Peter Feldmann
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Frankfurts Bürgermeister

Korruptionsverdacht, Sexismus & ein Pokal

Der Oberbürgermeister (OB) von Frankfurt am Main in Deutschland, Peter Feldmann (SPD), steht wegen verschiedener Vorwürfe stark unter Druck. Die Liste ist lang: Korruptionsverdacht, Sexismus und eine Panne bei den Feiern von Eintracht Frankfurt nach dem Europacup-Sieg lassen die Wogen hochgehen. Feldmann verweigerte am Mittwoch einen Rücktritt.

Er wolle aber bis zum Ende der Sommerpause auf repräsentative öffentliche Termine verzichten, sagte Feldmann am Mittwoch in der Main-Metropole. Dass Feldmann im Amt bleiben will, stößt auch der SPD sauer auf. Seiner Partei bot Feldmann indes nach Rücktrittsforderungen auch aus dem SPD-Stadtverband an, die Mitgliedschaft ruhen zu lassen. Er wolle sich aber den großen sozialen Themen widmen, die ihm am Herzen liegen. „Ich werde nicht weniger arbeiten, sondern anders“, sagte Feldmann. Der wegen Korruptionsverdachts angeklagte Bürgermeister hatte sich zuletzt gleich mehrere Ausrutscher geleistet, obwohl er nach eigener Ankündigung eigentlich bei öffentlichen Auftritten Augenmaß walten lassen wollte.

Nachdem zunächst sein Auftritt bei der Siegesfeier von Eintracht Frankfurt nach dem Triumph in der Fußball-Europa-League im Rathaus, dem Römer, für Irritationen gesorgt hatte, tauchte nun auch noch ein Clip im Netz mit einem sexistischen Spruch während des Fluges zum Finale in Sevilla auf. Über das Bordmikrofon spricht der 63-jährige Feldmann da von Flugbegleiterinnen, „die mich hormonell am Anfang erst mal außer Gefecht gesetzt haben“.

Oliver Glasner, Sebastian Rode und Peter Feldmann
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Peter Feldmann darf nicht mehr zu Eintracht Frankfurt ins Stadion kommen

„Zeit der Herrenwitze ist vorbei“

„Sexistische Kackscheiße“, kommentierte die Frankfurter Grüne Ursula auf der Heide auf Facebook. Dieses „sexistische und chauvinistische Verhalten“ sei frauenverachtend und beschämend, sagte Uwe Becker, Kreisvorsitzender der Frankfurter CDU. Er forderte – ebenso wie FDP, Grüne und die Partei Volt – Konsequenzen. Nancy Faeser, SPD-Landesvorsitzende in Hessen und Ministerin auf Bundesebene, sagte am Montag, „dass so eine Äußerung gar nicht geht und dass er entsprechend entscheiden muss, wie er darauf reagiert“. „Die Zeit der Herrenwitze ist vorbei“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Frankfurter SPD, Ina Hartwig.

„Wenn man glaubt, es geht nicht schlimmer, setzt Feldmann garantiert noch einen drauf“, schrieb die „Bild“-Zeitung. Und das Sportmagazin „kicker“ fragte unlängst: „Stürzt Frankfurts OB über den Triumph der Eintracht?“

Kevin Trapp und Peter Feldmann
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Die Freude über den Pokalsieg war bei der Feier in Frankfurt groß

Pokal entrissen, Spielernamen falsch ausgesprochen

Bei der Pokalfeier des Fußballbundesligisten im Römer nahm Feldmann zunächst Eintracht-Kapitän Sebastian Rode und dem österreichischen Trainer Oliver Glasner den Pokal aus der Hand, um damit in Richtung Kaisersaal vorauszugehen. Und bei seiner Rede sprach Feldmann, der sich selbst als Eintracht-Fan bezeichnet, dann mehrere Namen von Spielern falsch aus.

Die Fans, die das Geschehen live per Leinwand auf dem Römerberg verfolgten, quittierten sein Verhalten mit Pfiffen. Feldmann selbst entschuldigte sich am Tag nach der Party („Dickes Sorry!“). Auch von seinem Auftritt im Flugzeug distanzierte er sich. „Das ist ein blöder Spruch gewesen, den ich noch vor Ort zurückgenommen habe. Es tut mir unendlich leid“, ließ er über seinen Sprecher mitteilen.

Stadionverbot für Feldmann

Eintracht Frankfurt ließ Feldmann wissen, dass das Stadtoberhaupt im Stadion nicht mehr willkommen ist. „Zwischen Eintracht Frankfurt und ihm ist in Zukunft keine Basis mehr“, sagte Eintracht-Vorstandssprecher Axel Hellmann der „Bild“.

„Dass nun mehrere solcher Fehltritte vorkommen, zeigt nach meiner Einschätzung, wie sehr er unter Druck steht“, sagte Rolf van Dick, Professor für Sozialpsychologie an der Frankfurter Goethe-Universität. „Sein Auftreten bei der Feier ist etwas, was wir in der Wissenschaft ‚basking in reflected glory‘ nennen, was bedeutet, dass man sich im Lichtschein anderer sonnen will.“ Feldmann habe sicher darauf spekuliert, dass etwas vom Erfolg der Mannschaft auf ihn abfärbe.

Anklage wegen Korruptionsverdachts

Der 63-Jährige, seit 2012 Oberbürgermeister, steht schon länger in der Kritik. Die Staatsanwaltschaft klagte ihn im März wegen Korruptionsverdachts im Zuge einer Affäre um Betrugsvorwürfe und überhöhte Gehälter bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) wegen eines hinreichenden Tatverdachts der Vorteilsannahme an.

Feldmanns Frau soll als Leiterin eines AWO-Kindergartens „ohne sachlichen Grund“ ein übertarifliches Gehalt bezogen haben, wie es hieß. Zudem habe die Arbeiterwohlfahrt Feldmann im Wahlkampf 2018 durch Einwerbung von Spenden unterstützt. Im Gegenzug habe er die Interessen der AWO Frankfurt „wohlwollend berücksichtigen“ wollen.

Die Opposition in Frankfurt hatte deshalb bereits im März Feldmanns Rücktritt gefordert. Feldmann zeigte sich davon unbeirrt. Anfang April erklärte er lediglich, im Falle eines Gerichtsprozesses die Parteimitgliedschaft ruhen zu lassen – und dass er nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit 2024 nicht erneut kandidieren werde. Dafür, dass er so an seinem Stuhl klebe, bekam Feldmann von der Presse den Spitznamen „Pattex-Peter“ verliehen.