Josef Pühringer
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Seniorenbund

CoV-Hilfen wohl für Gehälter verwendet

Die CoV-Hilfen für den oberösterreichischen ÖVP-Seniorenbund aus dem Non-Profit-Organisationen-Unterstützungsfonds sind offenbar auch für Personalkosten verwendet worden. Das sagte Obmann Josef Pühringer den „Oberösterreichischen Nachrichten“ („OÖN“). Politikwissenschafter Hubert Sickinger hält das für nicht rechtens: „Der Seniorenbund versucht hier eine Flucht aus dem Parteiengesetz.“ Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec wies alle Vorwürfe zurück.

Der Seniorenbund der oberösterreichischen ÖVP hat für Vereine und Nichtregierungsorganisationen vorgesehene CoV-Förderungen in Höhe von fast zwei Millionen Euro kassiert, obwohl Parteien und ihre Teilorganisationen davon ausgeschlossen sind. Auch der Tiroler Seniorenbund hat offenbar Geld – knapp 185.000 Euro – aus diesem Topf lukriert. Argumentiert wird das mit einer formalen Doppelexistenz des Seniorenbundes als ÖVP-Teilorganisation und als Verein.

Der Obmann des oberösterreichischen Seniorenbundes, Alt-Landeshauptmann Josef Pühringer, sagte im Gespräch mit den „OÖN“, dass ein Viertel des Geldes an die Landesleitung, der Rest an die 250 ansuchenden Ortsgruppen gegangen sei. „Mit dem Geld für die Landesleitung wurden fast ausschließlich Gehälter bezahlt. Wir haben 20 Mitarbeiter und in der Corona-Zeit keine Kurzarbeit in Anspruch genommen.“ Hätte man das getan, hätte man mehr öffentliches Geld bekommen, ist er überzeugt.

Seniorenbund widerspricht eigenem Obmann

In einer Aussendung widersprach der oberösterreichische Seniorenbund allerdings seinem eigenen Obmann. „Es ist nicht richtig, dass mit den erhaltenen Unterstützungsmitteln ‚fast ausschließlich Gehälter bezahlt wurden‘“, heißt es darin. Gegenüber den „OÖN“ merkte Landesgeschäftsführer Franz Ebner an, mit den Hilfsgeldern sei „der laufende Betrieb aufrechterhalten“ worden.

Nicht klar wurde aus dem Statement des Seniorenbundes allerdings, was tatsächlich mit den Geldern geschah, die an die Landesleitung ergingen. Auch diese seien nicht für Gehälter verwendet worden, hieß es auf Nachfrage von ORF.at. Wofür das Geld zum Einsatz kam, werde man in Kürze in einer gesonderten Aussendung noch einmal aufschlüsseln, so der Sprecher. „Es sind keine Personalkosten damit bedeckt worden“, sagte Ebner am Nachmittag zur APA – mit einer Ausnahme, in der es um eine Mitarbeiterin mit Behinderung gehe.

„Vermischung“ im Wahlkampf?

Pühringer hatte in dem Interview mit den „OÖN“ auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass 2021 Veranstaltungen des Vereins auch dem Wahlkampf der ÖVP dienten, auch gesagt: „Im Wahlkampf kann sich das schon mal ein bisschen vermischen. Aber ich kann ausschließen, dass Gelder für politische Veranstaltungen verwendet wurden.“ Dass man etwas zurückzahlen muss, erwarte er, auch wenn Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) das bereits prüfen lässt, nicht. „98 Prozent unserer Tätigkeit sind Vereinstätigkeit. Da geht es um Veranstaltungen, Reisen und Bildungsprogramme. Kein Euro der Fördermittel wurde für Parteiarbeit benützt“, beteuerte Pühringer. „Wir haben ganz sicher nichts widerrechtlich verwendet.“

Korosec: „Wir zahlen nichts zurück“

Seniorenbund-Präsidentin Korosec wies in der Tageszeitung „Österreich“ alle Vorwürfe zurück: „Es wurde alles nach bestem Wissen und Gewissen eingereicht.“ Förderungen seien „ausschließlich über den Verein abgewickelt worden“. Und die Präsidentin der Bundesorganisation denkt auch nicht an Rückzahlungen: „Wir zahlen nichts zurück.“ Korosec deutete auch an, dass Oberösterreich und Tirol nicht die einzigen Bundesländer mit dieser Praxis waren: „Das haben einige gemacht.“

24.000 Euro in Vorarlberg

Mittlerweile heißt es aus Vorarlberg, auch dort habe der Verein des Seniorenbunds Gelder erhalten. Rund 24.000 Euro seien in zwei Tranchen bezahlt worden, bestätigt Vorarlbergs Seniorenbund-Obmann Werner Huber – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Im Burgenland habe der Seniorenbund um keine derartige Förderung angesucht, hieß es am Freitag auf Nachfrage des ORF Burgenland – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

„Aus der Volkspartei Niederösterreich, aus den Teilorganisationen der Volkspartei Niederösterreich sowie von Vereinen aus dem Umfeld wurden keine entsprechenden Gelder beantragt“, hieß es am Freitag auf APA-Anfrage etwa in St. Pölten.

Die steirischen ÖVP-Teilorganisationen haben eigenen Angaben zufolge ebenfalls keine Anträge auf derartige Hilfen gestellt und damit auch keine ausbezahlt bekommen. Ähnlich in Salzburg: Seniorenbund-Landesgeschäftsführer Markus Prucher erklärte auf APA-Anfrage, dass weder der Verein noch die politische Teilorganisation weder Anträge für Hilfsgelder gestellt noch etwas bekommen habe.

