Menschen in Wien
ORF.at/Christian Öser
Omikron-Untervariante

Nächste Lockerung im Schatten von BA.5

Einhergehend mit sinkenden Kennzahlen fallen mit 1. Juni die nächsten Coronavirus-Maßnahmen und damit – mit Ausnahme von Wien – etwa nun auch die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln. Im Schatten der Lockerungen sorgen unterdessen die Omikron-Untervarianten BA.4 und BA.5 für Sorgenfalten und Debatten.

„Gemäß internationaler Beobachtungsdaten dürften diese Varianten über Wachstumsvorteile gegenüber ihren Vorgängerinnen verfügen“, heißt es dazu beim COVID-Prognose-Konsortium – sprich BA.4 und BA.5 sind womöglich weit ansteckender als andere Varianten. Untermauert wird diese Vermutung derzeit in Portugal: Dort dominiert die Ende März erstmals nachgewiesene BA.5-Variante mit fast 80 Prozent aller gemeldeten Neuinfektionen mittlerweile nicht nur das Pandemiegeschehen, sondern sorgt auch für deutlich steigende Fallzahlen.

Angesichts von mehr als 30.000 Infektionen pro Tag ist unter Virologen von einer „Explosion neuer Ansteckungen“ die Rede, so der „Tagesspiegel“, demzufolge wegen BA.5 nun auch zunehmend die „Hoffnung auf einen normalen Sommer“ schwindet. Vielmehr gehen die wieder steigenden Belastungen für die Krankenhäuser und die zunehmenden quarantänebedingten Ausfälle von Arbeitskräften erneut einher mit lauter werdenden Rufen nach einer Verschärfung der derzeit auch in Portugal weitgehend abgeschafften CoV-Maßnahmen.

ECDC rechnet mit „erheblichem Anstieg“

Was die Lage in Österreich betrifft, rechnet das Covid-19-Prognoseinstitut für diese Woche weiter mit einem Abwärtstrend bei den Infektionszahlen – „doch ist die Fallentwicklung von diametralen Dynamiken geprägt“. Die Rede ist hier einseits vom saisonalen Effekt, andererseits von einem abnehmenden Impfschutz.

Über die Virulenz von BA.4 und BA.5 seien „noch nicht ausreichend Informationen verfügbar“ – die Expertinnen und Experten verweisen in ihrer letzten Prognose aber darauf, dass nach der WHO nun auch das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) diese Omikron-Linien als besorgniserregend eingestuft hat.

Hickhack um Variantenmonitoring

Das ECDC rechnet in den nächsten Wochen und Monaten schließlich auch mit einem „erheblichen Gesamtanstieg der Infektionszahlen in Europa“. Ob und welche Folgen das mit sich bringen könnte, bleibt in der ECDC-Prognose weitgehend offen. Demnach gebe es bisher zwar noch keine Hinweise darauf, dass die beiden neuen Varianten schwerere Verläufe als etwa BA.1 und BA.2 mit sich bringen würden – allerdings sei dazu die Datenlage noch recht vage.

Die Datenlage, und derzeit die Frage, wie hoch der Anteil von BA.4 und BA.5 an den heimischen CoV-Neuinfektionen ist, sorgt in Österreich für durchaus heftige Debatten. Demnach kenne Wien derzeit, „wie auch alle anderen Bundesländer“, die Anteile nicht, so der Sprecher des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ), Mario Dujakovic. Neben dem Auslaufen der Schultests kritisiert dieser via Twitter das derzeit „ausgedünnte Virusvariantenmonitoring“ und dabei auch eine „Diskussion um Reduktion der Abwasseranalysen“.

Der Sprecher von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne), Daniel Böhm, stellte via Twitter in Abrede, dass „der Bund mit Variantenmonitoring aufgehört haben soll“. Demnach werde „aktuell stärker auf Sentinel-Analyse gesetzt, um die unterschiedlichen Omikron-Varianten genauer unterscheiden zu können“.

„Läuft auf Welle im Juli raus“

Die Surveillance sei noch nie so systematisch über alle Bundesländer verteilt gewesen wie jetzt, merkt Ulrich Elling von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in diesem Zusammenhang an. Der Molekularbiologe hält via Twitter aber auch fest: „Alle Staaten fahren das Monitoring gerade massiv runter. Auch absolute Infektionszahlen sind immer unklarer, da Leute nicht mehr immer PCR testen.“

Dennoch würden die Zahlen zu BA.4 und BA.5 „immer klarer. Es läuft bei uns wahrscheinlich auf eine Welle im Juli raus“, so Elling samt kritischem Seitenwink auf das anstehende Aus bei der Maskenpflicht.

Neue CoV-Verordnung steht

Laut der am Montag vom Gesundheitsministerium veröffentlichten aktualisierten Covid-19-Basismaßnahmenverordnung wird ab Juni die Verpflichtung zum Tragen einer Maske auf Krankenanstalten, Kuranstalten und sonstige Orte, an denen Gesundheits- und Pflegedienstleistungen erbracht werden, sowie Alten- und Pflegeheime beschränkt.

„Thema“ zum Aussetzen der Maskenpflicht

Nach mittlerweile zwei Jahren fällt – für den Moment – Anfang Juni die Maskenpflicht im Lebensmittelhandel. Auch in öffentlichen Verkehrsmitteln müssen – mit Ausnahme von Wien – keine Masken mehr getragen werden. Eine „Atempause“ nennt es der Gesundheitsminister. Auch die Epidemiologin Eva Schernhammer ist sich sicher, dass Masken und Abstandhalten im Herbst wieder kommen. Trotzdem fühlen sich die Lockerungen der Schutzmaßnahmen für viele an wie das Ende der Pandemie, berichten Andrea Poschmaier und Leon Hoffmann-Ostenhof.

Eine Wiedereinführung bei steigenden Fallzahlen sei möglich, die Wiedereinführung ab Herbst wahrscheinlich, heißt es im Gesundheitsministerium. Die Bundeshauptstadt Wien geht weiter ihren eigenen Weg und behält die Maskenpflicht zumindest in öffentlichen Verkehrsmitteln, Arztpraxen und Apotheken bei.