Ex-US-Präsident Donald Trump
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Republikanische Partei

Trump und der neue Griff nach der Macht

Die Republikaner sind in der Bredouille. Einerseits gibt es noch keine Alternativen zu Ex-Präsident Donald Trump in Sachen Wählergunst, andererseits bekommt das Bild des Rechtspopulisten durch seine teils erfolglose Unterstützung in den republikanischen Vorwahlen zu den Midterms und Gouverneurswahlen erste Risse. Parteiintern versuchen mehrere Republikaner nach der Macht zu greifen – Querelen und Lagerkämpfe inklusive.

Einen ersten Vorgeschmack auf die parteiinternen Kämpfe geben die parteiinternen Vorwahlen, bei denen die Kandidatin bzw. der Kandidat bestimmt wird, die im jeweiligen Bundesstaat für die Republikaner bei den Zwischenwahlen zum Kongress und einer Reihe von Gouverneurswahlen an den Start gehen.

Diese Kongress- und Gouverneurswahlen finden zwar erst im Herbst statt, doch bereits das Frühjahr ist umkämpft und konfliktreich. So fanden in den letzten Wochen etwa in North Carolina, Kentucky, Oregon, Alabama, Arkansas, Minnesota und Texas Vorwahlen statt. In Georgia erlitt Trump eine große Niederlage. Weitere Bundesstaaten folgen mit Vorwahlen noch vor dem Sommer.

Ex-US-Vizepräsident Mike Pence und Georgias Gouverneur Brian Kemp
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Ex-Vizepräsident Mike Pence und der Gouverneur von Georgia, Brian Kemp

Trump will Macht in Partei zementieren

Der beinahe 76-jährige Trump nutze die Vorwahlen, um seine Macht in der Partei zu messen, und habe Kandidaten und Kandidatinnen „im Dutzend“ unterstützt, gleichzeitig versuche er damit, den Republikanern seinen Stempel aufzudrücken und sie zu prägen wie noch kein anderer ehemaliger republikanischer Präsident, so die „New York Times“. Trump will damit sein Lager in der Partei vergrößern und stärken, um jede Konkurrenz im parteiinternen Rennen um die Kandidatur für das Weiße Haus in zwei Jahren zu eliminieren.

Trump unterstützte Kandidaten und Kandidatinnen für fast 200 Positionen, vom Bezirkskommissar bis zum Gouverneur, so der britische „Guardian“. Die Mehrheit dieser Positionen sei aber nicht stark umstritten und werde dazu beitragen, Trumps Siegesliste zu verlängern.

Teils „rücksichtslos und rachsüchtig“

Trump lässt dabei seine Macht spielen und spricht seine Unterstützung für Kandidaten oder Kandidatinnen aus, die ihm gegenüber loyal sind – sehr zum Unmut seiner parteiinternen Konkurrenz. Denn andere Unterstützungen zielten darauf ab, die republikanischen Amtsinhaber zu vertreiben, die sich Trumps widerlegter Behauptung des Wahlbetrugs widersetzt hätten. Hier werde der Kampf von Trump rücksichtslos und rachsüchtig ausgetragen, hieß es weiter.

Nikki Haley
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Der ehemaligen US-UNO-Botschafterin Nikki Haley werden Ambitionen auf das Weiße Haus nachgesagt

Trumps neue selbst angelegte Rolle als „Parteichef“ stößt so manchem sauer auf. Seiner Rolle bei den Vorwahlen als „Königsmacher“ war bisher nur ein durchwachsener Erfolg gegönnt – und das macht ihn angreifbar.

Georgia „Schlag ins Gesicht“

Vor allem die Niederlage in Georgia hat Trump geschwächt. Es sei wie ein Schlag ins Gesicht gewesen, so US-Medien. Der von Trump unterstützte Bewerber für das Gouverneursamt in dem Südstaat, David Perdue, verlor mit riesigem Abstand gegen Amtsinhaber Brian Kemp. Der unterlegene Perdue hatte sich im Wahlkampf als besonders enger Trump-Verbündeter gegeben. Der frühere Senator wiederholte regelmäßig die von Trump gesponnenen Vorwürfe des vermeintlichen Betrugs bei der Präsidentschaftswahl 2020.

Kemp hingegen hatte Trumps Wut auf sich gezogen, weil er sich damals geweigert hatte, den Ausgang der Wahl in Georgia zugunsten des damaligen Präsidenten zu kippen. Trump attackierte deswegen Kemp regelmäßig scharf und förderte dessen Herausforderer Perdue. Nach seinem parteiinternen Sieg vermied es Kemp allerdings, Trump zu kritisieren.

