Kiew sieht Genozid durch Kinderverschleppungen

Die ukrainische Justiz prüft, ob sie angesichts der mutmaßlichen Verschleppung zahlreicher Kinder während des Krieges nach Russland eine Anklage wegen Völkermords erheben kann. Gleich zu Beginn des Krieges habe sie den Fall aufgegriffen, sagte die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa in einem heute veröffentlichen Interview der Nachrichtenagentur Reuters.

Inmitten des Chaos und der Zerstörung, die durch Russlands Angriff verursacht wurden, sei die Konzentration auf die Entfernung von Kindern der beste Weg, die Beweise zu sichern, die erforderlich seien, um die strenge gesetzliche Definition von Völkermord erfüllen. „Deshalb ist dieser gewaltsame Transfer von Kindern sehr wichtig für uns“, sagte Wenediktowa.

Über 200.000 Kinder außer Land gebracht

Das humanitäre Völkerrecht stuft die erzwungene Massendeportation von Menschen während eines Konflikts als Kriegsverbrechen ein. Der „gewaltsame Transfer von Kindern“ im Besonderen gilt als Völkermord, das schwerste Kriegsverbrechen.

Nach Angaben der Regierung in Kiew wurden inzwischen mehr als 1,2 Millionen Ukrainer gegen ihren Willen außer Landes gebracht. Mehr als 210.000 davon seien Kinder, sagte die Ombudsfrau der Ukraine für Menschenrechte, Ljudmyla Denisowa, Mitte Mai.