Auf ein sogenanntes „Non Paper“ zur EU-Nachbarschaftspolitik und EU-Erweiterung von Außenminister Alexander Schallenberg und Europaministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) hat es „erste positive“ Reaktionen aus mehreren EU-Mitgliedstaaten gegeben. Das teilte ein Sprecher Schallenbergs der APA auf Anfrage mit. Schallenberg und Edtstadler plädieren in ihrem Papier für eine schrittweise Integration von Beitrittswerbern.
Sloweniens neue Außenministerin Tanja Fajon hatte am vergangenen Montag ihre Unterstützung für die Initiative geäußert. „Ich habe das Papier gelesen, es ist ein gutes und wir werden weiter darüber diskutieren“, sagte sie in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Schallenberg in Ljubljana. Positiv äußerten sich laut Außenministerium auch Ungarn und Italien.
Estland zeigt sich zurückhaltend
Die estnische Premierministerin Kaja Kallas dagegen zeigte sich zurückhaltend. Sie sagte am Freitag, andere Wege anzubieten, sei nicht die Hoffnung, die die Bewerberstaaten wie die Ukraine brauchen, um schwierige Reformen umzusetzen. Alle Staaten, die die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie verfolgten und dafür eintreten würden, wofür die Europäische Union stehe, sollten eine Chance bekommen. „Wir dürfen diese Staaten nicht beiseiteschieben.“
Annäherung in acht Schritten
Das österreichische informelle Arbeitspapier „Non Paper“ wurde Ende Mai an alle EU-Mitgliedstaaten sowie an den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell und EU-Kommissar Oliver Varhelyi geschickt. Konkret schlagen Schallenberg und Edtstadler acht Schritte einer Annäherung vor. Diese reichen von der Integration in den Binnenmarkt über die Beteiligung an der EU-Energie- und -Klimapolitik und den EU-Bildungsprogrammen sowie der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) bis zur Teilnahme an Europäischen Krisenvorsorgemechanismen und EU-Agenturen.
Außerdem plädieren sie für einen schrittweisen Zugang zu EU-Finanzierungsprogrammen. Das sei „ein wichtiger Anreiz, die Reformen und die Angleichung an den Besitzstand zu verbessern“. Auch in die EU-Entscheidungsfindung sollten die Länder stärker eingebunden sein, etwa durch die Teilnahme der Westbalkanstaaten an für sie relevanten Ratssitzungen sowie auch jährliche Gipfeltreffen zwischen der EU und dem Westbalkan.
Sorge um Stabilität auf westlichem Balkan
Hintergrund der Initiative ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. „Die Krise gefährdet die östliche Nachbarschaftspolitik der EU und könnte negative Auswirkungen auf die Stabilität auf dem westlichen Balkan haben. Infolgedessen würde sich der Konflikt von den Grenzen der EU in ihre Mitte verlagern“, warnen Schallenberg und Edtstadler. „Wir wollen und brauchen die Länder der Region an unserer Seite. Sie sind wichtige Partner und ein fester Bestandteil unserer europäischen Familie. Wir müssen daher unseren Ansatz für den Erweiterungsprozess und unsere Nachbarschaftspolitik überdenken.“
„Die Erweiterung ist nicht nur ein bürokratisches Verfahren, sondern das mächtigste geostrategische Instrument“, heißt es in dem Schreiben. „Die derzeitigen Erweiterungsverfahren haben in den letzten Jahren keine wesentlichen Ergebnisse gebracht. Vielmehr haben sie zu Frustration und wachsender Entfremdung zwischen der Region und der EU geführt. Wir müssen die derzeitige Sackgasse überwinden, indem wir alle Optionen unvoreingenommen prüfen.“