Gabriele Aicher im U-Ausschuss, ÖVP Untersuchungsausschuss
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ÖVP-U-Ausschuss

Aicher beklagt „Diffamierung“

Im ÖVP-U-Ausschuss ist am Mittwoch der Justizrechtsschutzbeauftragten Gabriele Aicher großes Interesse entgegengekommen. Sie hatte öffentlich Kritik an der Arbeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geübt und sich dabei von einer Kanzlei beraten lassen, die selbst Beschuldigte aus der ÖVP vertritt – ihr gutes Recht, wie Aicher sagte. Vor dem U-Ausschuss zeichnete sie das Bild einer beratungsresistenten, klagwütigen WKStA: „Jeder Querulant“ mache „bessere Anzeigen“.

Aicher hatte vergangenen Oktober harsche Kritik vor allem an Maßnahmen gegen das Medienhaus „Österreich“ und die dort stattgefundenen Razzien im Zusammenhang mit der ÖVP-Inseratenaffäre geübt. Später stufte das Oberlandesgericht Wien die Bewilligung der dann nicht erfolgten Peilung der Handys der Medienmanager Wolfgang und Helmuth Fellner als rechtswidrig ein – weil die WKStA die Ermächtigung Aichers nicht eingeholt hatte. Aicher sah damals „eine rote Linie des Rechtsstaates überschritten“ und ortete auch Fehlverhalten der WKStA in anderen Fällen. Dazu reichte sie Beschwerde ein.

Später ließ sie sich durch die Kanzlei Ainedter & Ainedter beim Verfassen einer Medienerklärung beraten. Zu den Klienten der Kanzlei gehört auch ÖVP-Klientel, die von Ermittlungen betroffen und Gegenstand im U-Ausschuss ist. Ainedter wies den Vorwurf zurück, auch inhaltlich an der Beschwerde mitgewirkt zu haben.

Aicher betont politische Unabhängigkeit

Aicher nutzte zu Beginn ihrer Befragung am Mittwoch die Gelegenheit eines Statements. Dabei pochte die Juristin darauf, politisch unabhängig zu sein. „Ich habe keine politischen Förderer gehabt und bin auch keineswegs ÖVP-nahe“, so Aicher. Berichte, wonach sie mit Ex-Justizsektionschef Christian Pilnacek eng verbündet und ihm zu Dank verpflichtet sei, „entbehren jeglicher Grundlage“. Peter Pilz’ Medium Zackzack.at müsse diese Behauptungen nun auch nach rechtlichen Schritten unterlassen.

Stephanie Krisper (NEOS)
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NEOS-Fraktionsvorsitzende Krisper wollte wissen, wieso Aicher ausgerechnet Ainedter zurate zog

Aicher beklagte Vorgänge wie die heimliche Aufnahme Pilnaceks bei einer Dienstbesprechung und „haltlose Anzeigen“ sowie die mediale Ausschlachtung „zusammenhangloser Aussagen“ aus privaten Chats. Auch die Rechte Beschuldigter seien zu beachten, betonte Aicher. Sie kritisierte zudem die Tatenlosigkeit der jeweiligen Minister. Gegen ihre Person habe es eine wahre Medienkampagne gegeben, nachdem sie die WKStA kritisiert hatte. Die WKSTA wiederum habe aufgrund von medialen Veröffentlichungen jeden involvierten Mitarbeiter außerhalb ihres eigenen Apparats als potenziellen Verräter von Amtsgeheimnissen betrachtet.

Rechtsschutzbeauftragte in U-Ausschuss befragt

Im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss wurde die Rechtsschutzbeauftragte im Justizministerium, Gabriele Aicher, befragt. Sie hatte nach heftiger Kritik aus der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ihren Rückzug von ihrem Posten per 30. Juni angekündigt.

Aichers Kritik „berechtigt“

Als Rechtsschutzbeauftragte habe sie das Recht gehabt, auch externe Beratung zuzuziehen. Dass der Kanzleipartner (Manfred Ainedters Sohn Klaus, Anm.) „zu diesem Zeitpunkt Beschuldigte (…) vertrat“, habe sie nicht gewusst. „Die freie Anwaltswahl ist ein Grundrecht“, so Aicher. Sie habe nur mit Ainedter Senior zu tun gehabt, diesem sei wohl gar nicht eingefallen, in der Beratung ein Problem zu orten. Die Frage des FPÖ-Fraktionsvorsitzenden Christian Hafenecker, ob sie dabei auf irgendeine Weise politisch instrumentalisiert worden sein könnte, verneinte die Auskunftsperson: „Was soll daran politisch sein?“, so Aicher, die damit auch Raunen unter den Abgeordneten auslöste.

Der Casinos-Akt habe schließlich rund 80 Beschuldigte. Da habe sie nicht wissen können, das einer davon auch vom Partner ihres Anwalts vertreten wird, so Aicher auf Fragen von NEOS-Fraktionsvorsitzender Stephanie Krisper. Auch eine entsprechende Befangenheitsanzeige sei ohne Anlass und Rechtsgrundlage erfolgt, so Aicher.

Rechtsschutzbeauftragte im ÖVP-U-Ausschuss

Das schlechte Klima in der heimischen Justiz ist einmal mehr Thema im ÖVP-Untersuchungsausschuss. Die ÖVP hat die scheidende Rechtsschutzbeauftragte Gabriele Aicher geladen.

