US-Flagge auf dem Weißen Haus auf halbmast
AP/Manuel Balce Ceneta
19 Kinder erschossen

Entsetzen nach Amoklauf in US-Volksschule

Die USA werden erneut von einem Amoklauf in einer Schule erschüttert. Ein schwer bewaffneter 18-Jähriger drang am Dienstag (Ortszeit) in eine Volksschule in der texanischen Kleinstadt Uvalde ein und erschoss mindestens 19 Kinder und zwei Erwachsene, ehe er laut Behörden selbst von Polizisten getötet wurde. Die Politik zeigte sich entsetzt. US-Präsident Joe Biden forderte strengere Waffengesetze.

Der Verdächtige wurde von den Behörden als Salvador R. identifiziert. Laut dem texanischen Gouverneur Greg Abbott soll der 18-Jährige einst selbst die Robb Elementary School in Uvalde besucht haben. Der Schütze war mit einem Auto zu der Schule gekommen und hatte vor dem Gebäude einen Unfall verursacht, sagte Erick Estrada vom Ministerium für öffentliche Sicherheit in Texas.

Er habe dann das Auto verlassen und sei mit einer Schutzweste bekleidet, einem Rucksack und einem Gewehr in die Schule eingedrungen. Ein Polizist versuchte laut US-Medien erfolglos, ihn am Betreten des Gebäudes zu hindern. In der Schule eröffnete der Mann in mehreren Klassen das Feuer und verschanzte sich. Laut Behörden starb er bei einem Schusswechsel mit Mitgliedern des texanischen Grenzschutzes, die als Erste die Schule erreichten. Zwei Beamte seien verwundet worden.

Offiziellen Angaben zufolge erschoss der Täter mindestens 19 Kinder im Volksschulalter und zwei Lehrerinnen, die in der Schule unterrichteten. Zahlreiche Opfer des Angriffs werden noch in umliegenden Krankenhäusern behandelt. Mehr als zwölf Stunden nach der Tat waren immer noch Angehörige im Unklaren über den Verbleib einzelner Schülerinnen und Schüler. Eltern mussten laut „New York Times“ DNA-Proben abgeben, um ihre Verwandtschaft zu Opfern festzustellen.

Berichte: Täter kaufte Waffe kurz nach 18. Geburtstag

Vor dem Amoklauf in der Schule hatte der 18-Jährige seine Großmutter in deren Wohnung angeschossen. Die Frau wurde ins Spital gebracht, laut CNN befindet sie sich in kritischem Zustand. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Täter alleine handelte.

Spezialeinheiten vor der Robb Elementary School in Uvalde (Texas)
AP/Dario Lopez-Mills
Der 18-jährige Schütze wurde von einem Grenzschutzbeamten erschossen

Die bei der Tat verwendete Waffen soll er vor rund einer Woche kurz nach seinem 18. Geburtstag legal gekauft haben. CNN zufolge veröffentlichte er Fotos von zwei Gewehren in mittlerweile gelöschten Postings in sozialen Netzwerken. Ein Gewehr wurde laut Behörde in der Schule gefunden. Ein zweites sei im Unfallauto entdeckt worden, berichteten Lokalmedien.

Bekannter berichtet über aggressives Verhalten

Das Verhalten des Schützen habe sich zuletzt verändert, zitierte die „Washington Post“ einen Jugendfreund des Täters. Er habe bei seiner Mutter und manchmal bei seiner Großmutter gelebt und sich in letzter Zeit aggressiv verhalten.

Ein Manager des Schnellrestaurants, bei dem der 18-Jährige bis vor einem Monat gejobbt hatte, beschrieb ihn gegenüber CNN als jemanden, der anderen aus dem Weg gegangen und für sich geblieben sei. Seine Schule, die Uvalde High School, soll er laut einem früheren Klassenkameraden nur noch selten besucht haben. Sie hätten sporadischen Kontakt gehabt. Tage vor der Tat habe er ihm Fotos von einer Waffe und Munition geschickt. Er habe ihn gefragt: „Bro, warum hast du das?“, woraufhin dieser „mach dir darüber keine Sorgen“ geantwortet habe.

Massaker in Volksschule in Texas

Bei einem Amoklauf in einer Volksschule im US-Bundesstaat Texas sind mindestens 19 Kinder und zwei Erwachsene erschossen worden. Der Täter starb bei einem Schusswechsel mit Grenzschützern.

Die Volksschule von Uvalde 135 Kilometer westlich von San Antonio unterrichtet die zweiten bis vierten Klassen und hatte im vergangenen Schuljahr 535 Schüler und Schülerinnen. Etwa 90 Prozent der Kinder sind lateinamerikanischer Herkunft. Am Donnerstag sollte der letzte Schultag vor der Sommerpause sein. Das aktuelle Schuljahr sei vorzeitig beendet worden, teilte die Schulleitung mit.

