Josef Pühringer
APA/Fotokerschi.at/Werner Kerschbaum
CoV-Hilfen

OÖ Seniorenbund widerspricht Pühringer

Hat der oberösterreichische ÖVP-Seniorenbund (OÖSB) Teile der CoV-Hilfsgelder auch für Personalkosten verwendet? OÖSB-Obmann Josef Pühringer hatte in einem Interview mit den „Oberösterreichischen Nachrichten“ („OÖN“) gemeint, das Geld sei auch in Gehälter geflossen. Dem widersprach Freitagnachmittag allerdings Landesgeschäftsführer Franz Ebner. Unterdessen wurden auch Zahlungen in weiteren Bundesländern bekannt.

Fast zwei Millionen Euro aus dem „Non Profit Organisationen-Unterstützungsfonds“ erhielt der OÖSB. Was mit dem Geld passiert ist, sorgt nun auch für widersprüchliche Aussagen aus der Organisation selbst. Landesgeschäftsführer Ebner korrigierte seinen eigenen Obmann Pühringer. Der ehemalige oberösterreichische Landeshauptmann hatte gegenüber den „OÖN“ gesagt, dass ein Viertel des Geldes an die Landesleitung, der Rest an die 250 ansuchenden Ortsgruppen gegangen sei.

„Mit dem Geld für die Landesleitung wurden fast ausschließlich Gehälter bezahlt. Wir haben 20 Mitarbeiter und in der Corona-Zeit keine Kurzarbeit in Anspruch genommen.“ Hätte man das getan, hätte man mehr öffentliches Geld bekommen, so Pühringer. „Es sind keine Personalkosten damit bedeckt worden“, sagte hingegen Ebner am Nachmittag zur APA – mit einer Ausnahme, in der es um eine Mitarbeiterin mit Behinderung gehe.

Diskussion über CoV-Hilfen für Seniorenbund

Hat der oberösterreichische ÖVP-Seniorenbund (OÖSB) Teile der CoV-Hilfsgelder auch für Personalkosten verwendet? OÖSB-Obmann Josef Pühringer hatte in einem Interview mit den „Oberösterreichischen Nachrichten“ („OÖN“) gemeint, das Geld sei auch in Gehälter geflossen. Dem widersprach Freitagnachmittag allerdings Landesgeschäftsführer Franz Ebner. Unterdessen wurden auch Zahlungen in weiteren Bundesländern bekannt.

Bereits zuvor hatte der OÖSB Pühringer in einer Aussendung widersprochen. „Es ist nicht richtig, dass mit den erhaltenen Unterstützungsmitteln ‚fast ausschließlich Gehälter bezahlt wurden‘“, hieß es darin. Vielmehr sei mit den Hilfsgeldern „der laufende Betrieb aufrechterhalten“ worden. Nicht klar wurde aus dem Statement des Seniorenbundes allerdings, wofür das Geld, das an die Landesleitung erging, nun im Detail verwendet wurde. Man werde das in Kürze noch einmal klarer aufzeigen, kündigte ein Sprecher gegenüber ORF.at an.

Überschneidung oder nicht?

Auch in der Frage, inwieweit sich soziale und politische Arbeit überschneiden, scheint es im OÖSB unterschiedliche Eindrücke zu geben. Auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass 2021 Veranstaltungen des Vereins auch dem Wahlkampf der ÖVP dienten, meinte Pühringer in den OÖN: „Im Wahlkampf kann sich das schon mal ein bisschen vermischen. Aber ich kann ausschließen, dass Gelder für politische Veranstaltungen verwendet wurden.“ Ebner betonte dann aber: „Es gibt eine strikte Trennung der beiden Organisationen und der Finanzen. So wurde das auch im Wahljahr 2021 gehandhabt.“

Dass man etwas zurückzahlen muss, erwartet man im Seniorenbund aber offenbar nicht, auch wenn Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) das bereits prüfen lässt. „98 Prozent unserer Tätigkeit sind Vereinstätigkeit. Da geht es um Veranstaltungen, Reisen und Bildungsprogramme. Kein Euro der Fördermittel wurde für Parteiarbeit benützt“, beteuerte Pühringer, „wir haben ganz sicher nichts widerrechtlich verwendet“.

