Rauch aus einem Auspuff
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EU-Parlament

Aus für Verbrennungsmotor rückt näher

Im Kampf für mehr Klimaschutz will das EU-Parlament den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 verbieten. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Mittwoch in Straßburg dafür, dass Hersteller ab Mitte des nächsten Jahrzehnts nur noch Autos und Transporter auf den Markt bringen dürfen, die keine klimaschädlichen Treibhausgase ausstoßen.

Bevor eine solche Regelung in Kraft treten kann, muss das Parlament noch mit den EU-Staaten darüber verhandeln. Ende des Monats wollen die EU-Staaten ihre Position zu dem Verbot für den Verkauf von Benzin- und Dieselautos festlegen. Dann müssen die beiden EU-Institutionen noch einen Kompromiss finden, damit es in Kraft treten kann. Derzeit sind in Österreich 5,1 Millionen Pkws zugelassen, davon knapp 86.000 Elektroautos.

Nach geltenden EU-Vorgaben darf die Neuwagenflotte eines Konzerns seit 2020 im Schnitt noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Die Abgeordneten sprachen sich nun dafür aus, ab 2035 nur noch Neuwagen zuzulassen, die gar keine Treibhausgase ausstoßen. Treibhausgase sind hauptverantwortlich für die Erhitzung des Planeten. Ziel ist nun eine starke Umstellung auf Elektromobilität.

EVP-Abänderungen abgelehnt

Die Abgeordneten sprachen sich auch dafür aus, dass keine klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffe angerechnet werden können. Mit diesen könnte ein klassischer Verbrenner klimaneutral betrieben werden. Kritiker befürchten jedoch, dass es davon schon zu wenig für Luft- und Schifffahrt gibt, die weniger leicht als Autos oder Transporter elektrisch betrieben werden können.

EU-Parlament in Straßbourg
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Die Mehrheit der EU-Abgeordneten stimmten für das Aus des Verbrennungsmotors

Abgeordnete der konservativen EVP-Fraktion wollten mit Änderungsanträgen erreichen, die Flottengrenzwerte für Privat-Pkws und kleine Nutzfahrzeuge bis 2035 nur um 90 Prozent zu senken. Das wurde jedoch vom Plenum abgelehnt. Die Grünen im EU-Parlament hätten gerne ein Zwischenziel von einer Reduzierung um 40 Prozent bis 2027 eingefügt.

Gewessler: Autozukunft „steht unter Strom“

Der Gesetzesentwurf ist Teil des EU-Klimapakets „Fit for 55“, das darauf abzielt, klimaschädliche Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Ohne einer radikalen und sofortigen Reduktion der klimaschädlichen Treibhausgase ist ein Eindämmen der globalen Erderhitzung auf maximal 1,5 Grad nicht zu erreichen, wie Forschende seit vielen Jahren erläutern.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) sieht in der Entscheidung des EU-Parlaments einen wichtigen Schritt in Richtung Planungssicherheit für den Umstieg auf emissionsfreie Autos. „Die Zukunft des Autos steht unter Strom“, so Gewessler. Österreich stehe bei der Neuzulassung von E-Autos gut da. „Deshalb haben wir uns vorgenommen, dass in Österreich schon 2030 alle neu zugelassenen Autos emissionsfrei unterwegs sind.“

ÖVP und FPÖ enttäuscht, Grüne und NEOS erfreut

Die ÖVP zeigte sich nach der Abstimmung enttäuscht. „Europa braucht den Verbrennungsmotor, und es hat überhaupt keinen Sinn, ihn zu verbieten, wenn wir ihn über 2035 hinaus weiterhin sinnvoll und klimaneutral verwenden können“, sagte die ÖVP-Verkehrssprecherin im Europaparlament, Barbara Thaler. Sie plädierte dafür, nachhaltig hergestellte Biotreibstoffe und synthetische Treibstoffe als klimaneutral zu klassifizieren.

„Mit dem geplanten Verbot von Verbrennungsmotoren zeigen die Brüsseler Eurokraten wieder einmal, dass sie von den wahren Bedürfnissen der Bürger keinen Tau haben und ihnen mit ihrem kurzsichtigen Drang in Richtung ideologietriefender Sackgassen auch noch größtmöglichen Schaden zufügen“, hielt FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker fest.

