Andree Geulen: Gerechte unter den Völkern mit 100 gestorben

Während der nationalsozialistischen Herrschaft hat die Lehrerin Andree Geulen in ihrer belgischen Heimat mehreren hundert Kindern das Leben gerettet. Nun ist die als Gerechte unter den Völkern Geehrte mit 100 Jahren verstorben, wie die „New York Times“ berichtet.

Andree Geulen
AP/Sebastian Scheiner

Die damals erst 20-jährige Geulen wurde während der deutschen Besatzung Belgiens zum ersten Mal mit der Verfolgung der Jüdinnen und Juden konfrontiert, als einige ihrer Schülerinnen und Schüler mit dem obligatorischen gelben Stern an der Kleidung in der Schule erschienen. Sie entschloss sich, dass all ihre Schützlinge Schürzen tragen mussten, um die Sterne zu verdecken.

Kinder in Klöster und Familien gebracht

Später beteiligte sie sich im Rahmen der jüdischen Geheimorganisation Comite de Defence des Juif an zahlreichen Rettungsaktionen. Als Nichtjüdin mit Deutschkenntnissen war sie beauftragt, die Kinder in ihre Verstecke bei christlichen Familien oder in Klöstern zu bringen. Dabei geriet sie häufig in gefährliche Situationen – mehrere ihrer Mitstreiterinnen wurden gefangen genommen und teils ermordet.

Später schätzte Geulen, dass sie vom Herbst 1942 bis zur Befreiung Belgiens durch die Alliierten zwischen 300 und 400 Babys, Kinder und Jugendliche verstecken konnte. Nach dem Krieg bemühte sie sich, die Kinder wieder mit ihren Eltern oder Verwandten zusammenzubringen, so diese überlebt hatten.

Ehrentitel für lebensrettenden Einsatz

1989 wurde Geulen als Gerechte unter den Völkern anerkannt. Dieser Ehrentitel wurde seit 1948 von Israel an nicht jüdische Einzelpersonen verliehen, die unter der nationalsozialistischen Herrschaft ihr Leben einsetzten, um als jüdisch verfolgte Menschen vor der Ermordung zu retten.

Die spätere Sozialarbeiterin trat regelmäßig auf, um die Erinnerung an die Schoah und den belgischen Widerstand in Erinnerung zu halten.