Zehn Jahre Haft für Boliviens Ex-Übergangspräsidentin

Ein Gericht in La Paz hat die ehemalige bolivianische Übergangspräsidentin Jeanine Anez zu zehn Jahren Haft verurteilt. Anez müsse die Strafe wegen verfassungswidriger Entscheidungen und Pflichtverletzungen, als sie im November 2019 die Interimspräsidentschaft übernahm, im Gefängnis am Regierungssitz La Paz absitzen, sagte der Richter bei der Verlesung des Urteils gestern (Ortszeit).

„Mir wurde alles verweigert und ich wurde schlechter behandelt als jeder andere, aber ich war, bin und werde die verfassungsmäßige Präsidentin sein, die ihre Aufgabe übernahm, nachdem der Feigling geflohen war“, hatte Anez zuvor auf Twitter geschrieben.

Morales floh und kehrte zurück

Anez wurde Übergangspräsidentin, nachdem der linke Staatschef Evo Morales nach der Wahl im Oktober 2019 auf Druck des Militärs zurückgetreten war. Ihm wurde Wahlbetrug vorgeworfen. Morales setzte sich ins Ausland ab, seine Anhänger und Anhängerinnen sprachen von einem Putsch.

Bei Protesten infolge der politischen Turbulenzen starben 35 Menschen. Als der Kandidat der Linkspartei MAS, Luis Arce, eine mehrfach verschobene Präsidentenwahl im Oktober 2020 gewann, konnte Morales heimkehren.

Anez warf MAS politische Verfolgung vor

Eine ehemalige MAS-Abgeordnete zog gegen den „Staatsstreich“ vor Gericht. Die Erzkonservative Anez und frühere Minister ihrer Interimsregierung wurden im März 2021 festgenommen und in U-Haft genommen.

Anez warf der MAS wegen ihrer Festnahme politische Verfolgung vor. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass die Justiz in Bolivien von verschiedenen Seiten immer wieder eingesetzt werde, um politische Ziele und Gegner zu verfolgen.