Robb Elementary School in Uvalde, Texas
AP/Jae C. Hong
21 Tote in US-Volksschule

Nächster Anlauf für schärferes Waffengesetz

Nach dem Schulmassaker in der texanischen Kleinstadt Uvalde haben rund tausend Menschen bei einer Mahnwache der 21 vorwiegend jungen Opfer gedacht. Die Stimmung schwankte zwischen Trauer und Wut über die laxen Waffengesetze, die es dem 18-jährigen Täter ermöglichten, zwei Sturmgewehre sowie große Mengen Munition zu kaufen. Mit dem in den USA nach jeder größeren Schussattacke laut werdenden Ruf nach schärferen Waffengesetzen rückt nun ein bereits in der Schublade liegendes Gesetzesvorhaben erneut in den Fokus – ob es diesmal die dafür notwendige Mehrheit im US-Kongress gibt, bleibt allerdings weiter fraglich.

Konkret wollen die Demokraten nun einen seit rund zwei Jahren vorliegenden Gesetzesentwurf zur Ausweitung von Hintergrundüberprüfungen von Waffenkäufern im Senat voranbringen. Die letzte Version des als H.R.8 geführten Bipartisan Background Checks Acts wurde im März des Vorjahres mit 227 zu 203 Stimmen im US-Abgeordnetenhaus abgesegnet – was fehlt, ist eine Mehrheit und damit das für eine Umsetzung notwendige grüne Licht im US-Senat.

Angeheizt wird die Debatte diesmal unter anderem auch vom prominenten US-Basketballtrainer Steve Kerr. „Es gibt 50 Senatoren, die sich weigern, über H.R.8 abzustimmen, ein Hintergrundprüfungsgesetz, das das Repräsentantenhaus vor einigen Jahren eingereicht hat“, wie Kerr in einer viel beachteten Pressekonferenz scharf kritisierte.

NBA-Coach Kerr prangert Amokläufe an

Es sollte eine normale NBA-Pressekonferenz vor dem nächsten Spiel der Golden State Warriors werden, als deren Trainer Steve Kerr plötzlich der Kragen platzte. Nach dem Amoklauf in einer Volksschule in Texas mit mehr als 20 Toten – großteils Kindern – hielt Kerr, dessen Vater selbst vor knapp 40 Jahren bei einem Universitätsattentat erschossen wurde, eine hochemotionale Rede.

„Das ist nicht unvermeidbar“

„Das ist nicht unvermeidbar, diese Kinder hatten nicht einfach nur Pech“, sagte mit dem demokratischen Senator Chris Murphy schließlich auch einer der Initiatoren der Gesetzesinitiative im Plenum des US-Senats. „Das passiert nur in diesem Land und nirgendwo anders. Nirgendwo anders gehen kleine Kinder in die Schule und denken, dass sie an diesem Tag erschossen werden könnten“, so Murphy, der Richtung Republikaner sagte: „Ich gehe auf die Knie und flehe meine Kollegen an: Lasst uns einen Weg nach vorne finden.“

Allerdings stemmen sich die oppositionellen Republikaner seit Langem gegen Verschärfungen des Waffenrechts. Mit ihrer Sperrminorität im Senat kann die Partei von Ex-Präsident Donald Trump jeden Gesetzesentwurf zu dem Thema blockieren. Der republikanische Senator Ted Cruz warf den Demokraten dann auch vor, das Schulmassaker von Uvalde politisch instrumentalisieren zu wollen, um das Recht „gesetzestreuer Bürger“ auf Waffenbesitz einzuschränken.

Trump-Rede bei Treffen von US-Waffenlobby

Deutlich wurden die starren Fronten auch bei einer Pressekonferenz des republikanischen Gouverneurs des Bundesstaats von Texas, Greg Abbott, in Uvalde. Der Demokrat Beto O’Rourke unterbrach die Veranstaltung am Mittwochnachmittag und kritisierte Abbott für seine Haltung zu den Waffengesetzen. Der 49-Jährige will bei der nächsten Gouverneurswahl in Texas im November gegen Abbott antreten. Abbott reagierte auf die Vorwürfe nicht, während andere Offizielle O’Rourke zur Ordnung riefen und ihn dazu aufforderten, den Saal zu verlassen.

O’Rourke verließ nach der verbalen Auseinandersetzung den Raum. „Wir können etwas tun“, sagte er im Anschluss sichtlich aufgebracht vor laufenden Kameras. Abbott führte in der Pressekonferenz indes diese und ähnliche Taten nicht auf den leichten Zugang zu Waffen, sondern auf eine Zunahme von psychischen Erkrankungen zurück. Er lobte außerdem die Polizei und merkte an: „Die Realität ist, so schrecklich wie das, was passiert ist, es hätte schlimmer sein können.“

Der Demokrat Beto O’Rourke unterbricht eine Pressekonferenz des republikanischen Gouverneurs des Bundesstaats von Texas, Greg Abbott
Reuters/Veronica Cardenas
O’Rourke wird nach einer Wortmeldung bei Abbotts Pressekonferenz aus dem Saal geworfen

Der 64-Jährige ist ein ausgesprochener Befürworter von lockeren Waffengesetzen. Die Waffenlobbyorganisation National Rifle Association (NRA) plant am Freitag ihre Jahresversammlung in Texas. Bei dem Treffen in Houston soll Ex-US-Präsident Donald Trump sprechen. Eine Absage gibt es hingegen vom US-Musiker Don McLean. Ein Auftritt wäre respektlos gewesen, wie der für das Rahmenprogramm vorgesehene „American Pie“-Sänger per Aussendung mitteilte.

Biden: „Ich habe einfach satt, was da vor sich geht“

Eine Verschärfung der Waffengesetze in den USA scheitert seit vielen Jahren an einer grundlegenden Uneinigkeit zwischen Demokraten und Republikanern in dieser Frage. Während viele Demokraten seit Langem eine substanzielle Verschärfung der Vorschriften für Waffenbesitz im Land fordern, sind viele Republikaner vehement dagegen. „Ich habe einfach satt, was da vor sich geht“, sagte US-Präsident Joe Biden am Mittwoch und warb einmal mehr für eine Reform der Waffengesetze im Land. Viele Änderungen könnten einen Unterschied machen, ohne dass sich dies negativ auf den zweiten Verfassungszusatz auszuwirken würde.

Das Recht auf Waffenbesitz in den USA ist in der Verfassung verankert. Der entsprechende Passus stammt aus dem 18. Jahrhundert. Biden betonte, bei der Verabschiedung des zweiten Verfassungszusatzes habe es bestimmte Waffen noch gar nicht gegeben. Dass ein 18-Jähriger heute einfach in ein Geschäft gehen könne, um Kriegswaffen zu kaufen, sei nicht richtig. „Das ist gegen den gesunden Menschenverstand.“ Der US-Präsident kündigte an, er wolle „in den nächsten Tagen“ mit seiner Ehefrau Jill nach Texas reisen und sich dort mit Familien treffen.

Gun Violence Archive: 21.000 Tote im Vorjahr

Gewehre, Pistolen und Revolver sind in den USA weit verbreitet: Laut einer Schätzung gibt es in dem Land mehr als 390 Millionen Schusswaffen im Besitz von Zivilisten und damit mehr als Einwohner. Schusswaffengewalt ist alltäglich. Nach Angaben der Website Gun Violence Archive wurden in den USA allein im vergangenen Jahr knapp 21.000 Menschen durch Schüsse getötet, Suizide nicht eingeschlossen.