US-Senator Ted Cruz
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Auch Senator Ted Cruz unterstützt eigene Kandidaten

Pence, Cruz und Paul nicht auf Trump-Linie

Parteiintern war das Match in Georgia nicht unheikel. So stellte sich der frühere Vizepräsident Mike Pence offen auf die Seite von Kemp – und damit gegen seinen früheren Chef. Pence werden nämlich Ambitionen auf eine Präsidentschaftskandidatur 2024 nachgesagt. Pence weiß die radikale christliche Rechte auf seiner Seite, er selbst wird auch als evangelikaler christlicher Hardliner tituliert.

Neben Pence haben sich auch die bekannten republikanischen Senatoren Ted Cruz und Rand Paul die „Freiheit herausgenommen“, wie der „Guardian“ schreibt, in den Midterms „eigene“ Kandidaten zu unterstützen, die nicht Trumps Zustimmung genossen. Ihnen fehlte das „Wahl gestohlen“-Gütesiegel des Ex-Präsidenten.

Aura der Unberührbarkeit „angekratzt“

Die zunehmenden Niederlagen ermöglichen es auch anderen Rivalen und Rivalinnen in einem seit Anfang 2016 nicht mehr erlebten Ausmaß, sich in gute Ausgangspositionen zu bringen, und erhöhen die Chancen, dass Trump, sollte er 2024 erneut kandidieren, ernsthafter Konkurrenz ausgesetzt sein würde, so die „New York Times“ weiter. Trumps bisherige Aura der Unberührbarkeit in der republikanischen Politik ist angekratzt, so die Schlussfolgerung der Zeitung.

Teile der Partei versuchen, Trumps Einfluss zurückzudrängen. Denn sie befürchten unter anderem, dass Trumps Fixierung auf seine Wahlniederlage 2020 und den vermeintlichen Wahlbetrug den Republikanern bei den nächsten Wahlen schaden könnte, und nehmen dabei als Beispiel Georgia.

Trumpismus ohne Trump als Möglichkeit

So ist laut dem republikanischen Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, die Ablehnung des Trump-Kandidaten ein Beweis dafür, dass derjenige ein Verlierer ist, der weiter über die Präsidentschaftswahl 2020 spricht. McConnell kritisierte damit eines der großen Themen von Trump – seine offenbar immer noch unverdaute Niederlage gegen den Demokraten Joe Biden. McConnell plädierte, nach vorne zu blicken und nicht zurück, das wolle auch die Wählerschaft, so McConnell in „Politico“ mit Verweis auf das Ergebnis in Georgia.

Trump habe die Republikanische Partei in den letzten fünf Jahren verändert, so Bill Galston vom Thinktank Brookings Institution in Washington im „Guardian“. Die Republikaner seien jetzt eine solide trumpistische Mehrheitspartei mit allem, was Politik und Ton betreffe. „Andererseits sind die Republikaner, einschließlich sehr konservativer, eindeutig bereit, die Möglichkeit des Trumpismus ohne Trump in Erwägung zu ziehen“, sieht Galston die Partei an einem möglichen Wendepunkt. Auch parteiintern werden die Stimmen, auch unter Konservativen, lauter, die einen Trumpismus ohne Trump als zukunftsweisend für die Partei sehen.

Autorität wird herausgefordert

Von der äußersten Rechten drohe Trump ebenfalls Ungemach, auch hier werde seine Autorität herausgefordert, so der „Guardian“ weiter. Einige bezichtigen Trump, nicht mehr trumpistisch genug zu sein. Als Beispiel führen sie eine Veranstaltung von letztem Jahr an, als Trump ausgebuht wurde – er hatte seinen Unterstützerinnen und Unterstützern nahegelegt, sich gegen CoV impfen zu lassen.

Seither wird das Thema CoV-Impfung in Trumps öffentlichen Reden so gut wie ausgeklammert. Trump habe nie verletzbarer gewirkt, so ein nicht genannt werden wollender Stratege der Republikaner in „The Hill“. Natürlich werde das bemerkt und die Gelegenheit genutzt, sich selbst mehr ins Rampenlicht zu bringen, so der Politberater.

Pence auf der Suche nach Verbündeten

Deshalb machten auch hochrangige Republikaner eigene Schritte in Richtung Anlauf zum Weißen Haus. Das deutet darauf hin, dass sie nicht länger bereit seien, ihre eigenen Karrierepläne in Sachen Präsidentschaft wegen Trump auf Eis zu legen. So sucht etwa Pence wie auch andere republikanische Politiker bereits Verbündete in den Bundesstaaten, wie etwa eine Reise nach Iowa zeigte. Auch die Wahlkampfkassen wollen gefüllt werden.