Ihre Kritik an der WKStA sei berechtigt gewesen, im Verfahren in der Causa „Beinschab-Tool“ seien Schritte ohne ihre gesetzlich vorgeschriebene Ermächtigung unternommen worden (Stichwort angedachte Handypeilung). Hier sollten Berufsgeheimnisträger ohne Rechtsgrundlage verfolgt werden. Das habe die WKStA selbst eingeräumt. „Meine berechtigte Kritik wird völlig haltlos als politisch motiviert dargestellt“, das sei eine „mediale Diffamierung meines gesetzlichen Auftrags“. Weil das nicht zumutbar sei, habe sie die Funktion zurückgelegt, so Aicher.

Sie habe schnell gemerkt, dass sich Angriffe auf ihre Person entwickeln würden. Man habe ihr auch nahegelegt, dass sie sich keine Hoffnung auf ihre Wiederbestellung machen solle. Zunächst habe sie sich gefragt: „Bitte, was habe ich gemacht? Ich habe meine Arbeit gemacht.“ Die Angriffe hätten auch ihre Mitarbeiter betroffen. Die Anwaltskanzlei habe sie erst nach ihrer Beschwerde über das nicht rechtskonforme Vorgehen der WKStA zu Rate gezogen.

Die Erklärung für Medien habe sie aus „völliger Verzweiflung“ verfasst, denn es seien zahllose Medienanfragen auf sie zugekommen. Im Gegensatz zur WKStA, die eine „sehr aktive“ Medienarbeit verfolge, müsse sie alles selbst erledigen. Auch sei die WKStA personell weit besser ausgestattet als andere Staatsanwaltschaften, „trotzdem jammern die immer“.

Verfolgung von Schuldirektoren und Müllmännern

Sie sei tatsächlich lange Zeit eine der schärfsten Kritikerinnen der WKStA gewesen, deren Rechtsauffassung habe wiederholt Anlass dazu gegeben, führte Aicher derart wortreich aus, dass die Vorsitzende Selma Yildirim (SPÖ) zur Kürze mahnte. Es seien etwa einst Hunderte Schuldirektoren wegen Compliance-Problemen mit Skikarten von der WKStA verfolgt worden. Auch Müllmänner seien verfolgt worden, weil sie Säcke außerhalb der Tonnen mitgenommen hätten. Das sei von der WKStA als Amtsmissbrauch gesehen worden.

Christian Hafenecker (FPÖ)
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Hafenecker wollte Details von Aicher wissen

„Jeder Verstoß gegen eine Hausordnung wurde zum Amtsdelikt gemacht“, so Aicher. Es habe regelmäßig Einstellungen und Freisprüche gegeben, das habe die WKStA aber konstant ignoriert. Man habe intern gesagt: „Jeder Querulant macht bessere Anzeigen als die WKStA.“

Die Konflikte mit der WKStA seien ausgeufert, sie sei schließlich angezeigt worden und es gab eine Mediation. Doch die WKStA habe „einfach keine Ruhe“ gegeben. Nun wolle sie „endlich aus diesem Krieg herausgehalten“ werden, so Aicher. Ändern werde sich nichts, daher verlasse sie nun die Justiz. „Man wollte mich auf das Durchwinken und Wegschauen reduzieren. Die Frechheit war ja, dass ich aufgestanden bin. Dafür bin ich nicht zu haben“, sagte Aicher.

In der Justiz fürchteten alle die WKStA. Würde man eine anonyme Umfrage machen, würden sich 99 Prozent in der Justiz für Ex-Justizsektionschef Christian Pilnacek und Oberstaatsanwalt Johann Fuchs und gegen die WKStA aussprechen. Auch sei sie selbst gewarnt worden: „Wenn Sie mit der WKStA telefonieren, passen Sie auf, die nehmen alles auf.“ Die Auswertung privater Chats werte sie als Eingriffe in „höchstpersönliche Rechte“ und als „hochproblematisch“, so Aicher. „Wir sind ja alle schon ganz fertig vor lauter Verfolgtwerden.“

Wirbel um Fragen an Justizkabinettschefin

Vor Aicher wurde bereits Zadics Kabinettschefin Sarah Böhler befragt. Dabei wollte die ÖVP „Indizien“ nachgehen, wonach durch Böhler aus dem Kabinett Leaks an Peter Pilz‘ Medium ZackZack ergingen – er habe dafür keine Beweise, so Hanger, wolle das aber hinterfragen und entsprechende „Gerüchte ausräumen“.

Böhler war 2018 Klubreferentin bei Pilz’ Partei JETZT, ein Jahr später wechselte sie zu den Grünen. Da habe sie bereits in der Vorbereitung von zwei U-Ausschüssen engeren Kontakt zu Zadic und Pilz gehabt, sagte Böhler. Nach ihrem Tätigkeitsende bei JETZT habe sie keinen Kontakt mehr zu Pilz gehabt. Dieser habe sie auch nie nach Akten oder dergleichen gefragt. Das wäre strafbar, so Böhler. Sie verwehrte sich auch gegen den Vorwurf der ÖVP, Zadic habe mittels Weisungen in die Causen Fuchs und Pilnacek politisch Einfluss genommen.

Als erste Auskunftsperson des Tages stand am Vormittag Susanne Reindl-Krauskopf Rede und Antwort. Sie ist Strafrechtsprofessorin und Mitglied des Weisungsrats im Justizministeriums. Reindl-Krauskopf ortete keine Bedenken bezüglich der Weisungen der Ministerin.