentren, im Bild eine Anlage in Kasachstan

Andere prominente Investoren zeigen sich allerdings weiterhin optimistisch, schrieb Investing.com. Bill Miller, milliardenschwerer Gründer und Chef der Investmentgesellschaft Miller Value Partners, sagte etwa, dass er Bitcoin als eine „Versicherungspolizze gegen Finanzkatastrophen“ betrachte. Sein Beispiel: „Als sich die USA aus Afghanistan zurückzogen, stellte Western Union seine Dienstleistungen ein. Geldtransfers wurden damit unmöglich, aber wer Bitcoins hatte, für den war alles in Ordnung. Bitcoins lassen sich mit einem einfachen Smartphone an jeden Winkel der Welt schicken.“

Hai unter Haien

David Gerard, Autor von „Attack of the 50 Foot Blockchain“, hält Kryptowährungen zwar für Betrug – doch genau das sei der Schlüssel zu ihrer Langlebigkeit, wie er der Tech-Zeitschrift „Wired“ jüngst sagte. Der stark verkürzte Tenor des Interviews: Das System könne unbegrenzt weitergehen, denn solange man Geld aus dem Nichts erfinde, werde man auch wen finden, der es kauft. Gewinn aber würden nur die großen Player generieren: „Mit Kryptowährungen kann man durchaus ein Vermögen machen. (…) Aber man wettet darauf, dass man ein besserer Hai sein wird als all die Haie, die das Haifischbecken aufgebaut haben.“

Warten auf Regulatorien

Was sich nach dem jetzigen Crash aber ändern könnte, wäre das Zustandekommen einer Regulierung des Markts. Ashley Alder, Chef der Weltorganisation der Börsenaufsichten (IOSCO), signalisierte für kommendes Jahr die Gründung einer internationalen Behörde für Kryptowährungen. Neben dem Klimawandel und der Pandemie sei das das dritte wichtige Thema für Regierungen.

Auch US-Finanzministerin Janet Yellen sagte, dass die USA einen regulatorischen Rahmen benötigen, um sich gegen die Risiken im Zusammenhang mit Kryptowährungen und Stablecoins zu schützen. Auch die EU hat sich auf einen Entwurf von Regeln für Kryptoassets geeinigt, ein Gesetz steht noch aus. Laut Autor Gerard sei eine Regulierung notwendig, um „sicherzustellen, dass diese Kryptotrottel nicht die eigentliche Wirtschaft, in der die Menschen leben, durcheinanderbringen“. Widerspruch und Einwände sind gewiss.