Sickinger: Rechnungshof „wird Nachfragen haben“

Parteienfinanzierungsexperte Sickinger bezweifelt aber offenbar, dass alles rechtens ist: „Es ist ausdrücklich ausgeschlossen, dass hier Personalkosten abgedeckt werden dürfen“, erklärte er im Ö1-Morgenjournal. Das könnte auch den Rechnungshof noch beschäftigen.

Im Rechenschaftsbericht müssten die Teilorganisationen ihre Einnahmen und Ausgaben offenlegen, „und da wird der Rechnungshof natürlich Nachfragen haben“, ist er überzeugt. Und wenn dieser zur Ansicht gelange, dass die Förderung unzulässig war, „wäre das die Annahme einer Parteispende einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, und das dürfen Parteiorganisationen nicht“.

ÖVP sieht Verein nicht als Vorfeldorganisation

Der oberösterreichische Seniorenbund will aber keine ÖVP-Vorfeldorganisation sein: „Dem OÖ-Seniorenbund ist auch keine politische Partei bekannt, in deren Statut/Satzungen eine Mitwirkung des Vereins OÖ-Seniorenbundes an der Willensbildung dieser Partei, etwa durch Entsendungen in deren Organe, vorgesehen wäre“, schreibt Rechtsanwalt Werner Suppan in einer Stellungnahme.

Den Förderbezug rechtfertigt man mit einem Schreiben aus dem Sozialministerium, in welchem dem Seniorenrat, in dem auch der Seniorenbund vertreten ist, geraten wird, einen Antrag an den NPO-Unterstützungsfonds zu stellen. Und man führt die Doppelexistenz als Teilorganisation der ÖVP und als gemeinnütziger Verein ins Treffen – die allerdings weitgehend personalident sind.

Anzeigen von NEOS

NEOS, SPÖ und FPÖ reagierten wie schon am Vortag mit scharfer Kritik. Wegen der Aussage Pühringers, dass „mit dem Geld für die Landesleitung fast ausschließlich Gehälter bezahlt“ wurden, bringt NEOS Anzeigen gegen den Seniorenbund in Oberösterreich und Tirol ein. Die Förderungen aus dem NPO-Fonds dürfen laut Gesetz nur für Miete und Pacht oder Betriebskosten und dergleichen verwendet werden, nicht aber für Personalkosten. „Die ÖVP hat sich also nicht nur mutmaßlich rechtswidrig Förderungen in Millionenhöhe gekrallt, sie hat sie laut eigenen Aussagen auch unrechtmäßig verwendet“, sagt NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos in einer Aussendung.

SPÖ: „Schamlose Selbstbedienung“

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch verwies auf eine Entscheidung des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats (UPTS) aus dem Jahr 2018. Dieser habe am Beispiel Niederösterreich festgestellt, „dass zwischen dem Verein Seniorenbund und der Teilorganisation keine Differenzierung vorzunehmen“ sei.

Die ÖVP sieht Deutsch angesichts dieser „schamlosen Selbstbedienung in schwerer Erklärungsnot“. Die ÖVP überschreite „jede rote Linie“ und missbrauche „die Republik als Selbstbedienungsladen“. Es sei zu prüfen, ob eine illegale Parteispende für die ÖVP vorliege. Deutsch sieht auch Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer in der Pflicht. Dass im Seniorenbund offenbar auch Personalkosten bezahlt wurden, „obwohl diese nicht förderwürdig sind, zeige die ganze Dimension dieser Causa“, so Deutsch.

ÖVP kritisiert SPÖ

Der SPÖ-Pensionistenverband betonte unterdessen, keine Förderung aus dem NPO-Fonds beantragt oder bezogen zu haben. Präsident Peter Kostelka erklärte auf Anfrage der APA, dass das auch gar nicht möglich wäre, weil beim Pensionistenverband Bund, Land und Ortsgruppen eine Rechtspersönlichkeit seien. Außerdem gebe es einen Beschluss des Vorstandes, keine Förderung zu beantragen.

ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner versuchte dennoch den Spieß umzudrehen und kritisierte die Sozialdemokraten. „Zwei Organisationen unter einem Türschild unterzubringen ist bei der SPÖ keine Ausnahme. Solche intransparenten Vereinskonstruktionen verdeutlichen, dass der SPÖ jedes Bewusstsein für Abgrenzung und Transparenz fehlt“, meinte sie in einer Aussendung. Angesichts ihrer eigenen Intransparenz sollte die SPÖ vor der eigenen Türe kehren und diese dubiose Vorgangsweise beenden.

FPÖ fordert Rücktritte

Der Seniorenbund würde „jeden Tag ein bisschen mehr zugegeben, weil es ohnehin nicht mehr zu leugnen sei“, kritisierte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz: „Wenn Seniorenbund-Landesobmann Pühringer jetzt sogar zugibt, dass mit dem Corona-Fördergeld die Gehälter der zwanzig ÖVP-Mitarbeiter bezahlt worden sind, und davon spricht, dass sich im Wahlkampf schon ein bisschen was vermischen kann, dann ist das eine riesengroße Sauerei. Die ÖVP glaubt wirklich, die Republik gehört ihr.“ Korosec sei „völlig neben der Spur, wenn sie in einem Zeitungsinterview sagt, dass der Seniorenbund ‚sicher nichts‘ zurückzahlen werde“, so Schnedlitz. Er legt Pühringer und Korosec den Rücktritt nahe.