Zwar gilt Trump derzeit für die parteiinerne Wahl für das Weiße Haus weiter als Nummer eins, wie die „Washington Post“ schreibt, doch er muss sich das Feld wohl mit einigen starken Kandidaten und Kandidatinnen teilen – darunter eben etwa Pence.

Floridas Gouverneur Ron DeSantis
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Der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, gilt als große Hoffnung der Trumpismus-ohne-Trump-Fraktion

Dichtes Feld im Kampf um Kandidatur für Weißes Haus

Die Zahl der potenziellen Lager bei den Republikanern für die Präsidentschaftswahl 2024 ist derzeit noch sehr groß. Laut Medienberichten zählen neben Ron DeSantis, dem Gouverneur von Florida, auch Mitt Romney, der 2012 als Kandidat der Republikaner gegen Barack Obama verlor, Mike Pompeo, Außenminister unter Trump und ehemaliger CIA-Chef, Marco Rubio, der 2016 in Florida die Vorwahl gegen Trump verlor.

Auch Nikki Haley, Ex-Gouverneurin von South Carolina und ehemalige US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen unter Trump, werden gute Chancen zugeschrieben. Haley hatte bei der Wahl 2016 zunächst Rubio unterstützt und wechselte erst nach dessen Rückzug, laut eigenen Aussagen zunächst widerwillig, ins Trump-Lager. Liz Cheney, Tochter des Ex-Vizepräsidenten Dick Cheney, ist neben Haley eine der wenigen Frauen, die zur Konkurrentin von Trump werden könnten. Cheney wurde allerdings von der Partei für ihre Mitarbeit im Untersuchungsausschuss zum Kapitol-Angriff gerügt.

DeSantis mit gut gefüllter Wahlkampfkasse

DeSantis gilt ebenfalls als große Hoffnung der Trumpismus-ohne-Trump-Fraktion. Er verfolgt in Florida eine äußerst konservative Politik. Er will etwa dem Freizeitpark Disney World in Orlando das Selbstverwaltungsrecht entziehen, weil sich Disney gegen ein Gesetz des Bundesstaats stellt, das den Unterricht an Volksschulen über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität verbietet.

Erst jüngst verschärfte Florida auch sein Abtreibungsgesetz: Nach der 15. Woche sind Abtreibungen nur noch in Ausnahmefällen möglich, etwa wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist oder der Fötus eine tödliche Anomalie aufweist, nicht aber etwa im Fall einer Vergewaltigung.

DeSantis hat laut CNN seine Wahlkampfkasse gut gefüllt, bereits im April erreichte er die Marke von 100 Mio. Dollar für seine Wiederwahl als Gouverneur im November. Politische Beobachter sehen das allerdings auch als Signal, dass DeSantis gute Chancen hat, der republikanische Kandidat für das Weiße Haus zu werden. Bei Trump hingegen werden die Onlinespenden seit Monaten immer spärlicher, wie eine Analyse der öffentlichen Daten durch die „New York Times“ zeigt. Doch auch er hat laut den Schätzungen bereits weitaus mehr als 100 Mio. Dollar in seiner Wahlkampfkasse.

Christie: Nicht die beste Art, Geld einzusetzen

Auch bei den Vorwahlen ist nicht nur äußerste rechtspopulistische Gesinnung, sondern auch viel Geld im Spiel. Die Republican Governors Association (RGA) gibt laut eigenen Angaben heuer Millionen bei den parteiinternen „Primaries“ aus, ein ungewöhnlicher Schritt, schreibt die „Washington Post“. Es sei nicht die beste Art und Weise, das Geld einzusetzen, sagte der frühere Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, gegenüber der Zeitung, man sollte es lieber im Kampf gegen die Demokraten einsetzen. Aber es sei notwendig, denn Trump habe einen Rachefeldzug ausgerufen, und man müsse die von ihm ausgemachten Ziele schützen, so Christie.

Der Streit und damit auch der finanzielle Einsatz spitzten sich zuletzt eben mit Kemp in Georgia zu. Trump gab Geld aus seiner Kampagnenschatulle für Purdues Wahlkampf aus. Und die RGA gab fünf Millionen Dollar für Kemp aus, so die „Washington Post“ mit Verweis auf gut informierte Kreise.