Paraguay als neues Impfgegner-Dorado

Seit einem halben Jahr hat eine Frau aus dem deutschen Ruhrgebiet ihre zehnjährige Tochter nicht mehr gesehen. Ihr Ex-Mann hat sich mit dem Mädchen, seiner neuen Frau und deren Tochter aus erster Ehe nach Südamerika abgesetzt – weil man sich nicht gegen CoV impfen lassen wolle.

Irgendwo in Paraguay halten sie sich versteckt. Während der Pandemie entwickelte sich das Land zu einem Dorado von Impfgegnern, Querdenkern und rechten Verschwörungsideologen.

Als Einwanderungsland ist Paraguay attraktiv, weil Ausländer vor allem aus Europa recht einfach eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten und auch Land oder Immobilien kaufen können. Für Impfgegner wurde Paraguay interessant, weil man zunächst ohne Impfnachweis einreisen konnte. Viele Einwanderer lassen sich in traditionellen deutschen Gemeinden nieder. Zuletzt wurden aber auch neue Siedlungen von Auswanderern aus dem deutschsprachigen Raum gegründet.

Bürgermeister: Gesetze gelten auch für Einwanderer

Eine davon wurde vor einigen Jahren von einem österreichischen Ehepaar begründet und wirbt aktiv um deutsche Impfgegner als Neusiedler. „Ich bin ein Querdenker, so lang ich denken kann“, schreibt der Österreicher auf seiner Internetseite. Wegen Verstößen gegen die Quarantänebestimmungen rückte in der Hochzeit der Pandemie die Staatsanwaltschaft an und wunderte sich über bewaffnete Wachposten vor den Toren der Siedlung. Im Inneren blühen die Verschwörungsmythen.

„Die meisten, die kommen, sind nicht geimpft“, sagte der Bürgermeister von Hohenau, Enrique Hahn, kürzlich in einem Interview. „Sie müssen wissen, dass es auch hier Gesetze gibt.“ Die flüchtige Familie aus Deutschland wird nach Angaben der paraguayischen Staatsanwaltschaft mittlerweile mit einem über die internationale Polizeibehörde Interpol verbreiteten Haftbefehl wegen Kindesentziehung weltweit gesucht. Die Polizei geht davon aus, dass sie in einer der deutschen Kolonien untergetaucht ist.