Einsatz- und Rettungskräfte nach einem schweren Zugsunglück im Einsatz
APA/Garmisch-Partenkirchner Tagblatt/Josef Hornsteiner
Ermittlungen im Gange

Ursache für Zugsunglück in Bayern unklar

In Oberbayern ist am Freitag nahe Garmisch-Partenkirchen an der Grenze zu Österreich ein Regionalzug entgleist, mehrere Waggons stürzten auf die Seite. Mindestens vier Menschen kamen ums Leben, rund 30 Fahrgäste wurden verletzt – 15 davon schwer. Zunächst blieb unklar, wie es zu dem Unglück kam. Die Ermittlungen an Ort und Stelle laufen. Auch die Bergungsarbeiten wurden Samstag in der Früh fortgesetzt.

Polizei und Staatsanwaltschaft wollten mit Hilfe von Sachverständigen des Eisenbahnbundesamts herausfinden, warum der Regionalzug auf der eingleisigen Strecke in Richtung München entgleist ist. Man stelle sich auf „langwierige Ermittlungen“ ein, sagte ein Polizeisprecher. Klar schien, dass es keinen Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug gab.

Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter sagte, am Unglück sei „kein zweiter Zug und kein anderes Fahrzeug beteiligt“ gewesen. „Darum muss man davon ausgehen, dass irgendeine technische Ursache entweder am Fahrzeug oder am Gleis die Ursache sein müsste“, sagte Bernreiter im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk (BR).

Einsatz- und Rettungskräfte nach einem schweren Zugsunglück im Einsatz aus einer Luftaufnahme
APA/ADAC Luftrettung
Der Unglücksort befindet sich neben einer viel befahrenen Bundesstraße

Die Bahn unterstütze die Ermittlungen der Behörden nach besten Kräften, sagte Bahnchef Richard Lutz. Der Freitag sei nicht der Tag, um über die Unfallursache zu spekulieren. Die Strecke war erst 2013 und 2014 für den Stundentakt ausgelegt worden. Sie ist nach Angaben eines Bahnsprechers mit elektronischen Stellwerken und moderner Sicherungstechnik ausgerüstet.

Noch zwölf Vermisste

Der Zug war gegen Mittag auf dem Weg von Garmisch-Partenkirchen nach München, als mehrere Waggons im Ortsteil Burgrain entgleisten. Mehrere Doppelstockwaggons des Regionalzugs kippten um, rutschten eine Böschung hinab und blieben neben einer viel befahrenen Bundesstraße liegen. Ein amerikanischer Soldat war in einem der Autos auf der Straße neben der Bahnstrecke. „Es war schrecklich“, erzählte er dem „Garmisch-Partenkirchner Tagblatt“. „Einfach schrecklich. Plötzlich ist der Zug umgekippt.“

Rund 140 Menschen waren in dem Regionalexpress, als das Unglück geschah. 15 Verletzte kamen in Krankenhäuser, zwölf Hubschrauber waren dafür im Einsatz. Alle Altersgruppen seien unter den Verletzten, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Bis zum Freitagabend zählten die Einsatzkräfte mindestens vier Tote.

Laut Innenminister Joachim Herrmann werden immer noch zwölf Menschen vermisst. Es könne aber sein, dass Vermisste bereits in den Kliniken seien. Drei Leichen, die unter dem Zug lagen, hätten die Rettungskräfte mittlerweile geborgen. „Solange der Eisenbahnwaggon aber nicht angehoben ist, können wir nicht ausschließen, dass darunter weitere Tote liegen.“ Ein vierter Mensch sei auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben.

Großalarmierung für die Rettungsdienste

Am Abend zogen Helfer einen weißen Sichtschutz auf, um die Opfer vor neugierigen Blicken zu schützen. Luftkissen würden gebraucht, um die weit über 100 Tonnen schweren Waggons zu heben, sagte der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Frank Hellwig. Er hoffe, dass keine weiteren Toten gefunden werden. Feuerwehr, Notärzte und Polizei waren mit einem Großaufgebot mit rund 500 Rettern an Ort und Stelle. „Es wurde Vollalarm für Feuerwehr und Rettungsdienst ausgelöst“, sagte ein Sprecher der Integrierten Leitstelle im Oberland.

Schweres Zugsunglück bei Garmisch-Partenkirchen

Mindestens vier Menschen sind bei einem Zugsunglück nahe Garmisch-Partenkirchen an der Grenze zu Österreich ums Leben gekommen. Die Einsatzkräfte waren mit einem Großaufgebot am Unglücksort.

Im Einsatz in Bayern befanden sich auch Rettungskräfte aus Tirol – und zwar vier Notarzthubschrauber und drei Rettungswägen. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) teilte mit, dass er mit Herrmann Kontakt aufgenommen und ihm weitere Unterstützung angeboten habe, sollte Bayern diese benötigen. Kurzzeitig seien von den bayrischen Behörden auch zusätzliche Bettenkapazitäten in der Innsbrucker Klinik angefragt worden. Diese würden aber derzeit nicht benötigt – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Die Bürgermeisterin von Garmisch-Partenkirchen, Elisabeth Koch, zeigte sich schockiert. „Es ist grauenvoll.“ Auch der Landrat des gleichnamigen Landkreises, Anton Speer, rang mit den Worten. „Der Schock sitzt noch tief.“ Er lobte die Retter, die innerhalb von 45 Minuten die Menschen aus dem Zug geholt hätten. Auch 15 Bundeswehrsoldaten, die zufällig im Zug gesessen waren, hatten mitgeholfen.

Bestürzung in ganz Deutschland

In ganz Deutschland löste der Unfall Entsetzen aus. Bundeskanzler Olaf Scholz und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprachen den Angehörigen ihr Beileid aus. Bundesinnenministerin Nancy Faeser machte sich auf den Weg nach Garmisch-Partenkirchen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing und Bahnchef Lutz wollten sich am Samstag an Ort und Stelle ein Bild machen. Die Bilder seien schrecklich und machten tief betroffen und sprachlos, sagte Lutz.

Besonders groß ist die Bestürzung, weil es ist schon das zweite Zugsunglück in Bayern innerhalb weniger Monate ist: Mitte Februar krachten zwei S-Bahnen auf einer eingleisiger Strecke in Schäftlarn bei München frontal zusammen. Ein 24-jähriger Mann starb damals, rund 20 Menschen wurden verletzt.

Strecke über Pfingsten gesperrt

Für die Region um die Zugspitze bedeutet das Unglück in den kommenden Tagen auch verkehrstechnisch eine große Herausforderung – auf einer Strecke, die ohnehin als Nadelöhr für Urlauber und Ausflügler bekannt ist. Nun waren die Bundesstraßen 2 und 23 gesperrt, zudem der letzte Abschnitt der Autobahn 95 von München nach Garmisch-Partenkirchen.

Am Freitag bildeten sich lange Staus in der Region an der Grenze zu Österreich. Am Samstag beginnen in Bayern die Pfingstferien. Dass die Bahnstrecke über Pfingsten nicht befahrbar sein wird, „das kann man schon sicher sagen“, sagte Verkehrsminister Bernreiter. Er gehe davon aus, dass die Strecke mindestens eine Woche gesperrt ist.