Türkischer Präsident Tayyip Erdogan
Reuters/Murat Cetinmuhurdar/Ppo
„Von Terroristen säubern“

Erdogan nennt Ziele für Syrien-Offensive

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Ziele für den erwarteten neuerlichen Militäreinsatz in Nordsyrien genannt. Die Türkei wolle eine „neue Phase“ einleiten und die Orte Tall Rifaat und Manbidsch von „Terroristen“ der syrischen Kurdenmiliz YPG „säubern“, so Erdogan. Unklar ist, ob er dafür grünes Licht aus Washington erhält. Und offen ist auch, wie sich eine solche Offensive auf die NATO-Erweiterung auswirkt.

Laut Erdogan sollten nach den beiden Orten „schrittweise“ auch andere Regionen einbezogen werden. Erdogan hatte bereits vergangene Woche mit einem neuen Militäreinsatz der Türkei in dem Nachbarland gedroht, der bis zu 30 Kilometer in syrisches Gebiet führen könnte.

Auch frühere türkische Militäreinsätze in Syrien waren vor allem gegen die YPG gerichtet. Die Regierung in Ankara betrachtet die Miliz als Ableger der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ebenfalls als Terrororganisation. Die USA dagegen sieht die YPG im syrischen Bürgerkrieg als Partner im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

YPG droht mit Ende des Kampfes gegen IS

Die Kurdenmiliz kündigte an, im Falle eines türkischen Angriffs den Kampf gegen den IS einzustellen. Die YPG wolle ihre „militärischen Maßnahmen“ dann stattdessen gegen die türkische Invasion richten, wie der Sprecher der von Kurdenmilizen angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) in Syrien der dpa sagte. Das und die Auslieferung eines langjährigen Alliierten in der Region würden das Vertrauen in die Verlässlichkeit Washingtons – die nach dem überstürzten und fehl gelaufenen Abzug aus Afghanistan ohnehin schwer erschüttert ist – wohl weiter stark beschädigen.

Andererseits blockiert der NATO-Partner Türkei derzeit die Aufnahme Finnlands und Schwedens in das Verteidigungsbündnis. Ankara argumentiert damit, beide Länder würden die PKK und die YPG unterstützen. „Wer Waffen und Ausrüstung, die sie der Türkei trotz Bezahlung vorenthalten, gratis an die Terrororganisation übergibt, verdient den Titel eines Terrorstaates, nicht eines Rechtsstaates“, sagte Erdogan am Mittwoch.

Schwedens Außenministerin Ann Linde dementierte unterdessen, dass ihr Land schwedische Panzerabwehrwaffen an Kurden geliefert habe. Unter Verweis auf eine von ihr auf Twitter verbreitete Erklärung der schwedischen Behörde für strategische Produkte (ISP) schrieb sie, Schweden habe keine Exportlizenzen für militärische Ausrüstung für kurdische Einheiten bewilligt.

Erdogans innenpolitische Außenpolitik

NATO-Partner wie Deutschland, aber auch andere EU-Länder wie Schweden, haben aus Protest gegen eine Offensive der Türkei gegen die YPG in Nordsyrien 2019 Rüstungslieferungen in das Land teilweise gestoppt. Die Türkei will zudem von den USA F-16-Kampfjets kaufen – in Washington war ein möglicher Deal zuletzt aber politisch umstritten. Das führt derzeit auch zu heftigen Erschütterungen der bilateralen Beziehungen mit Griechenland.

Erdogan kündigte am Mittwoch ein Abkommen mit Athen auf. Es werde „keine bilateralen Treffen mehr“ mit führenden griechischen Politikerinnen und Politikern geben, da diese „nicht ehrlich“ seien, so Erdogan am Mittwoch in einer Rede vor der Fraktion seiner Partei AKP im türkischen Parlament. In gut einem Jahr stehen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei an. Angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage inklusive horrender Inflation und einer Allianz der Opposition ist ein Wahlsieg Erdogans und seiner AKP derzeit nicht gewiss.