U-Ausschuss: Steuerprüfer schildert politische Einflussnahme

Nach den vergangenen Wochen, in denen Auskunftspersonen aus Innen- und Justizressort im Fokus gestanden sind, beschäftigt sich der ÖVP-Untersuchungsausschuss heute mit der Inseraten- und Steueraffäre in Vorarlberg. Derzeit wird ein Großbetriebssteuerprüfer befragt. Die Abgeordneten erhoffen sich von dem Prüfer einen Blick hinter die Kulissen der Steuervorgänge rund um den Vorarlberger Wirtschaftsbund.

Im Raum stehen der Vorwurf der Korruption im Zusammenhang mit Inseraten in der Zeitung der ÖVP-Teilorganisation, der „Vorarlberger Wirtschaft“, sowie der Verdacht auf verdeckte Parteienfinanzierung. Auch sollen Steuern nicht ordentlich abgeführt worden sein, weshalb auch ein Finanzstrafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch läuft. Zudem deckte Ö1 neue Details auf: Vorarlberger Firmen sollen in der Wirtschaftsbund-Zeitung nicht nur für Inserate gezahlt haben, sondern auch für redaktionelle Beiträge. Und offenbar gab es sogar Unterstützungszahlungen ohne Gegenleistung an die Zeitung. Das geht aus Unterlagen hervor, die Ö1 zugespielt wurden.

Stimmung aufgeheizt

Die ÖVP bezweifelt jedoch, dass die Vorarlberger Inseratenaffäre Thema eines Untersuchungsausschusses auf Bundesebene sein kann. Die Vermutung, dass es deswegen zu langwierigen Geschäftsordnungsdiskussionen kommen würde, hat sich schnell bestätigt. Unter dem Vorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) kam es bis Mittag zu 18 Geschäftsordungseinwendungen und drei teils hitzigen Stehungen, also Beratungen der Fraktionsführer mit den Vorsitzenden.

Die Stimmung war von Beginn an aufgeheizt, die ÖVP bestand gegen den Widerstand der Opposition darauf, Fragen zur Steuercausa nicht zuzulassen. Lediglich die Frage, ob es rund um die Inseratencausa politischen Einfluss auf die Prüfer gegeben habe, wurde schließlich zugelassen. Nein, im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsbund nicht, antwortete die Auskunftsperson. Er habe früher einst ein Verfahren erlebt, bei dem eine Einflussnahme versucht worden sei, so der Steuerprüfer.

Drastische Schilderungen

Die Einflussnahme, die der Beamte erfuhr, stand im Zusammenhang mit einer Spende von über 430.000 Euro eines bekannten Unternehmers an die ÖVP im Wahlkampfjahr 2017. Ein Abgeordneter (SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer, Anm.) habe damals steuerliche Daten des Spenders offensichtlich bekanntgegeben. Der Prüfer und sein Mitarbeiter seien daraufhin ins Visier des Finanzministeriums geraten, da sie amtlich mit der Causa befasst gewesen seien. Es sei um die Suche nach jener Person gegangen, die die Unterlagen an den Abgeordneten weitergegeben habe. Das Ministerium habe den Prüfer bei der WKStA angezeigt – ein Sektionschef, „der auch Kurzzeitfinanzminister war“, habe der Anzeige „massiv Nachdruck verliehen“, so der Beamte. Es seien Ermittlungen eingeleitet worden, der Akt gegen ihn habe 8.000 Seiten umfasst. Der Druck sei groß gewesen, „die Sau zu finden, die man durchs Dorf treiben kann“, sagte er.

Es seien ihm „Kraut-und-Rüben-Vorwürfe gemacht worden, die ganzen letzten zehn Jahre wurden aufgerollt“. Für ihn sei das „sehr erschütternd“ gewesen, sein Mitarbeiter „am Boden zerstört“. Man habe sich gewehrt und Recht erhalten, das Verfahren wurde eingestellt. Zudem habe die Datenschutzbehörde festgestellt, dass das Verfahren rechtswidrig gewesen sei. „Die Grenzen wurden da massiv überschritten“, er könne jedem Politiker nur auf die Fahnen heften, keinen Einfluss auf solche Verfahren zu nehmen, da das große Folgen für Betroffene haben könne.

Krainer sagte, er habe bis dato nicht gewusst, dass es dieser Prüfer gewesen sei, der rechtlich verfolgt wurde. „Da hätte ich mir vom Finanzministerium gewünscht, dass jemand sich bei Ihnen für die rechtswidrige Verfolgung entschuldigt hätte“, so Krainer.

Wallner: Entschlagung oder Antworten?

Ab Mittag wird Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner befragt. Gegen ihn wird wegen des Verdachts der Vorteilsannahme von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt – er soll laut einer eidesstattlichen Erklärung eines anonymen Unternehmers für Inserate in der Wirtschaftsbund-Zeitung geworben und dafür Gegenleistungen in Aussicht gestellt haben. Wallner weist das strikt zurück, es gilt die Unschuldsvermutung. Wegen der laufenden Ermittlungen aber könnte sich Wallner bei vielen Fragen entschlagen.

Frage der Zuständigkeiten

NEOS bestand zu Beginn des Befragungstages darauf, dass Wallner über die „mittelbare Bundesverwaltung“ für die Vollziehung von Bundesgesetzen zuständig ist. Zudem könne er Weisungen erteilen, etwa bei Betriebsgenehmigungen. Daher könne man Wallner auch im U-Ausschuss befragen. Die ÖVP habe „mit beiden Händen hingegriffen, überall dort, wo es Geld zu holen gibt“, und das, obwohl es bereits eine „unfassbare hohe“ Parteienfinanzierung gebe, so Fraktionsführerin Stephanie Krisper, die heute von Gerald Loacker, ihrem Parteikollegen aus Vorarlberg, flankiert wird.

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger betonte, es gebe keinen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand, auch nicht über die mittelbare Bundesverwaltung. In Vorarlberg könne ja ein eigener Ausschuss abgehalten werden. In Wien solle der U-Ausschuss nicht missbraucht werden, etwa von der Abgeordneten der Grünen Nina Tomaselli, die sich politisch profilieren wolle. Der Ausschuss gerate erneut zum politischen Tribunal, so Hanger.

Auch die SPÖ geht von einem schwierigen Tag aus, zumal die ÖVP keine Klärung wolle, sondern die Aufklärungsarbeit behindern, so Fraktionsführer Krainer. Daher habe man bereits einen Brief an die Verfahrensrichter gerichtet. Die Frage sei, wie sich Wallner verhalte – ob er sich hinter den ÖVP-Kollegen verstecke oder zur Transparenz beitrage, sagte Krainer.

Brunner im Ausschuss erwartet

Der ehemalige Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler hat sein Kommen aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker zeigte sich darüber enttäuscht, sei Kessler doch der „Thomas Schmid vom Bodensee“. Er wolle sich um neuerliche Ladung Kesslers bemühen, so Hafenecker. Denn die Vorgänge in Vorarlberg ließen einem „die Haare zu Berge stehen“, es handle sich um eine „Kasknöpfle-Camorra“.

Morgen ist unter anderem Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) als Auskunftsperson bestellt. Der Vorarlberger war selbst früher Politischer Direktor im Wirtschaftsbund.