Rufe nach strengeren Waffengesetzen

Es war eines der opferreichsten Schulmassaker in der US-Geschichte. Nur beim Amoklauf an der Sandy-Hook-Volksschule in Connecticut 2012 starben mehr Menschen. Das Massaker heizte umgehend die anhaltende Debatte über die lockeren US-Regeln zum Waffenbesitz an.

Präsident Biden wandte sich an die Nation und forderte Maßnahmen. Begleitet von seiner Ehefrau Jill hielt er kurz nach seiner Rückkehr von seiner Asienreise eine emotionale Ansprache im Weißen Haus. „Als Nation müssen wir uns fragen, wann in Gottes Namen wir der Waffenlobby die Stirn bieten werden“, sagte er. Die Vorstellung, dass ein 18-Jähriger in ein Waffengeschäft gehen und zwei Sturmgewehre kaufen könne, sei einfach falsch. Biden ordnete an, bis Samstag die Flaggen auf allen öffentlichen Gebäuden in den USA auf halbmast zu setzen.

Obama: Land „gelähmt“ durch Waffenlobby

Der frühere US-Präsident Barack Obama (60) sprach den betroffenen Familien auf Twitter sein Beileid aus und kritisierte die oppositionellen Republikaner: „Unser Land ist gelähmt, nicht durch Angst, sondern durch eine Waffenlobby und eine politische Partei, die keine Bereitschaft gezeigt haben, in irgendeiner Weise zu handeln, um diese Tragödien zu verhindern.“

Obama erinnerte an das Sandy-Hook-Massaker und an eine weitere Tat in Buffalo, bei der ein Weißer vor knapp zwei Wochen zehn Afroamerikaner in einem Supermarkt erschoss. Auch Ex-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und ihr Ehemann, Ex-Präsident Bill Clinton, forderten die Politik zum Handeln auf.

Analyse: Waffengesetze in den USA

ORF-Korrespondent Thomas Langpaul meldet sich aus Washington und erklärt, warum die US-Waffengesetze noch immer nicht verschärft wurden.

Für weitreichende Gesetzesänderungen fehlen Bidens Demokraten die nötigen Stimmen im US-Senat. Viele Republikaner lehnen schärfere Regulierungen ab, und die US-Waffenlobby ist sehr mächtig. Der republikanische Senator Ted Cruz, der Texas im Senat vertritt, warf den Demokraten umgehend vor, die Attacke in Uvalde zu „politisieren“, um das Recht auf Waffenbesitz einzuschränken. Abbott sprach von einer schrecklichen und unbegreiflichen Tat.

McConaughey: „Eine Epidemie“

Hollywood-Star Matthew McConaughey (52), der selbst aus Uvalde stammt, forderte mehr Einsatz im Kampf gegen Waffengewalt. „Das ist eine Epidemie, die wir in den Griff bekommen können, und unabhängig davon, auf welcher parteipolitischen Seite wir stehen, wissen wir alle, dass wir es besser machen können. Wir müssen es besser machen“, schrieb der Oscar-Preisträger von 2014 („Dallas Buyers Club“) auf Twitter.

Auch der US-amerikanische Basketball-Meistertrainer Steve Kerr von den Golden State Warriors reagierte mit einer emotionalen Rede auf das Verbrechen. „Wann werden wir etwas tun?“, schrie Kerr in einer Pressekonferenz vor der Play-off-Partie bei den Dallas Mavericks Dienstagabend (Ortszeit). „Ich habe es satt, ich habe genug!“ Kerr forderte eine strengere Waffenkontrolle in den USA und richtete sich an 50 Senatorinnen und Senatoren, die das bisher verhindern würden.

Papst: „Wahllosem Waffenhandel ein Ende setzen“

Papst Franziskus zeigte sich bei der Generalaudienz erschüttert über die Tat. „Ich habe ein gebrochenes Herz“, sagte das Kirchenoberhaupt. Er bete für die Opfer und Hinterbliebenen. „Es ist an der Zeit, dem wahllosem Waffenhandel ein Ende zu setzen. Wir sollten uns alle dafür einsetzen, damit solche Tragödien nie wieder vorkommen“, forderte Franziskus.

Österreichs Beileid an die Freunde und Familien der Opfer drückte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) per Twitter aus. Man sei „zutiefst geschockt und traurig“, hieß es in dem Tweet. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kondolierte und beklagte, dass auch „in Friedenszeiten“ Menschen erschossen würden.