IV-Papier: Klimapolitische Beschlüsse neu bewerten

In einem internen Papier der Industriellenvereinigung (IV), aus dem das Ö1-Mittagsjournal heute zitierte, bekennt sich die Industrie zwar zum Klimaschutz und will auch „maßgeblicher Treiber“ sein. Es brauche aber „ein Aussetzen, eine Evaluierung und gemeinsame Neubewertung klimapolitischer Beschlüsse“ sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene, heißt es im „IV-Spickzettel“ vom 8. April. Scharfe Kritik kommt von Global 2000.

Auf EU-Ebene meint die IV den „Green Deal“ und das „Fit for 55“-Programm mit seinen strengeren CO2-Einsparungszielen, in Österreich Klimaschutzgesetz (KSG), Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) und Energieeffizienzgesetz (EEffG). Man wolle die Politik zu einer „Klimaklausur“ einladen: „Zum Entwurf eines realistischen CO2-neutralen-Fahrplans.“

Zum KSG heißt es, dass Klimaziele im Verfassungsrang „rote Linie“ der IV seien. Das Gesetz ist seit zwei Jahren überfällig. Es soll der Rahmen für den Klimaschutz werden und regeln, welche Treibhausgasmengen verursacht werden dürfen. Zum EWG, das regeln soll, wie schnell Heizungen getauscht werden, heißt es: „Kein Angreifen der Gasheizungen im Bestand.“

„Damit blockiert die IV eine sichere und saubere Wärmeversorgung für alle Menschen in Österreich“, kritisierte Global 2000. „Man kann sich nicht zu den Klimazielen bekennen und gleichzeitig das Aussetzen sämtlicher Klimaschutzbeschlüsse fordern. Die Industriellenvereinigung stellt sich offenbar hinter den Kulissen auch gegen eine sichere und saubere Wärmeversorgung für alle Menschen in Österreich und will 900.000 Haushalte in der Gas-Geiselhaft halten“, so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000. Die IV müsse ihre „energiepolitische Geisterfahrt rasch beenden“.

Klares Nein zu Klimazielen im Verfassungsrang

Im Papier heißt es, dass die „Dekarbonisierung nicht zu einer Deindustrialisierung führen darf“. Dahingehend „rote Linie“ der IV seien Klimaziele im Verfassungsrang. Im ebenso überfälligen Energieeffizienzgesetz (EEffG) dürfe es zu keiner Lieferantenverpflichtung kommen. Dann müssten Energiekonzerne nicht dafür sorgen, dass Kunden weniger verbrauchen, was aber Kernstück des Gesetzes werden soll.

Mittelfristig gebe es keinen Ersatz für zwei Drittel der Gasmengen aus Russland, heißt es auch im Papier. „Russisches Gas ist mittelfristig alternativlos. Ohne Gas drohen Produktionsstillstand und Massenarbeitslosigkeit.“ LNG sei kein kurzfristiges Substitut.

Als „wichtigste Forderung“ findet sich einer der Dauerbrenner der IV: der Ruf nach einer Strompreiskompensation in der Höhe von 200 Mio. Euro. Und: „Ohne Genehmigungsturbo bleiben Klimaziele ideologisches Wunschdenken.“ Der Ausbau Erneuerbarer müsse viel schneller werden, und dafür brauche es viel raschere Genehmigungsverfahren.