Hinweistafel über die Schutzmaskenpflicht in der U-Bahnstation
ORF.at/Carina Kainz
Blick auf Herbst

Skepsis zu Entfall der Maskenpflicht

Während die Politik das Maskentragen als Pandemiemaßnahme aussetzt, beschäftigen sich Experten und Expertinnen bereits mit Überlegungen für den Herbst. Die Pandemie sei noch nicht vorbei, hieß es am Dienstag unisono im Rahmen einer Konferenz, es gab zudem Zweifel, ob die Maskenpflichtpause richtig sei. Einmal mehr wurde betont, wie wichtig Daten und Transparenz für das Vertrauen der Menschen in jegliche Maßnahmen sind.

Masken seien eine einfache und gute Methode, die Ausbreitung des Virus zu bekämpfen, hieß es bei der Pressekonferenz im Rahmen der zweitägigen Konferenz des Instituts für Höhere Studien (IHS) zum Thema Lehren aus der Pandemie. Man werde die Masken im Herbst wieder brauchen, pflichtete etwa Gesundheitsökonom Thomas Czypionka vom IHS der Aussage von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) bei dessen Pressekonferenz Dienstagvormittag zu.

Umso schwieriger könnte es sein, die Menschen im Herbst wieder an die Masken zu gewöhnen, wenn man nun sage, dass sie nicht notwendig seien, so die Meinung auf dem Podium. Es wäre womöglich besser, wenn die Maskenpflicht bestehen bliebe. Es sei aber die Entscheidung der Politik, wie sehr sie vulnerable Gruppen schützen und wie sehr sie auf die Bedürfnisse anderer Gruppen eingehen wolle und könne, sagte etwa Dorothee von Laer von der Med-Uni Innsbruck.

Kommunikation und Vertrauen wichtig

Gerade bei der Debatte über die Masken sei es wichtig zu kommunizieren, warum welche Maßnahmen zurückgefahren werden und was die Zielsetzung dabei ist, meinte Ulrich Elling vom Institut für Molekulare Biotechnologie.

Eine Überlastung des Gesundheitsbereichs werde es in den kommenden Wochen nicht geben, auch wenn die Infektionszahlen wohl steigen dürften, aber gerade bei den „Öffis“ habe man gesehen, dass das Maskentragen sehr gut funktioniert habe. Wenn durch ein „Hin und Her“ die Disziplin und das Vertrauen fehlten, werde man das im Herbst bereuen.

Epidemiologe Gartlehner über das Ende der Maskenpflicht

Der Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau Uni in Krems spricht über das Ende der Maskenpflicht.

Vertrauen in die Wissenschaft und Politik sei das Wichtigste, waren sich die Experten und Expertinnen ebenfalls einig – das könne man über Transparenz erreichen, und dazu seien Daten wichtig. Man sehe zwar, wie manche Dinge in anderen Ländern laufen, aber nicht alles könne man auf Österreich umlegen – dazu brauche es auch sozial relevante Daten wie Arbeitsmarktdaten.

Maskenpflicht für drei Monate ausgesetzt

Mit 1. Juni wird die Maskenpflicht weitgehend ausgesetzt, kündigte Rauch Dienstagvormittag an. Die Pandemie würde eine „Atempause“ zulassen, die entsprechende Verordnung gelte vorerst für drei Monate. Es gebe aber weiter die Empfehlung, Masken an „vulnerablen“ Orten zu tragen. In Spitälern sowie Alters- und Pflegeheimen bleibt die Maskenpflicht bestehen.

Man müsse mit der Pandemie leben lernen und aufhören, ständig zu vermitteln, in einem Katastrophenszenario zu leben. Er gehe auch davon aus, dass die Maskenpflicht im Herbst wieder gelten werde. Alle Szenarien gingen davon aus, dass im Herbst neue Schutzmaßnahmen nötig sein könnten, verwies Rauch auf entsprechende Überlegungen der CoV-Plattform Future Operations.

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kündigte nach der Sitzung des Krisenstabs am Abend an, dass in der Bundeshauptstadt FFP2-Masken weiterhin in öffentlichen Verkehrsmitteln, Apotheken und Spitälern zu tragen ist – mehr dazu in wien.ORF.at.

Impfungen schneller vorantreiben

Einigkeit unter den Experten und Expertinnen herrschte auch darin, dass die Impfquote erhöht werden müsse, wenn auch nicht unbedingt mittels Impfpflicht, da diese in der aktuellen Ausgestaltung nicht wirklich hilfreich sei. Die Schwere der zu ergreifenden Maßnahmen hänge schließlich auch von der Impfquote in der Bevölkerung ab: Je höher die Impfquote sei, desto eher könnten auch Maßnahmen wieder aufgehoben werden, so Czypionka. Mit derzeit unter 70 Prozent liege man rund zehn Prozent hinter den besten Ländern in Europa.

Vieles steht und fällt mit der weiteren Entwicklung des Virus selbst, der Immunität in der Bevölkerung gerade in Bezug auf schwerere Krankheitsverläufe, dem Aufbau von Früherkennungssystemen zum Infektionsgeschehen und der Test- und Spitalsinfrastruktur, heißt es in einem Arbeitspapier, das mittlerweile zu einer wichtigen Diskussionsgrundlage der Politik und der Behörden wurde, so die Wissenschaftler weiter.

In den günstigeren Szenarien, in denen nur kleinere Wellen bzw. Winterwellen alle ein, zwei Jahre auftreten, braucht es nur sehr eingeschränkt Maßnahmen. Es gibt aber auch Modelle, in denen die Pandemie anhält, weil der SARS-CoV-2-Erreger selbst nochmals infektiöser, die Erkrankungen wieder schwerwiegender und der Immunschutz geringer wird.

Maskenpflicht ab 1. Juni ausgesetzt

Die Maskenpflicht wird mit 1. Juni weitgehend ausgesetzt. Das kündigte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Dienstag an. Die Pandemie würde eine „Atempause“ zulassen, daher werde die Maskenpflicht für drei Monate „pausiert“ – vorläufig. Die Impfpflicht bleibe ausgesetzt, sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Mit Juni enden auch die PCR-Tests an Schulen.

Politik laut Experten besser vorbereitet

Betont wurde auch, dass es einige Friktionen zwischen Bund und Ländern gibt, die man sich gerade in ungünstigen Situationen und den dadurch entstehenden Ineffizienzen im Gesundheitsbereich einfach nicht leisten könne. Die Pandemie könne nicht in den Spitälern bekämpft werden, man müsse bereits jetzt für das Impfen werben, denn es dauere ein wenig, bis das greife.

Ärztin Schernhammer zu Maskenpflichtpause

Epidemiologin Eva Schernhammer kommentiert die Aussetzungen der von der türkis-grünen Bundesregierung verhängten Impf- und FFP2-Maskenpflicht.

Grundsätzlich müsse man sich auf alle Möglichkeiten vorbereiten, denn wenn man eines gelernt habe in dieser Pandemie, dann, dass es immer wieder Sache gebe, mit denen niemand gerechnet hat. Gefragt nach der Ausgangslage für den kommenden Herbst zeigte sich die Runde weitgehend einig, dass die Politik mittlerweile besser vorbereitet ist – und auch der Wissenschaft besser zuhört. Das zeige sich unter anderem daran, dass die Pandemie nun nicht wieder quasi abgesagt wurde.