70 Verdächtige: Deutsche Polizei deckt Missbrauchskomplex auf

Die deutsche Polizei hat erneut mit einem enorm großen Missbrauchskomplex zu tun, der auch bis nach Österreich reicht. Ausgangspunkt dabei ist ein Verfahren in Berlin, die Hauptfigur ist ein bis dato unbescholtener 44-Jähriger, der seine Opfer unter anderem als Babysitter gesucht haben soll.

Während vieler Jahre, in denen die Taten unentdeckt blieben, habe der Mann aus dem nordrhein-westfälischen Wermelskirchen ein Netzwerk mit anderen Pädophilen aufgebaut, so die Polizei gestern in Köln. Der Mann sitzt in Untersuchungshaft.

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Die Behörden ermitteln nun gegen 70 Tatverdächtige, die zahlreiche Fotos und Videos von sexuell missbrauchten Babys und Kleinkindern besessen und getauscht haben sollen. Der 44-Jährige soll selbst Kinder schwer sexuell missbraucht haben, ebenso wie ein Teil der nun verdächtigen Männer. Die Verfahren reichen in 14 deutsche Bundesländer, eines wurde laut „Spiegel“ nach Österreich abgegeben.

Enorme Datenmengen

Bei dem Verdächtigen beschlagnahmten die Ermittler enorme Datenmengen an Missbrauchsdarstellungen. Allein die Durchsuchung der Wohnung des Mannes habe 18 Tage gedauert, um mit Kriminaltechnik alle Daten dort zu sichern, so der „Spiegel“. Die sichergestellte Menge betrage mehr als 30 Terabyte.

Auf nur einer Festplatte seien 3,5 Millionen Bilder und 1,5 Millionen Videos entdeckt worden. Manche Daten reichten zurück bis ins Jahr 1993. Um den Überblick zu erhalten, habe der 44-Jährige Listen angelegt, samt Beschreibungen der Inhalte. Nur zehn Prozent der Daten seien bisher ausgewertet, ließ die Polizei wissen.

Wie viele Opfer betroffen sind, lasse sich noch nicht abschätzen. Derzeit wurden 33 Personen identifiziert, einige seien zum Zeitpunkt der Taten unter ein Jahr alt gewesen. „Ich bin wirklich erschüttert und fassungslos“, sagte der Kölner Polizeipräsident Falk Schnabel bei der Pressekonferenz. „Ein solches Ausmaß an menschenverachtender Brutalität und gefühlloser Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid von kleinen Kindern, ihren Schmerzen und Schreien und ihrer offensichtlichen Angst ist mir noch nicht begegnet.“

Großer Anstieg an Meldungen

Im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen hat es in den vergangenen Jahren mehrere Kriminalitätskomplexe mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern gegeben. Auf den Missbrauchsfall Campingplatz Lügde folgten die Ermittlungen zu den Komplexen Bergisch Gladbach und Münster.

Die Polizei in Deutschland erfasste zudem im vergangenen Jahr deutlich mehr Missbrauchsdarstellungen an Kindern als zuvor. Mehr als 39.000 Fälle wurden den Behörden 2021 bekannt, wie aus einer aktuellen Sonderauswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik hervorgeht. Das entspricht einem Anstieg um 108,8 Prozent der Fälle von Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung von Darstellungen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen.