Magnus Brunner beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss am 02.06.2022
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ÖVP-U-Ausschuss

Brunner schließt Inseratenkeilerei aus

Der ÖVP-U-Ausschuss hat erneut ein Regierungsmitglied geladen: Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sollte zu Inseratenaffären im Ministerium und in Vorarlberg aussagen. In beiden Fällen sah er wenig Zuständigkeit bei sich selbst. Dafür kündigte er eine Neustrukturierung im Finanzministerium an.

Am Donnerstag sollten die Befragungen fruchtbarer werden als am Vortag, so die allgemeine Hoffnung zu Tagesbeginn. Am Mittwoch war Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) in den ÖVP-U-Ausschuss geladen, stundenlange Geschäftsordnungsdebatten und insgesamt 15 sitzungsunterbrechende Beratungen („Stehungen“) prägten den Befragungstag.

Für die ÖVP war dafür die Opposition verantwortlich – es sei „keine Sternstunde des österreichischen Parlamentarismus“ gewesen, so ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger. Die anderen Fraktionen wiederum sehen eine Verzögerungstaktik der ÖVP, um unangenehme Fragen zu umschiffen. Die Volkspartei geht ja davon aus, dass die Causa Vorarlberg nicht in den ÖVP-U-Ausschuss gehört. Daher sei die ÖVP selbst zur „Abwehrschlacht“ geschritten, wie FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker am Donnerstag resümierte.

Auch am zweiten Tag der „Vorarlberg-Woche“ im U-Ausschuss wurden Beobachter und Beobachterinnen rasch ernüchtert. Schon zu Beginn der Befragung Brunners wurde nahtlos an die Geschäftsordnungsdebatten des Vortags angeknüpft, gespickt mit manchem Schreiduell zwischen dem Vorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) und SPÖ-Mandatar Kai Jan Krainer (SPÖ).

Zwischen Bregenz und Wien

Brunner war nicht nur als aktueller Finanzminister geladen, sondern auch als ehemaliger Politischer Direktor des Wirtschaftsbunds, er ist zudem Mitglied im Wirtschaftsbund Vorarlberg. Dementsprechend sollte er Fragen zu den Vorgängen im Finanzressort beantworten, etwa zum „Beinschab-Tool“. Hier besteht der Verdacht, dass Mittel des Finanzministeriums für ÖVP-Zwecke ausgegeben wurden.

In Vorarlberg gibt es den Verdacht, dass Unternehmen dazu gedrängt wurden, im Magazin des örtlichen Wirtschaftsbunds, der „Vorarlberger Wirtschaft“, zu inserieren, und in der Folge den Verdacht auf verdeckte Parteienfinanzierung. Auch sollen Steuern nicht ordentlich abgeführt worden sein, weshalb auch ein Finanzstrafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch läuft – es gilt die Unschuldsvermutung.

Aufräumen nach „Tierstudien“

Die Grünen sprechen vom „Wirtschaftsbund-Tool“. Die Volkspartei wiederum argumentiert, Bund sei nicht Verein – und so es Fehlverhalten gab, werde es aufgeklärt werden. So hielt es auch Brunner in seinem Eingangsstatement am Donnerstag. Er sprach von möglichen Verfehlungen Einzelner im Finanzministerium, aus denen man Konsequenzen ziehen müsse. So sei er den Empfehlungen der internen Revision, die nach Publikwerden des „Beinschab-Tools“ eingesetzt wurde, gefolgt und habe im Ressort einige Schritte gesetzt.

Andreas Hager (ÖVP)
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Hanger leitet die ÖVP-Fraktion im U-Ausschuss. Er kritisiert, dass die Causa Vorarlberg Thema ist.

„Die interne Revision hat Defizite aufgezeigt, die nicht zum Selbstbild einer modernen Verwaltung passen und auch nicht zu meinem Verständnis vom Umgang mit Steuergeld“, so Brunner. So seien etwa „absurde Dinge“ in Studien abgefragt worden, Stichwort „Tierstudien“.

Neustrukturierung im Ministerium

Nun seien die Arbeitsprozesse durchleuchtet worden, es habe keine einheitlichen Standards bei der Beauftragung und Vergabe von Studien gegeben, keine klaren Richtlinien und keine zentrale Stelle, die die Studien dann prüfe. Er habe daher im März den Auftrag erteilt, die Strukturen im Haus zu evaluieren, das entsprechende Gutachten liege nun vor. In den kommenden Wochen werde im Ministerium eine Reorganisation durchgeführt, so Brunner. Er kündigte etwa eine neue Präsidialsektion an und eine Abkehr von der Bündelung von Aufgaben im Generalsekretariat, künftig werde man keinen Generalsekretär mehr brauchen.

Wolfgang Sobotka (ÖVP)
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Wieder etliche Debatten über die Geschäftsordnung: Sobotka führte am Donnerstag wieder den Vorsitz im U-Ausschuss

Dafür werde man eine neue Präsidialsektion schaffen. Auch werde eine Abteilung für Recht und Vergabe geschaffen. Inzwischen würden auch alle Umfragen und Studien veröffentlicht, um die Vergabe von Inseraten kümmere sich die Bundesbeschaffung GmbH (BBG), „und da mische ich mich nicht ein“, so Brunner auf die Frage, nach welchen Kriterien nun ausgewählt werde, wo Anzeigen geschaltet werden.

