Tauernwindpark Oberzeiring
ORF.at/Christian Öser
Ansage an Westen

Gewessler-Vorstoß zu Windkraftausbau

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Österreich soll der Windkraft eine große Rolle zukommen. Doch während etwa im Burgenland seit Jahren Windräder aus dem Boden schießen, steht der Westen bei der Windkraft auf der Bremse. Jetzt will Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) mit einem neuen Gesetz den Druck auf die Länder erhöhen – wenngleich dafür natürlich auch noch Verhandlungen mit dem Koalitionspartner anstehen.

Wer sich anschaut, wo in Österreich Windräder stehen, sieht auf einen Blick: Es zieht sich ein Graben durch das Land. Während im Osten teilweise Windkraftanlage neben Windkraftanlage steht, herrscht im Westen gähnende Leere. In Vorarlberg, Tirol und Salzburg steht nicht ein einziges kommerzielles Windrad.

Das hat zum einen technische Gründe: Die flachen Ebenen mit viel Wind liegen im Osten des Landes. Doch auch der Westen hätte auf manchen Bergen gar nicht so wenig Windkraftpotenzial. Dass dort aber noch gar keine Windkraftanlagen stehen, hat auch politische Gründe. Erst vor Kurzem hatte etwa der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) einmal mehr erklärt, einen Ausbau der Windkraft in seinem Bundesland unterstütze er nicht.

Grafik zeigt die Verteilung der Windkraftanlagen in Österreich
APA; Quelle: Windatlas/ IG Windkraft

Verfahren ohne Flächenwidmung

Geht es nach Klimaschutzministerin Gewessler, soll Fundamentalwiderstand der Länder in Zukunft der Vergangenheit angehören. Am Montag präsentierte sie einen „Dreipunkteplan für die schnellere Energiewende“. Dahinter verbirgt sich der Vorschlag des Klimaschutzministeriums für eine Änderung im Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Darin enthalten ist auch eine Kampfansage an jene Bundesländer, die bisher beim Ausbau der erneuerbaren Energien – und hier vor allem der Windkraft – auf der Bremse standen.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) zu geplanten Änderungen im UVP-Gesetz

Bei der Planung einer Windkraftanlage braucht es bisher eine entsprechende Flächenwidmung, um mit der UVP beginnen zu können. Gibt es keine Widmung, gibt es auch kein Windrad. Das soll sich in Zukunft ändern. In Bundesländern, die bereits eine Energieraumplanung ausgearbeitet haben, soll diese die Flächenwidmung ersetzen. Haben Länder keine Energieraumplanung beschlossen, sollen Projekte aber künftig auch ohne Widmung mit der UVP starten können.

Hafelekar
ORF.at/Julia Hammerle
Windräder sucht man auf den Bergen im Westen Österreichs zurzeit noch vergeblich

Bisher haben nur das Burgenland, Niederösterreich und die Steiermark eine entsprechende Energieraumplanung. In Salzburg ist eine solche gerade in einem neuen Anlauf in Planung. Mit dieser werden Zonen festgeschrieben, die sich für den Ausbau der erneuerbaren Energien eignen.

Im Burgenland begann diese Zonierung bereits rund um die Jahrtausendwende. Aus dem Büro von Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ) hieß es, man sei bereits seit vielen Jahren Vorreiter bei erneuerbarer Energie und wolle mit dem Beschleunigungsgesetz „noch einmal den Turbo zünden“. Auch das Modell mit Eignungszonen sei „seit vielen Jahren vorbildhaft“.

2014 hätten auch die Steiermark und Niederösterreich nachgelegt, sagte Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft, bei der Pressekonferenz. „Niederösterreich hat bereits einen Zonenplan und wird die erneuerbare Energie weiter kontinuierlich und gemeinsam mit den Gemeinden und der Wirtschaft ausbauen“, sagte LH-Stv. Stephan Pernkopf (ÖVP).

Erleichterungen für alle Erneuerbaren

Zwar betonte Gewessler mehrmals, dass die Vorschläge für die UVP-Novellierung generell den Ausbau aller Erneuerbaren beträfen. Dass neben Gewessler und dem ehemaligen Verbund-Vorstand Wolfgang Anzengruber als Dritter Moidl zu den Journalistinnen und Journalisten sprach, machte aber durchaus den Fokus auf die Windkraft deutlich.

Windräder im Burgenland
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Im Burgenland haben Zonierungen schon eine lange Tradition

So betreffen auch die weiteren geplanten Änderungen in der UVP Punkte, mit denen gerade Windkraftprojekte besonders zu kämpfen haben: Prüfungen zum Landschaftsbild müssten bisher mehrfach durchgeführt werden, einmal im Zuge der Zonierung, dann noch einmal bei jedem Projekt, sagte Gewessler. „Das können wir uns sparen“, so die Ministerin.

