„Die Steiermark ist ein Schlüsselbundesland. Fast immer hat gegolten: Wer in der Steiermark vorne ist, ist insgesamt vorne“, so Politikwissenschaftler Peter Filzmaier gegenüber ORF.at. Drexler habe damit nicht nur die Aufgabe, sich in seinem eigenen Bundesland in Position zu bringen, sondern auch für möglichst gute Vorzeichen zugunsten der Bundes-ÖVP zu sorgen. „Dazu braucht es eine starke Landesorganisation“, so Filzmaier.
Nun ist die Ausgangslage in der traditionell schwarzen Steiermark dahingehend gut. Allerdings werde sich die Führung der Landes-ÖVP an einem hohen Maßstab messen lassen müssen. Bei der letzten Landtagswahl 2019 befand sich die „neue“ Volkspartei unter Sebastian Kurz auf ihrem Popularitätshoch, davon profitierte auch Schützenhöfer. Er sammelte 36 Prozent der Stimmen ein, konnte ein sattes Plus von 7,6 Prozent verbuchen und so die Mehrheit zurückerobern. Drexler werde „an 2019 verglichen, und dieser Vergleich wird ein undankbarer sein“, so Filzmaier.
Schützenhöfer präsentiert Nachfolger
Nach seinem Rücktritt hat der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer seinen Nachfolger Christopher Drexler präsentiert.
Landesmanager statt Landesvater
Denn einige Jahre später ist die Welt eine andere – und der bereits lange als Nachfolger positionierte Drexler werde wohl auch erst seinen Stil als Landeshauptmann finden müssen. Schützenhöfer wird häufig als volksnaher „Landesvater“ des alten Schlages beschrieben, der vor allem im ländlichen Bereich punkten konnte. Der Jurist Drexler hingegen gilt als eher städtischer, intellektuell und liberal geprägter Politiker. „Für seine Beliebtheit müssen wir noch etwas tun. Aber wir haben ja noch eine halbe Legislaturperiode Zeit“, scherzte Schützenhöfer am Freitag.

Denkbar sei, dass Drexler sein Amt eher als jenes eines „Landesmanagers“ anlege. Das sei laut Filzmaier auch kein Vorhaben, das bereits im Vorfeld zum Scheitern verurteilt sei: Dass neue Typen von Landeshauptleuten trotz Zweifel im Vorfeld durchaus funktionieren könnten, hätten bereits Nachfolgen wie Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in Niederösterreich und Hans Peter Doskozil (SPÖ) im Burgenland bewiesen.
Bürger (ORF) zum Nachfolger Schützenhöfers
ZIB-Ressortleiter für die Innenpolitik Hans Bürger analysiert die Amtsübergabe von Schützenhöfer an Drexler.
Match um Graz
Spannend dürfte auch Drexlers Strategie für die Landeshauptstadt Graz werden, in der die KPÖ der ÖVP im vergangenen Jahr den Bürgermeistersessel abgerungen hatte – gerade mit Blick auf die Wahl. Nachdem die Steiermark als einziges Bundesland für den Einzug in den Landtag keine Mindestprozentklausel hat, sondern in einem Wahlkreis ein Grundmandat schaffen muss, werde die KPÖ „alles auf Graz setzen“, so Filzmaier. Die ÖVP hatte 2019 in dem größten Wahlkreis deutliche 56.000 Stimmen (rund 30 Prozent) errungen, die KPÖ rund 19.150 Stimmen (rund zehn Prozent).

Wie und ob die KPÖ bei der nächsten Wahl auf Landesebene von Elke Kahrs Bürgermeisterinnenamt profitieren kann, wird sich erst weisen. Die ÖVP geht aber durch den Abgang von Bürgermeister Siegfried Nagl auf jeden Fall mit einem Nachteil ins Rennen, so Filzmaier.
Schützenhöfer blickt zurück
Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) zieht sich Anfang Juli aus der Politik zurück – das kündigte er am Freitag in Graz an. Im ZIB2-Interview blickt er zurück auf seine Amtszeit.
Es stelle sich die Frage, ob Drexler „das Match persönlich annimmt. Nach Nagl gibt es in der Grazer ÖVP keine Person mit Breitenwirkung. Wird es sie bis 2024 geben?“ Ohnehin sei die Lage in Graz besonders beweglich – auch NEOS, FPÖ und Grüne könnten Stimmen von der ÖVP abziehen.
Alles beim Alten
Vieles könnte mit dem Landeshauptmann-Wechsel aber auch konstant bleiben – etwa im Machtspiel zwischen Land und Bund. Schützenhöfer habe sich trotz Blicken über den Tellerrand „in der Frage Land gegen Bund immer in der Länderallianz verstanden“, die Länderkonferenz sei für ihn stets ein Schlüsselgremium gewesen. Filzmaier verweist aber auch auf die enge Bindung Schützenhöfers an seine Partei. Kritik am Kurs der ÖVP – gerade in den vergangenen Jahren – habe er als „Parteimensch“ nicht selten der Räson der ÖVP untergeordnet.

Auch Drexler gilt als fest verankertes ÖVP-Urgestein. Er startete seine politische Karriere als Schülervertreter, wurde 1991 Obmann der Jungen ÖVP Steiermark. 2000 zog er als Abgeordneter in den Landtag ein, 2003 wurde er Klubobmann der ÖVP-Landtagsfraktion. Wie Schützenhöfer kommt auch Drexler aus dem Österreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund (ÖAAB). Die alte ÖVP-Dynamik der Länder, Bünde und Parteiorganisationen zeigt sich deutlich. „Kraftvolle Kontinuität“ werde auch sein Motto sein, so Drexler.