Thomas Waitz, Europaabgeordneter der österreichischen Grünen, sah einen wichtigen Schritt in Richtung emissionsfreier und emissionsarmer Fahrzeuge. „Die ÖVP stand aber wieder einmal auf Seiten der Fossilindustrie und wurde diesmal besonders von der Autoindustrie um den Finger gewickelt.“ Für NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon bewies das EU-Parlament „gegen die lautstarke Opposition der Konservativen“ Stärke. „Mit dem Ende des Verbrennungsmotors machen wir einen großen Schritt Richtung Klimaneutralität und für die Luftqualität.“

ÖAMTC plädiert für Elektromobilität

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace freut sich hingegen über die Entscheidung des Parlaments. Es sei „endlich eine klare Richtung hin zu klimaverträglichem Straßenverkehr“. Um das Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, das eine Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad vorsieht, müssten aber noch strengere Regeln kommen. Die Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“ reklamierte den Beschluss des EU-Parlaments als einen Erfolg ihrer Arbeit. Aber das angepeilte Jahr 2035 sei „zehn Jahre zu spät“.

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) sieht im Verbot die Voraussetzung dafür, dass die Treibhausgasemissionen des Verkehrs im nötigen Ausmaß reduziert werden. Der ÖAMTC sieht Elektromobilität als wichtigen Baustein am Weg zur Klimaneutralität im Straßenverkehr. Es werde aber nicht reichen, lediglich auf die Technologie zu setzen, wenn die CO2-Ziele erreicht werden sollen.

„Dazu bedarf es eines Bündels an Maßnahmen, etwa auch den massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Gleichzeitig hätten wir über nachhaltig erzeugte Kraftstoffe, insbesondere synthetische E-Fuels, eine Möglichkeit, die Bestandsflotte weitgehend CO2-neutral zu betreiben“, so Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung. Die deutsche Automobilindustrie warnte vor einer Festlegung auf das Jahr 2035. In weiten Teilen Europas gebe es „keine ausreichende Ladeinfrastruktur“ für Elektroautos.

Rückschlag für Klimapaket

Doch das EU-Klimapaket erhielt am Mittwoch auch einen Rückschlag. Denn die Reform des CO2-Emissionshandelssystems (ETS) wurde überraschend abgelehnt. Die Vorschläge wurden an den zuständigen Ausschuss zurückverwiesen. Eigentlich sollte es bei den Abstimmungen in Straßburg vor allem um Details gehen. Das Parlament wollte seine Position für die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten darüber festlegen, wie die EU bis 2030 ihren CO2-Ausstoß um 55 Prozent verringern kann.

Raffaela Schaidreiter (ORF) zum EU-Klimapaket

ORF-Korrespondentin Raffaela Schaidreiter berichtete über die Abstimmungen im EU-Parlament zum Klimapaket. Das EU-Parlament konnte sich nicht auf eine vorgeschlagene Reform des EU-Emissionshandels einigen. Eine Mehrheit der Abgeordneten lehnte eine geplante Ausweitung des Systems auf Gebäude und Verkehr am Mittwoch ab.

Die Mehrheit der Abgeordneten lehnte eine ETS-Reform ab und stimmte danach dafür, das Dossier zurück an den Umweltausschuss zu verweisen. Auch die inhaltlich verwandten Teile über eine CO2-Grenzabgabe sowie über die Einrichtung eines Klimasozialfonds zur Entlastung einkommensschwacher Haushalte wurden nicht angenommen und gingen zurück an den Ausschuss.

Zuvor hatte es eine knappe Stunde lang Abstimmungen über Änderungsanträge gegeben, deren Ergebnisse besonders den Grünen und den Sozialdemokraten nicht gefielen. Unter anderem hatte das Plenum einen Änderungsantrag der konservativen EVP-Fraktion angenommen, der beinhaltete, dass die Einführung einer CO2-Grenzabgabe bis zum Jahr 2034 vollständig umgesetzt werden sollte. Für die CO2-Grenzabgabe hatten die Sozialdemokraten und die liberale Renew-Fraktion 2032 vorgeschlagen.