100 Tage Krieg: Fast 16 Mio. Ukrainer brauchen Hilfe

Die Bilanz der Vereinten Nationen nach 100 Tagen Krieg gegen die Ukraine ist verheerend. Laut gestern vorgelegten UNO-Zahlen brauchen mindestens 15,7 Millionen Menschen im Land dringend humanitäre Hilfe und Schutz. Fast 14 Millionen sind innerhalb des Landes oder ins Ausland geflohen.

Bisher sind 4.169 verstorbene und 4.982 verletzte Zivilisten von UNO-Fachleuten bestätigt worden. Unter den Toten seien mindestens 268 Kinder, hieß es. Das UNO-Menschenrechtsbüro geht davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Opfer beträchtlich höher liegt.

Ein baldiges Ende des Krieges ist unwahrscheinlich. Derzeit verzeichnet Russland Fortschritte auf dem Boden. Auch finanziell profitiert der Kreml derzeit von den kriegsbedingten Entwicklungen. Durch den hohen Ölpreis steigen die russischen Einnahmen durch Energiegeschäfte allein im Juni wohl um rund sechs Milliarden Euro, hieß es aus dem Finanzministerium in Moskau. Das europäische Ölembargo soll erst Ende des Jahres greifen, bis dahin werden fast die gleichen Mengen wie bisher gehandelt, doch zu einem viel höheren Preis.

Russische Angriffe deutlich verstärkt

Die russische Armee verstärkte ihre Angriffe unterdessen erneut deutlich, manche Gebiete stünden praktisch unter Dauerbeschuss durch Raketenartillerie, hieß es. In der Stadt Sjewjerodonezk suchten Hunderte Menschen in einer Chemiefabrik Schutz vor den Kämpfen. Hier gibt es schwere Gefechte, russische Einheiten kontrollieren den Großteil der Stadt. Die ukrainische Seite will das Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk auf jeden Fall halten.

Ukrainische Einheiten meldeten Erfolge bei einer Offensive im Süden des Landes in der Region um die Hafenstadt Cherson. Dort sei es gelungen, die russischen Truppen mehrere Kilometer zurückzudrängen, hieß es.

Unterschiedliche Befunde

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte gestern eine Zwischenbilanz über die Gesamtlage in der Ukraine gezogen. Seinen Angaben zufolge kontrollierten nach 100 Tagen Krieg die russischen Angreifer rund 20 Prozent der Fläche seines Landes.

Der Kreml hingegen sieht „bestimmte“ Ziele als erreicht an. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte gestern vor Journalisten, „zahlreiche Orte“ seien durch Russland von „bewaffneten, pronazistischen ukrainischen Kräften“ und „nationalistischen Elementen“ „befreit“ worden. Das habe der Bevölkerung eine Rückkehr zu einem „Leben in Frieden“ ermöglicht.

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