Auch habe man die jährlichen Kosten für Inserate des Finanzministeriums „deutlich reduziert“, zuletzt hätten die gesamten Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit im ersten Quartal 175.000 Euro betragen, „ein Bruchteil im Vergleich zu früheren Jahren“. Zudem bewege man sich durch die Einsetzung einer Medienagentur nun „in einem rechtlich klar definierten Korsett“, so der Minister, der auch eine Lanze brach für die Finanzverwaltung. Diese arbeite „sehr professionell“.

Opposition sieht wenig Willen zur Veränderung

Die Opposition sieht nur bedingt einen echten Änderungswillen bei Brunner. Er habe das Kabinett seines Vorgängers Gernot Blümel (ÖVP) übernommen, viele seien auch in Chefetagen im Ministerium gewechselt, erinnerte Krainer. Brunner frage nun die ehemaligen Mitarbeiter Blümels, ob alles passe, und diese würden immer sagen „Es ist alles supersauber“. Schließlich habe er auch jenen ehemaligen Kabinettsmitarbeiter, mittlerweile Sektionsleiter, behalten, der in den Schmid-Chats als „Hure der Reichen“ bezeichnet wurde und die unübliche und begünstigende Schlussprüfung in der Steuersache Sigi Wolf organisiert hat. Dieser sei nun zuständig für die Wirtschaftsbund-Sache.

Brunner im ÖVP-U-Ausschuss

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) war am Donnerstag als Auskunftsperson im ÖVP-Untersuchungsausschuss geladen. Dabei ging es unter anderem um den Vorarlberger Wirtschaftsbund.

NEOS-Fraktionsführerin Stepahnie Krisper schlug in dieselbe Kerbe: Brunner sehe sich nichts an, außer es stehe etwas in der Zeitung. Er habe sich nicht redlich informiert, was in seinem Ministerium schiefläuft und welche Kriterien etwa bei einer objektiven Inseratenvergabe anzuwenden seien.

Kein Wissen über Inserate in Wirtschaftsbund-Zeitung

Zu den Causen, die bereits am Vortag Thema waren, etwa Spendenrallyes für die ÖVP, das „Projekt Ballhausplatz“ oder der Steuerfall rund um die Vorarlberger Illwerke, hatte Brunner bei der Befragung im Ausschuss „keine Wahrnehmungen“. Ob es in Vorarlberg Gewerbeberechtigungen im Gegenzug für die Schaltung von Inseraten in der Wirtschaftsbund-Zeitung gab, könne er nicht beurteilen, solche Inseratevergaben lägen auch nicht in seiner Kompetenz.

Christian Hafenecker (FPÖ)
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Hafenecker sieht eine „Abwehrschlacht der ÖVP“

Dass das Wirtschaftsbund-Blatt „Vorarlberger Wirtschaft“ im Laufe der Jahre eine außerordentlich aktive Inseratentätigkeit entwickelte, sei ihm nicht aufgefallen, so Brunner. Er selbst sei in seiner Zeit als Staatssekretär im redaktionellen Teil der Zeitung vorgekommen – laut Hafenecker gleich in 13 „Jubelartikeln“ in insgesamt 16 Ausgaben im Jahr 2020. Das komme eben vor, wenn ein Vorarlberger zum Regierungsmitglied werde, so Brunner. Gezahlt habe er dafür nichts. Zu angeblichen Geldflüssen von Firmen, ohne dass auch entsprechend Inserate als Gegenleistung erschienen wären, hatte Brunner ebenso „keine Wahrnehmung“.

Brunner könnte Gummibärli erhalten haben

Er habe selbst keine Gelder vom Wirtschaftsbund erhalten: „Ich bin Mitglied im Wirtschaftsbund, wenn es ein Essen einmal war, oder dass ich bei einer Veranstaltung dabei war, ja, das schon. Aber keine Zuwendungen oder geldwerte Leistungen“, so Brunner. Vor etwa zehn Jahren habe ihm der Wirtschaftsbund das Porto für eine Aussendung an 150 Personen gezahlt, möglicherweise auch Gummibärli zum Verteilen in einem Wahlkampf. Er selbst habe jedenfalls nie Unternehmer auf die Möglichkeit, in dem Blatt zu inserieren, aufmerksam gemacht. Wie die vielen Inserate in die Zeitung kamen, wisse er nicht.

Brunner wurde auch zur ABBAG befragt, der staatlichen Abbaugesellschaft für insolvente Banken. Deren früherer Chef Michael Mendel erhielt 2017 eine Bonuszahlung von 1,5 Mio. Euro, und das neun Monate nach Ende seiner Tätigkeit. Davon habe er aus den Medien erfahren, so Brunner. Mendel sei aber auch zu ihm gekommen, um ihm zu erklären, wie die Prämie aus seiner Sicht zustande gekommen sei. Einen Prüfauftrag habe er aber nicht erteilt, so Brunner, denn ihm sei versichert worden, die Bonuszahlung sei in Ordnung. Mendels Vertrag habe er nicht gelesen. „Sie werden sich noch wundern, wenn Sie das lesen“, so Krainer dazu.