Leichtere Änderungen von Projekten

Darüber hinaus will die Klimaschutzministerin in einem neuen UVP-Gesetz festschreiben, dass der Energiewende „besonderes öffentliches Interesse“ zukommen solle. So könnten etwa „Blankobeschwerden“ den Bau nicht in jedem Verfahrensschritt verzögern, sagte Gewessler. Zugleich würde es so möglich werden, Projekte im Laufe der Planung leichter anzupassen. Ein Punkt, der eben auch der Windkraft zugutekommen würde.

Innerhalb von drei Jahren sei die Leistung von Windkraftanlagen von drei auf fünf Megawatt gestiegen, sagte Moidl. Es wäre wichtig, solche Entwicklungen bis zur Realisierung eines Projekts mitzunehmen, so der IG-Windkraft-Geschäftsführer. Mit anderen Worten: Wer vor drei Jahren eine 3-MW-Anlage eingereicht hatte, sollte diese nun ohne größere Hürden auf eine 5-MW-Anlage hochskalieren können. Durch das „besondere öffentliche Interesse“ wäre eine solche Flexibilität möglich, sagte Gewessler.

Verhandlungen in Regierung

Die Ministerin räumte aber bei der Presskonferenz ein, dass es sich bei den nun präsentierten Plänen nur um den Vorschlag des Klimaministeriums handle. „Die Gesetzestexte werden nun regierungsintern abgestimmt“, so Gewessler. Details – etwa einen genauen Zeitplan und Anforderungen an die Zonierungen der Bundesländern – würden auch erst in diesen Verhandlungen ausdiskutiert werden, so Gewessler.

Angesichts der Tatsache, dass die betroffenen Bundesländer – mit Ausnahme Kärntens – fest in ÖVP-Hand sind, dürften die Verhandlungen nicht ganz einfach werden. Wenngleich Gewessler von einem „guten“ und „runden“ Vorschlag sprach, der nun „auf dem Tisch“ liege. Rückenwind bekam die Ministerin noch am Montag jedenfalls von der heimischen E-Wirtschaft. „Es ist sehr erfreulich, dass mit der Einrichtung eines ‚Fast Track‘ – also einer Überholspur für Energiewendeprojekte – nun eine wesentliche Forderung der Branche aufgegriffen wird“, hieß es in einer Aussendung.

Skepsis bei Opposition

Skeptisch zeigte sich in einer ersten Reaktion die Oppositionspartei SPÖ. Gewessler habe „ihre Vorhaben offenkundig weder mit dem eigenen Koalitionspartner noch mit anderen Stakeholdern – wie etwa den Bundesländern – und schon gar nicht mit der Opposition besprochen. Allein schon wegen des fehlenden Konsenses innerhalb der Regierung bin ich mehr als skeptisch, ob sich die wieder einmal vollmundigen Ankündigungen in die Realität umsetzen lassen“, so SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll in einer Aussendung.

Lob und Sorge von Umweltschutzorganisationen

Das Ökobüro, das mehrere Umweltschutzorganisationen vertritt, äußerte wiederum Sorgen, dass mit den geplanten UVP-Änderungen die Biodiversität weiter ins Hintertreffen geraten könnte. Die Organisation begrüßte zwar die vorgeschlagenen Änderungen bei den Widmungen. Kritisch sah man allerdings das Festschreiben des besonderen öffentlichen Interesses der Energiewende. Dieses sei bereits jetzt de facto der Fall. So werde schon jetzt in den meisten Verfahren, in denen zwischen dem Ausbau der Erneubaren und dem Schutz der Biodiversität abgewogen wird, meistens zulasten der Biodiversität entschieden.

In diese Richtung argumentierte auch der Umweltdacherverband. "Klima- und Biodiversitätsschutz können nur Hand in Hand und im Sinne einer naturverträglichen Energiewende erfolgreich umgesetzt werden – bei der Prüfung naturschutzfachlicher Kriterien sind deshalb keinerlei Qualitätsabstriche akzeptabel“, so der Präsident des Umweltdachverbandes, Franz Maier, in einer Aussendung. Der Dachverband bezweifelte überdies, dass der Verzicht auf Flächenwidmungen zu einer Beschleunigung der Projekte führen würde. Die Diskussion über die Standorteignung werde damit in das Genehmigungsverfahren verlagert, so Maier.