Menschen in Einkaufsstraße in Shanghai
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Lockdown-Ende

Schanghais Rückkehr zur Normalität

Die chinesische Millionenmetropole Schanghai hat mit Mitternacht (Ortszeit) die rigorosen Coronavirus-Beschränkungen gelockert. Nach mehr als zwei Monaten können sich die Bewohner und Bewohnerinnen wieder frei bewegen. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass ein bisschen Normalität einkehrt und die Wirtschaft sich schnell wieder erholt.

Im März hatte Schanghai wegen wieder aufflammender Coronavirus-Infektionen einen Lockdown verhängt. Das öffentliche Leben wurde heruntergefahren. Doch der ursprünglich auf wenige Tage angelegte Lockdown dauerte mehr als 60 Tage. Der überhastete und schlecht vorbereitete Stillstand sorgte für Nahrungsmittelengpässe und führte zu einer Medikamentenknappheit. Viele Bürger und Bürgerinnen gingen trotz Verbots auf die Straßen und protestierten gegen die Maßnahmen.

Um Mitternacht (Ortszeit) wurden die Beschränkungen gelockert, sodass sich die meisten Menschen in der 25-Millionen-Stadt frei bewegen können. Mindestens 650.000 Einwohnerinnen und Einwohner werden jedoch in ihren Häusern bleiben, berichtete BBC. Denn Chinas allgemeine „Zero Covid“-Politik bleibt in Kraft, und Menschen, die sich mit dem Coronavirus infizieren, müssen mit einer Quarantäne oder einem Krankenhausaufenthalt rechnen.

Straßensperren werden abgebaut
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Zäune, die einzelne Stadtgebiete voneinander getrennt hatten, wurden am Dienstag entfernt

Weiter gelten strikte Schutzmaßnahmen. Die Bevölkerung muss sich alle 72 Stunden testen lassen, um öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und öffentliche Einrichtungen zu betreten. Schanghai meldete für Montag noch 31 infizierte Personen, nach 67 am Sonntag. Auch in ganz China gehen die Fallzahlen wieder zurück, landesweit auf zuletzt unter 200. Die hochgradig ansteckende Omikron-Variante könne aber jederzeit für Rückschläge sorgen, sagen Fachleute.

Wirtschaftszentrum im Schlafmodus

Schanghai gilt als Wirtschaftszentrum des Landes und als globaler Handelsknotenpunkt. Viele Betriebe mussten im Lockdown schließen, die Immobilienverkäufe brachen im April landesweit so stark ein wie seit 16 Jahren nicht mehr, während die Industrie ihre Produktion drosselte, der Einzelhandel weniger umsetzte und die Investitionen unerwartet schwach wuchsen. Die Arbeitslosenquote in China schnellte auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren.

Besonders gravierend war der Lockdown auch für die internationale Wirtschaft. Die Häfen in Schanghai, die für den weltweiten Warenverkehr wichtig sind, standen für eine geraume Zeit still. Durch die daraus entstandenen Lieferverzögerungen stiegen die Transportkosten enorm. Die Schifffahrtsberatung Drewry schätzte kürzlich, dass allein im April 260.000 für den Export in alle Welt bestimmte Container nicht verladen wurden.

Internationale Hersteller wie die westlichen Automobilbauer Volkswagen und Tesla waren von den Beschränkungen besonders betroffen, da die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von den Fabriken ferngehalten wurden oder in einem „geschlossenen Kreislauf“ arbeiten mussten: Sie wohnten in den Werken.

China kündigte Konjunkturpaket an

Doch trotz der schlechten Wirtschaftsdaten versuchte Peking stets, Optimismus zu verbreiten: „Der CoV-Ausbruch im April hatte große Auswirkungen auf die Wirtschaft, aber die Folgen werden kurzfristig sein“, sagte der Sprecher des Statistikamtes, Fu Linghui, Mitte Mai. Die guten langfristigen Grundlagen der chinesischen Wirtschaft seien unverändert. Wenn die CoV-Maßnahmen Fortschritte machten und die Politik zur Stabilisierung der Wirtschaft ihre Wirkung zeige, sei zu erwarten, dass sich die Konjunktur wieder schrittweise erhole.

Menschen feiern auf Straße Ende des Lockdowns in Schanghai
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Wie lange sich Bars und Restaurants an der Kundschaft erfreuen können, ist freilich unklar

Am Dienstag kündigte die chinesische Regierung ein neues Konjunkturpaket an. Dieses soll die Wirtschaft wieder flottmachen und die hohen Erwartungen befriedigen. 33 Maßnahmen sollen sicherstellen, dass das von der Führung in Peking ausgegebene Ziel von 5,5 Prozent Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr erreicht wird.

Dazu sollen private Investitionen ausgeweitet, der Ausbau der Infrastruktur beschleunigt sowie der Kauf von Autos und Haushaltsgeräten angeregt werden. Im Bereich der Geld- und Finanzpolitik soll die Finanzierung effizienter über die Kapitalmärkte erfolgen. Dazu sollen heimische Unternehmen beim Börsendebüt (IPO) in der Sonderverwaltungszone Hongkong unterstützt und auch IPOs im Ausland von qualifizierten Plattformunternehmen gefördert werden.