Korosec: Zahlen nichts zurück

Seniorenbund-Präsidentin Korosec wies in der Tageszeitung „Österreich“ alle Vorwürfe zurück: „Es wurde alles nach bestem Wissen und Gewissen eingereicht.“ Förderungen seien „ausschließlich über den Verein abgewickelt worden“. Und die Präsidentin der Bundesorganisation denkt auch nicht an Rückzahlungen: „Wir zahlen nichts zurück.“ In den Bundesländern beruft man sich unter anderem auf ein Schreiben des Generalsekretariats des Sozialministeriums, in dem dem Seniorenrat die Inanspruchnahme des NPO-Fonds empfohlen worden war.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verwies am Freitag auf die Prüfung durch Kogler. „Es gab rechtliche Vorgaben, die einzuhalten sind. Aus meiner Sicht ist die Prüfung abzuwarten“, sagte Nehammer vor Journalisten.

Geldflüsse auch in anderen Bundesländern

Bekannt wurde mittlerweile, dass auch in anderen Bundesländern Geld an Vereine des Seniorenbundes geflossen war. So lukrierte offenbar der Tiroler Seniorenbund knapp 185.000 Euro aus dem Hilfstopf. Argumentiert wird das mit einer formalen Doppelexistenz des Seniorenbundes als ÖVP-Teilorganisation und als Verein. Einen Geldfluss gab es zudem in Vorarlberg, hier gingen rund 24.000 Euro an einen Seniorenbund-Verein. Ausgezahlt wurde in zwei Tranchen, sagte Vorarlbergs ÖVP-Seniorenbund-Obmann Werner Huber gegenüber dem ORF Vorarlberg.

CoV-Hilfen beantragt und bekommen hat auch der Wiener Verein „Ab5zig – Wiener Senioren“. Das teilte Landesgeschäftsführer Lorenz Mayer am Freitagnachmittag mit. Es handelt sich dabei ebenfalls um einen Verein des Wiener Seniorenbundes. Allerdings sei man eine gemeinnützige Organisation, wie in der Mitteilung versichert wurde. Die Unterstützung betrug 286.817,53 Euro für 2020 und 2021. „Als eine der größten Seniorenorganisationen der Stadt verstehen wir uns wie auch andere sozial ausgerichtete Organisationen (z. B. Rotes Kreuz oder die Caritas) als Serviceorganisation“, hieß es. Man biete umfangreiche Beratungen an.

„Wie andere Vereine war auch der Verein ‚ab5zig Wiener Senioren‘ von den Corona-Lockdowns und deren Auswirkungen existenzbedrohend betroffen“, so die Organisation. Der Verein verwies auf Einnahmeausfälle, Stornierungen von Ausflügen, Führungen und Veranstaltungen. Man habe nach einer entsprechenden Empfehlung des Sozialministeriums an den Seniorenrat um Unterstützung angesucht. Festgehalten wurde, dass man sich „wesentlich“ von der ÖVP-Teilorganisation Seniorenbund unterscheide. „Die Trennung zwischen Verein und Teilorganisation ist streng geregelt.“ Auch hielt man fest: „Die Mittel wurden ordnungsgemäß verwendet. Eine Mittelweitergabe an die Teilorganisation ist ausgeschlossen.“

Und auch der Kärntner Seniorenbund erhielt Mittel aus dem NPO-Unterstützungsfonds – und zwar 50.932,63 Euro, wie Landesobfrau Elisabeth Scheucher-Pichler am Freitag erklärte. Die Mittel seien „ordnungsgemäß“ verwendet und keinesfalls an die ÖVP weitergegeben worden, verwies sie auf die strenge Trennung von zwischen Verein und Teilorganisation.

Sickinger: Rechnungshof „wird Nachfragen haben“

Parteienfinanzierungsexperte Sickinger bezweifelt aber offenbar, dass alles rechtens ist: „Es ist ausdrücklich ausgeschlossen, dass hier Personalkosten abgedeckt werden dürfen“, erklärte er im Ö1-Morgenjournal. Das könnte auch den Rechnungshof noch beschäftigen.

Im Rechenschaftsbericht müssten die Teilorganisationen ihre Einnahmen und Ausgaben offenlegen, „und da wird der Rechnungshof natürlich Nachfragen haben“, ist er überzeugt. Und wenn dieser zur Ansicht gelange, dass die Förderung unzulässig war, „wäre das die Annahme einer Parteispende einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, und das dürfen Parteiorganisationen nicht“.

ÖVP sieht Verein nicht als Vorfeldorganisation

Der oberösterreichische Seniorenbund will aber keine ÖVP-Vorfeldorganisation sein: „Dem OÖ-Seniorenbund ist auch keine politische Partei bekannt, in deren Statut/Satzungen eine Mitwirkung des Vereins OÖ-Seniorenbundes an der Willensbildung dieser Partei, etwa durch Entsendungen in deren Organe, vorgesehen wäre“, schrieb Rechtsanwalt Werner Suppan in einer Stellungnahme.

Den Förderbezug rechtfertigt man mit einem Schreiben aus dem Sozialministerium, in welchem dem Seniorenrat, in dem auch der Seniorenbund vertreten ist, geraten wird, einen Antrag an den NPO-Unterstützungsfonds zu stellen. Und man führt die Doppelexistenz als Teilorganisation der ÖVP und als gemeinnütziger Verein ins Treffen – die allerdings weitgehend personalident sind.

Anzeigen von NEOS

NEOS, SPÖ und FPÖ reagierten wie schon am Vortag mit scharfer Kritik. Wegen der Aussage Pühringers, dass „mit dem Geld für die Landesleitung fast ausschließlich Gehälter bezahlt“ wurden, bringt NEOS Anzeigen gegen den Seniorenbund in Oberösterreich und Tirol ein. Die Förderungen aus dem NPO-Fonds dürfen laut Gesetz nur für Miete und Pacht oder Betriebskosten und dergleichen verwendet werden, nicht aber für Personalkosten. „Die ÖVP hat sich also nicht nur mutmaßlich rechtswidrig Förderungen in Millionenhöhe gekrallt, sie hat sie laut eigenen Aussagen auch unrechtmäßig verwendet“, sagte NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos in einer Aussendung.

SPÖ: „Schamlose Selbstbedienung“

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch verwies auf eine Entscheidung des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats (UPTS) aus dem Jahr 2018. Dieser habe am Beispiel Niederösterreich festgestellt, „dass zwischen dem Verein Seniorenbund und der Teilorganisation keine Differenzierung vorzunehmen“ sei.

Die ÖVP sieht Deutsch angesichts dieser „schamlosen Selbstbedienung in schwerer Erklärungsnot“. Die ÖVP überschreite „jede rote Linie“ und missbrauche „die Republik als Selbstbedienungsladen“. Es sei zu prüfen, ob eine illegale Parteispende für die ÖVP vorliege. Deutsch sieht auch Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer in der Pflicht. Dass im Seniorenbund offenbar auch Personalkosten bezahlt wurden, „obwohl diese nicht förderwürdig sind, zeige die ganze Dimension dieser Causa“, so Deutsch.

ÖVP kritisiert SPÖ

Der SPÖ-Pensionistenverband betonte unterdessen, keine Förderung aus dem NPO-Fonds beantragt oder bezogen zu haben. Präsident Peter Kostelka erklärte auf Anfrage der APA, dass das auch gar nicht möglich wäre, weil beim Pensionistenverband Bund, Land und Ortsgruppen eine Rechtspersönlichkeit seien. Außerdem gebe es einen Beschluss des Vorstandes, keine Förderung zu beantragen.

ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner versuchte dennoch, den Spieß umzudrehen, und kritisierte die Sozialdemokraten. „Zwei Organisationen unter einem Türschild unterzubringen ist bei der SPÖ keine Ausnahme. Solche intransparenten Vereinskonstruktionen verdeutlichen, dass der SPÖ jedes Bewusstsein für Abgrenzung und Transparenz fehlt“, meinte sie in einer Aussendung. Angesichts ihrer eigenen Intransparenz sollte die SPÖ vor der eigenen Türe kehren und diese dubiose Vorgangsweise beenden.

FPÖ fordert Rücktritte

Der Seniorenbund würde „jeden Tag ein bisschen mehr zugegeben, weil es ohnehin nicht mehr zu leugnen sei“, kritisierte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz: „Wenn Seniorenbund-Landesobmann Pühringer jetzt sogar zugibt, dass mit dem Corona-Fördergeld die Gehälter der zwanzig ÖVP-Mitarbeiter bezahlt worden sind, und davon spricht, dass sich im Wahlkampf schon ein bisschen was vermischen kann, dann ist das eine riesengroße Sauerei. Die ÖVP glaubt wirklich, die Republik gehört ihr.“ Korosec sei „völlig neben der Spur, wenn sie in einem Zeitungsinterview sagt, dass der Seniorenbund ‚sicher nichts‘ zurückzahlen werde“, so Schnedlitz. Er legte Pühringer und Korosec den Rücktritt nahe.