Deutschklassen: Hälfte kann nach drei Semestern wechseln

Seit 2018/19 müssen Schülerinnen und Schüler, die dem Unterricht mangels Deutschkenntnissen nicht folgen können, separate Deutschförderklassen besuchen. Ziel der unter der ÖVP-FPÖ-Regierung eingeführten Maßnahme war, dass die Schüler möglichst rasch die Unterrichtssprache erlernen. In der Praxis spricht nach drei Semestern erst die Hälfte gut genug Deutsch, um in die Regelklasse zu wechseln, zeigt die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von NEOS durch ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek.

Im Schuljahr 2018/19 wurden insgesamt 10.564 Schülerinnen und Schüler einer Deutschförderklasse zugewiesen, die maximale Besuchsdauer liegt bei vier Semestern. Nach drei Semestern haben 52 Prozent ein so hohes Deutschniveau erreicht, dass sie als ordentliche Schüler geführt werden konnten. Sie werden dann auch – anders als außerordentliche Schüler – in allen Fächern regulär benotet.

37 Prozent haben ihre Deutschkenntnisse so weit verbessert, dass sie allerdings weiter als außerordentliche Schüler in einen parallel zum Regelunterricht stattfindenden, weniger umfangreichen Deutschförderkurs wechseln konnten. Über den Wechsel entscheiden die Ergebnisse des MIKA-D-Tests.

Kritik von NEOS und AK

Für NEOS ist die Zunahme der nicht integrativen Sprachförderung in den separaten Deutschförderklassen nicht nachvollziehbar. Immerhin würden Experten von dieser Form der Deutschförderung abraten, weil damit die pädagogischen Ziele nicht erreicht würden. „Das ist gerade vor dem Hintergrund einer grünen Regierungsbeteiligung mehr als enttäuschend“, so Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

„Jedes Kind hat faire Chancen verdient und soll in einer Weise gefördert werden, die es rasch in unsere Gesellschaft integriert.“ Künsberg Sarre kritisierte außerdem, dass der Bildungsminister den Rat der Fachleute ignoriere, aber gleichzeitig in der Anfragebeantwortung auch vier Jahre nach Einführung keine Daten dazu vorlegen könne, wie Deutschförderklassen im Vergleich zu den Deutschförderkursen abschneiden.

Die Kinder verlören Jahre, völlig sinnlos und ohne ausreichende Förderung, hieß es seitens der Arbeiterkammer (AK) in einer Aussendung. Den Schulen werde ein starres, antiquiertes System aufgezwungen: „Dieses Projekt ist gescheitert“, betonte Ilkim Erdost, Bereichsleiterin der AK Wien. Verlangt wird etwa eine ausgewogene Balance von gemeinsamem Unterricht in der Regelklasse und paralleler Sprachförderung in eigenen Gruppen, wofür die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt werden müssten.